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Am Ende der Straße

Am Ende der Straße

Titel: Am Ende der Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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unterwegs, aber die restlichen fuhren an den Straßenrand, als sich langsam ein Feuerwehrwagen näherte. Seine Lichter ließen die Gebäude rot und blau aufleuchten. Außerdem war das Führerhaus erleuchtet. Ich konnte einen Blick auf den Fahrer werfen. Er wirkte erschöpft und verängstigt. Auf dem Dach des Wagens saß ein Mann mit einem batteriebetriebenen Megafon.
    »WIR BEFINDEN UNS IN EINEM AUSNAHMEZUSTAND. BITTE BEWAHREN SIE RUHE. DIE SITUATION IST ANGESPANNT, ABER UNTER KONTROLLE. WIR MÜSSEN SIE AUSDRÜCKLICH BITTEN, RUHE ZU BEWAHREN. ALLE EINWOHNER VON WALDEN WERDEN GEBETEN, SICH IN EINER HALBEN STUNDE IN DER FEUERWACHE EINZUFINDEN. ERFRISCHUNGEN WERDEN BEREITGESTELLT.«
    Der letzte Satz wirkte so bizarr und komisch, dass ich lachen musste. Wenn man wollte, dass die Leute zu einer
Veranstaltung kamen, musste man dafür sorgen, dass Erfrischungen bereitgestellt wurden, selbst während des Weltuntergangs. Ich fragte mich kurz, ob sie wohl auch eine Tombola veranstalten würden.
    Die Leute auf der Straße sahen zu, wie der Feuerwehrwagen vorbeifuhr. Einige von ihnen riefen dem Mann mit dem Megafon Fragen zu, aber der wiederholte immer nur seine Botschaft. Dann bog der Wagen links ab, und die Sirene dröhnte erneut los.
    Christy, Russ und ich setzten uns wieder. Christy umklammerte meine Hand so fest, dass die Finger aneinandergepresst wurden. Wir lauschten auf die Sirene, bis sie in der Ferne verklang.
    »Du hast gehört, was er gesagt hat, Robbie«, flüsterte Christy. »Ausnahmezustand.«
    »Ja.« Ich nickte. »Ich schätze, wir sollten zur Feuerwache gehen und schauen, was da los ist.«
    Russ stand auf. »Aber bevor wir das tun, hätte ich, wenn es euch nichts ausmacht und das Angebot noch gilt, gerne etwas von diesem Tequila.«
    Ich schaute erst zu Christy, dann zu Russ.
    »Scheiß drauf«, meinte ich dann und zuckte resigniert mit den Schultern. »Vielleicht sollten wir uns einfach alle einen genehmigen.«
    Ich füllte drei Schnapsgläser, und wir kippten sie stumm, ohne irgendwelche lustigen Trinksprüche, denn es gab nichts Lustiges, worauf man trinken konnte. Ich verzog das Gesicht, als der Tequila in meiner Kehle brannte. Dann traf er wie ätzender Schleim meinen Magen. Ich rülpste und bemerkte angewidert den bei-ßenden
Nachgeschmack. Russ schenkte sich noch einen ein.
    »Danke«, sagte er, bevor er sich mit dem Handrücken den Mund abwischte.
    »Nichts zu danken, Mann.«
    Während ich die Gläser in die Spüle stellte, holte Christy die Bong. Ihre Hände zitterten, als sie sie anzündete.
    Genau wie meine.

FÜNF
    R uss holte sich eine Taschenlampe aus seiner Wohnung, und Christy und ich nahmen ebenfalls unsere Taschenlampen mit. Wir gingen runter auf die dunkle Straße, und irgendwie war jetzt alles noch seltsamer als vorher. Es war inzwischen später Vormittag, und die Sonne hätte eigentlich am Himmel stehen sollen. Stattdessen schien sich das Dunkel des Himmels vertieft zu haben. Ich fragte mich, ob sich die Leute in Alaska wohl ähnlich fühlen mochten. Ihr wisst schon, die in den Gebieten, wo jedes Jahr fast einen ganzen Monat lang Nacht herrscht? Wenn das auch nur annähernd so war wie das hier, musste es echt beschissen sein.
    Cranston kam aus seiner Wohnung geschlurft, blinzelte wie eine müde Eidechse und schloss sich uns dann an. Wie sich herausstellte, hatte er ebenfalls die Sirene gehört. Das Geräusch hatte ihn geweckt. Cranston war unser Nachbar aus dem Erdgeschoss. Er war Anfang sechzig, Exhippie und lebenslanger Verfechter der liberalen Ideale. Er spielte Gitarre und praktizierte Transzendentale Meditation. Er war ein guter Nachbar, machte keinen Stress, war immer freundlich. Seine Gitarrenkünste waren manchmal etwas nervig, aber Christy und mir war das eigentlich egal. Wenn es uns störte, stellten wir
einfach die Stereoanlage oder den Fernseher lauter und übertönten den Lärm.
    Russ, Christy und ich nickten Cranston zu, als er seine Wohnungstür hinter sich zuzog. Er redete nicht viel. Fragte nur, ob wir wüssten, was los ist. Wir erklärten, dass wir keine Ahnung hätten. Seine lockigen grauen Haare standen wild vom Kopf ab, und sein Grateful-Dead-T-Shirt sah aus, als hätte er darin geschlafen. Was er höchstwahrscheinlich auch getan hatte.
    Als wir das Haus verließen, schien er von der Situation einen Moment lang völlig überrumpelt zu sein. Er starrte in die Dunkelheit hinaus und murmelte vor sich hin. Dann drehte er sich zu uns um.
    »Das ist ja mal eine abgefahrene

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