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Todesdrang: Thriller (German Edition)

Todesdrang: Thriller (German Edition)

Titel: Todesdrang: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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Letzter Tag
    14. Februar
    D as Erste, was Bettina Gerk sah, als sie an diesem Morgen den Besprechungsraum betrat, war die verstümmelte Leiche ihrer Kollegin.
    Aufgrund der starken Schneefälle war der Bus nicht pünktlich gekommen, weshalb sich Tina, wie Frau Gerk von Kollegen und Freunden genannt wurde, um gut zwanzig Minuten verspätet hatte. Sie war so sehr in Eile, dass sie vor dem imposanten, spiegelglasverkleideten Gebäude des Softwareentwicklers ICS beinahe ausgerutscht wäre. Leise fluchte sie in sich hinein und wünschte das verdammte Tiefdruckgebiet zum Teufel, welches ihr aller Voraussicht nach den Missmut ihres Chefs einbringen würde. Erst vor zwei Tagen hatte ein Sturmtief die kleine Stadt in Atem gehalten, hatte Bäume entwurzelt und Dächer abgedeckt, was der Heckscheibe ihres Wagens zum Verhängnis geworden war. Und nun dieses Schneechaos. Ausgerechnet heute war eine wichtige Besprechung anberaumt worden, bei der sie als Sekretärin der Geschäftsleitung anwesend sein musste. »Verdammter Mist«, murmelte sie, als sie feststellte, dass der Saum ihrer Anzughose voller Schneematsch war. Heute war einfach nicht ihr Tag.
    Sie wollte gerade die Drehtür passieren, als sie im Augenwinkel den Hausmeister wahrnahm, der damit beschäftigt war, auf den vom Schnee befreiten Stufen Salz zu streuen. Er trug eine dunkle Wollmütze mit den Initialen der Firma.
    »Guten Morgen, Frau Gerk«, rief er ihr zu. »Schöne Bescherung, dieses Wetter, was?«
    »Ja, ja«, winkte sie hektisch ab, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen. »Sind die anderen schon da?«
    Der Mann zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, ich war die ganze Zeit hinten mit Schneeräumen beschäftigt. Aber ich nehme es mal an.«
    Danke, Kai , dachte sie abschätzig. Du warst wie immer eine große Hilfe. Kein Wunder, dass dieser einfältige Kerl hier nur Hausmeister war. »Tut mir leid«, sagte sie, als sie an ihm vorbeieilte, »ich bin spät dran.«
    Der Mann machte noch Anstalten, ihr etwas hinterherzurufen, besann sich dann aber eines Besseren und wandte sich wieder den Eingangsstufen zu.
    Bettina Gerk betrat das Gebäude und wunderte sich beiläufig über das Fehlen von Sabine, die normalerweise am Empfang saß. Sie eilte weiter zu den Aufgängen. Auch dort begegnete ihr niemand. Selbst am Kaffeeautomaten, vor dem sich um diese Tageszeit schon mal kleinere Schlangen bildeten, herrschte gähnende Leere. Zunächst hegte sie die Hoffnung, nicht die Einzige zu sein, die sich wegen des Wetters verspätet hatte. Dagegen sprach allerdings der wie üblich überfüllte Parkplatz vor dem Gebäude. Sie ging daher davon aus, dass die Besprechung bereits begonnen hatte und sie wieder einmal zu spät kam. Und das, wo sie bei den meisten Kollegen ohnehin nicht als besonders zuverlässig galt.
    Bereits ein paarmal hatte sie mit dem Gedanken gespielt, sich nach einer anderen Stelle umzusehen. Zwar war ICS hoch angesehen in der Branche, doch war die Konkurrenz in den letzten Jahren stetig größer geworden. Dadurch wuchs der Druck auf die Angestellten, was unzählige Überstunden zur Folge hatte und schlecht für das Betriebsklima war. Dass sie heute wieder zu spät kam, würde ein willkommener Anlass sein, sie endgültig auf die Abschussliste zu setzen.
    Sie eilte weiter den mit dunklen Marmorplatten ausgelegten Gang entlang, vorbei an geschlossenen Bürotüren, bis sie das Vorzimmer erreichte. Hastig warf sie ihren Mantel über den Stuhl und stellte ihre Handtasche auf dem dunklen Schreibtisch ab, der vor dem Büro ihres Chefs stand. Matthias Hartwick, Geschäftsleitung prangte es in hellen, serifenlosen Buchstaben von dem Schild an der halb offenen Tür. Sie klopfte an und lugte in das geräumige Büro. Es war niemand zu sehen. Nur der dunkle Wollmantel ihres Chefs hing über der Lehne des Besucherstuhls. Anscheinend ging es ihm wieder besser, nachdem er zwei Wochen lang nicht zur Arbeit erschienen war. Eine Grippe, wie er ihr am Telefon mitgeteilt hatte. Wenn es nach Bettina Gerk gegangen wäre, hätte dieser Zustand ruhig noch einige Tage anhalten können. Sie hatte die despotischen Launen ihres Chefs, die er in letzter Zeit immer öfter an den Tag legte, ziemlich satt.
    Sie schloss die Tür, ging zurück zu ihrem Schreibtisch und schaltete den Monitor an. Während der Computer hochfuhr, setzte sie Kaffee auf und richtete einen Teller mit Gebäck an. Anschließend füllte sie den Kaffee in zwei Warmhaltekannen, stellte alles auf ein Tablett, klemmte

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