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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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sprach sie: »Was ist mit dem Behelmten, der im vergangenen Jahr hier war? Fragen sie nicht, was mit dem geschehen ist?«
    »Sie wissen, daß er tot ist.«
    »Auch, daß er von unsrer Hand starb?«
    Sachkor wirkte jetzt ein wenig nervös. Er sagte: »Da bin ich mir nicht ganz klar darüber. Ich glaube, sie nehmen an, er ist eines natürlichen Todes gestorben.«
    »Wollen wir’s hoffen«, sagte Koshmar.
    »Jedenfalls haben nicht wir ihn getötet«, sagte Hresh. »Er hat sich selbst getötet, während wir ihm ein paar Fragen zu stellen versuchten. Wenn wir einmal ihre Sprache besser beherrschen, werden wir ihnen das alles erklären können. Und bis dahin ist es, glaube ich, die beste Taktik…«
    Ein seltsamer Ausdruck trat in Hreshs Augen, und er verstummte.
    »Was ist dir?« fragte Koshmar. »Wieso hörst du so einfach auf zu sprechen? Rede weiter, Hresh, rede!«
    »Sieh dorthin«, sagte Hresh leise. »Da kommt nun wirklich echter Ärger.«
    Er wies nach Osten und hinauf zu den Berghängen direkt über ihnen.
    Harruel kam unheildrohend und gewaltig den Bergpfad herab.
     
    * * *
    Also war der von ihm so lang befürchtete Einmarsch der Feinde eingetreten, und niemand hatte sich die Mühe gemacht, Harruel zu Hilfe zu rufen! Und Koshmar hatte ihnen einfach die Stadt geöffnet und sie verschenkt!
    Der Gestank des Übels war in Harruels Nüstern gedrungen, als er einsam und mürrisch brütend in seiner Astgabelung auf dem Sägezackenkamm hockte, wo sein Wachtpostenstand und Ausguck war. Dunkle Unheilsgespenster waberten in seiner Seele, und seine Augen waren vor Wut wie geblendet. Er starrte in das dichte Unterholz des über ihm drohend aufragenden Berges und sah nichts, gar nichts. Doch dann war dieser Gestank zu ihm gedrungen, dieser abscheuliche Gestank von Verderbnis und Fäulnis; und er schaute wieder hin und sah zottelige rote Ungeheuer durch das Südtor in seine Stadt stampfen, und auf ihrem Rücken ritten jeweils zwei Behelmte.
    Wer hätte damit rechnen können, daß der Angriff von Süden her erfolgen werde? Und wer hätte sich träumen lassen können, daß die drei mechanischen Wächter, die die Saphiräugigen am Säulentor aufgestellt hatten, einfach beiseite treten und diese Kreaturen einziehen lassen würden?
    Es ist ihr Kot, den ich rieche, dachte Harruel. Der abscheuliche Geruch ihres Dungs, den mir der Wind heranweht.
    Er raste den Berghang hinab, den Speer im Anschlag, das Herz voll heftiger Kampfeslust.
    Der Pfad lief in vielen Kehren hinunter und hinab, und bei jeder Wendung bekam er bessere Sicht auf die Ereignisse drunten. Eine ganze Heerschar der Fremdlinge war eingedrungen: Er sah die Helme in der Nachmittagssonne blitzen. Und wie es aussah, war fast der ganze Stamm ihnen entgegengezogen. Da war Koshmar, da war Torlyri, da war auch Hresh. Und auch die meisten der anderen standen in kleinen Gruppen beisammen. Koshmar trug eine ihrer Kampfmasken, aber es gab gar keinen Kampf. Sie redeten.
    Redeten!
    Ah, da schau an, dort standen zwei Behelmte, vielleicht Häuptlinge, bei Koshmar und Hresh. Waffenstillstandsverhandlungen mit dem Feind, und der Feind hatte seine Kampftiere innerhalb der Mauern! Wollte Koshmar etwa die Stadt ohne einen einzigen Streich preisgeben? Ja, so mußte es sein, sagte sich Harruel. Koshmar verschenkt die Stadt. Sie unternimmt keinen Versuch, die Aggressoren hinauszuwerfen, nein, sie überantwortet uns einfach in die Sklaverei.
    Das hätte er denn doch nicht von ihr erwartet. Koshmar war doch aus dem Stoff, aus dem man Krieger macht! Wieso also diese Feigheit? Diese glatte Unterwerfung? Sie steht ganz bestimmt unter dem Einfluß dieses Hresh, entschied Harruel. Der ist kein Kämpfer, dieser Junge. Und er ist dermaßen schlau, daß er sogar Koshmar um seinen kleinen Finger wickeln kann.
    Mit mächtigen Schritten nahm Harruel die letzten paar Kehren des Weges und stieg auf den großen Torboulevard nieder. Nun hatten sie ihn alle gesehen; und sie überlegten und brabbelten. Geschwind stieß er in ihre Mitte vor.
    »Was geschieht hier?« fragte er. »Was treibt ihr denn da alle? Wie konnte der Feind in die Stadt gelangen?«
    »Es gibt hier keinen Feind«, sagte Koshmar gelassen.
    »Keinen Feind? Keinen Feind?« Harruel funkelte die ihm zunächst stehenden Behelmten an, die zwei Alten hinter Koshmar. Ihre harten kleinen roten Augen waren trüb und unruhig. Der eine davon sah aus wie ein König – kalt, erhaben. Der zweite war sehr hochgewachsen -Götter, war der Mann groß! Harruel

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