Am Ende des Winters
Bauten sind leer. Ein herzhaftes Niesen, und die halbe Stadt stürzt zusammen.«
»Du solltest tiefer schürfen«, sagte der Saphiräugige zur Linken.
»Und suche, forsche mit dem, was dir helfen kann zu finden, was du suchst«, ergriff der Riese rechter Hand zum erstenmal das Wort.
»Ich verstehe nicht. Sagt mir, was ihr meint.«
Das Zischelgeräusch ihres Gelächters rieselte auf ihn herab.
»Kleiner Affe, Äffchen!« sagte der linke Riese beinahe zärtlich. »Ach, du ungeduldiges kleines Äffchen!«
»Sagt es mir!«
Aber sie gönnten ihm nichts weiter als ihr zischendes Lachen und ihr hochmütig-herablassendes Krokodillächeln.
Ein, zwei Monate später befand sich Hresh mit Hanuman in jenem Stadtsektor, den er Emakkis Boldirinthe genannt hatte, als er endlich das erste noch funktionstüchtige Artefakt aus der Großen Welt entdeckte.
Emakkis Boldirinthe war ein Distrikt im Norden der Stadt und war von außergewöhnlicher Schönheit und hohem Liebreiz. Er lag halbwegs zwischen der See und den Vorbergen, und drei Dutzend schlanke, sich nach oben hin verjüngende Türme aus dunkelblauem Marmor waren als Ring um einen weiträumigen Platz angeordnet, der mit schimmernden schwarzen Schieferplatten ausgelegt war. Die Scheiben in den dreieckigen Fenstern der Türme waren heil und strahlten im Spätnachmittagslicht in einem funkelnden rosa Widerschein. Raffiniert gearbeitete doppelt mannshohe Metallportale saßen noch fest auf ihren massiven Drehangeln, als warteten sie nur darauf, bei jeder Berührung sich aufzutun. Die Bauten selbst wirkten, als seien sie gerade erst vorgestern verlassen worden. Hresh bestaunte sie ergriffen und spürte, wie sich die Last ihres unvorstellbar hohen Alters drückend auf ihn senkte, und es war ein Gefühl, als werde die Zeit als Ganzes in diesen einen einzigen Augenblick zusammengedrückt. Ein Prickeln lief ihm über den Nacken, als werde er von Myriaden unsichtbarer Augen beobachtet.
»Was meinst du?« fragte Haniman. »Sollen wir versuchen hineinzugehen?«
Sie hatten den ganzen Tag lange gesucht. Es ging ein feuchter Wind. Hresh fühlte sich müde und mutlos.
»Ich war bereits drin«, sagte er, obwohl es gelogen war. Er hatte zwar diese Türme inzwischen mehrmals aus der Entfernung gesehen und war ihnen auch einmal genauso nahe gekommen, doch auf eine widerwärtige Weise hatte ihn eben ihre Unversehrtheit entmutigt und vom Betreten abgehalten. Irgendwie war es ihm als sinnlos erschienen. Sie würden ebenso leer sein wie die übrigen alle; und seine Enttäuschung würde dann nur um so schmerzlicher sein, weil sie so guterhalten wirkten.
»Warste schon? In allen? In jedem einzelnen?«
»Zweifelst du an meinem Wort?« fragte Hresh scharf.
»Es ist ja bloß, es sind so viele davon da – und es besteht ja schließlich immer mal die Chance, daß einer irgendwo weiter drüben in dem Kreis was enthält… irgendwas…«
»Also schön«, sagte Hresh. Ihm fehlte der Mut, seine Schwindelei noch länger aufrecht zu erhalten. Es ist ja bloß, weil ich dermaßen müde bin, dachte er, daß ich keine Lust habe, diese Türme zu untersuchen, und dabei habe ich mir doch so viele ganz und gar nicht so vielversprechende Gebäude angesehen. Und ein Hresh, der stolz war auf den Namen Hresh-voller-Fragen und Hresh-der-sie-beantwortet, der sollte es eigentlich nicht nötig haben, daß Kerle wie Haniman ihn dazu drängen müssen, eine Inspektion jetzt und sofort in Angriff zu nehmen. »Also schön, schauen wir das uns mal an, und dann machen wir für heute Schluß.«
Haniman zuckte nur die Achseln.
»Ich geh zuerst rein«, sagte er.
Und ohne auf Hreshs Erlaubnis zu warten, lief er zu dem nächstgelegenen Turm und blieb dann vor dem großen Eingangstor kurz stehen. Dann streckte er die Arme aus, soweit sie reichten, als wollte er das Gebäude damit umarmen, dann preßte er sich fest dagegen und schob kräftig. Die Tür tat sich so überraschend auf, daß Haniman mit einem überraschten Schrei vorwärts in die Eingangshalle taumelte und dort in der Dunkelheit verschwand.
Hresh stürzte hinter ihm drein. In einem langen Lichtstrahl sah er dicht hinter der Türschwelle Haniman bäuchlings daliegen.
»Alles in Ordnung?« rief Hresh.
Er sah, wie Haniman sich langsam aufrappelte, sich den Staub aus dem Pelz klopfte und dann nach oben starrte. Hresh folgte seinem Blick, und ihm stockte der Atem. Das Gebäude war innen hohl, ein einziger dunkler offener Raum, der nichts weiter enthielt als eine
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