Am Malanger Fjord
Stirn – und wenn es der alte Vater da wüßte«, er lachte dabei heiser aus vollem Halse, indem er sich die Seiten hielt und Sprünge machte, »hehe, Sorenskriver, er würde rot werden wie ein Krebs im Topfe!«
»Was weißt du, du Taugenichts!« rief Stureson.
»Weiß nichts, gar nichts«, erwiderte Jansen aufgebracht, indem er zu seinen Netzen umkehrte. »Bin kein Taugenichts, Herr, ein freier Mann, der Gesetz und Recht hat so gut als einer!«
Der Landrichter sah ein, daß er einen ganz verkehrten Weg eingeschlagen habe, um Henriks Geheimnis zu erfahren. Er war mehr belustigt als neugierig, aber er wollte nicht unbefriedigt bleiben.
»Nimm es nicht übel, Henrik Jansen«, sagte er daher vertraulich, »ich bin dein Freund und werde dir gern jeden Gefallen tun, den du begehrst. Ich müßte mich aber sehr irren, wenn du nicht etwas von deinem Nachbarn Olaf Holmböe zu berichten hättest.«
Der Kolonist kniff seine kleinen schielenden Augen zusammen, ballte die Faust und drohte damit über den Felsen hinaus in die Richtung, in der des Schulmeisters Haus lag. »Der Sohn von einem Hunde!« rief er. »Der Lump, der Dieb! Wenn er es wüßte, der alte Vater Hvaland, mit den Füßen stieß er ihn in den Fjord! Ließe ihn mit Fischleinen binden und auf einen Stein im Meere legen, bis die Flut ihn fortspülte!«
»Nun, lieber Henrik«, sagte Stureson, so ruhig er konnte, »sprich die Wahrheit und fasse dich kurz!«
»Wollt Ihr mir die Schulmeisterstelle verschaffen?« fragte der Lappe lauernd.
»Alles und mehr sollst du haben, je nachdem ich dich gebrauchen kann«, erwiderte der Landrichter. »Jetzt rede!«
Was der Kolonist ihm mitteilte, setzte Stureson in wachsendes Erstaunen, aber er beherrschte den Zorn, der ihn immer mehr erfüllte, und konnte zuletzt mit völliger Gleichgültigkeit fragen, ob das alles wirklich wahr sei?
»So wahr«, rief der kleine Kerl, »wie Fische im Meere sind!«
»Und warum, du Narr, hast du Christie Hvaland kein Wort davon mitgeteilt?«
»Mitgeteilt? Ihm?« entgegnete Henrik, boshaft lachend. »Was geht's mich an? Christie Hvaland ist so reich und hochmütig wie keiner hier umher, und Henrik Jansen ist ein freier Mann, Herr, der verdammt sein will, wenn er einen Finger für ihn rührt!«
»Es ist unmöglich!« rief Stureson. »Du lügst. Aber halt – geh nicht fort. Du hast sie also öfter gesehen? Und auf der Klippe, sagst du, wo die Stufen hinaufführen, spät am Abend oder wenn es Nacht war?«
»Ja, ja«, grinste der Böelappe, »da sitzen sie zusammen, sechsmal, zehnmal, gestern noch hab ich sie gesehen und heut werden sie wieder da sitzen.«
»Und was hast du weiter gesehen? Wo warst du? Wo hattest du dich versteckt?« fragte Stureson eindringlich.
»Hinter den Steinen«, lachte Jansen. »Da ist ein Spalt, man kann darin stehen und liegen. Sie saßen auf der Bank und sprachen allerlei. Weiß nicht, was alles, hörte vieles, auch Euren Namen. Er sprach nicht gut von Euch, der Sohn vom Hunde, auch das Mädchen nicht. Ihr gefielt ihr nicht.«
Seine bösartigen Augen blitzten zu dem Landrichter auf, der unbeweglich zuhörte und dann mit gedämpfter Stimme sagte: »Ich danke dir, lieber Henrik Jansen, und verspreche dir nochmals, dein Freund zu sein. Wenn aber Jungfer Mary zuweilen dort abends mit dem elenden Burschen sitzt, so ist es nichts Böses, es kann nur Mitleid sein, sie tut es in ihres Herzens Güte. Nun aber gib acht, was ich dir sage. Schweige still gegen jeden, und ich will es dir lohnen. Doch kommt ein Wort über deine Lippen, will ich dich verfolgen, soviel ich vermag, und werde nicht rasten, bis ich dich hinausgejagt habe aus Hütte und Bett in die Wüste da oben oder ins tiefe Meer.«
Der Landrichter betrachtete bei diesen Worten den Lappen mit so unheimlichen Blicken, und seine große mächtige Gestalt hob sich so drohend empor, daß Henrik allen Mut zu einer trotzigen Antwort verlor. »Ja, Herr, hochwerter Sorenskriver«, murmelte er demütig, »ich will schweigen, stumm wie ein Lämmling, aber nicht blind wie er.« Er nickte mit seiner alten Pfiffigkeit und schielte dabei zu Stureson herauf. Dann rückte er seinen Glanzhut zurecht, während Stureson den Uferhang hinaufkletterte und, ohne sich weiter umzusehen, dem Hause Hvalands zuging, wo man ihn erwartete und schon suchte.
Es gelang ihm leicht, seine Abwesenheit zu entschuldigen, und unbefangen lächelnd sah er in das Gärtchen, wo unter einem Dache von Schmuckbohnen Jungfer Mary neben Olaf Platz genommen hatte, während der
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