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Am Malanger Fjord

Am Malanger Fjord

Titel: Am Malanger Fjord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Muegge
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schmutzigen, nach Tran stinkenden Krämer aufgehäuft werde, der auf dem goldenen Segen brüte, ohne ihn je wie ein Mann von nur einigem Geist und Geschmack zu genießen. Um Stockfisch, Hering und Rentierfleisch zu verzehren und mit jämmerlichem Punsch oder Grog hinunterzuspülen, brauchte er nicht Hunderttausende zu besitzen. Der Sorenskriver lag in mancher Nacht und bei seinen Reisen in mancher stillen Stunde und dachte darüber nach, was er beginnen würde, wenn das alles sein wäre.
Endlich schien es ihm an der Zeit zu sein, seinen Freund am Senjenöe-Sund aufzusuchen, und eines Morgens trug sein mutiges Gebirgspferd ihn vom Malanger Fjord quer durch die Felsenkämme nach vier harten Stunden vor Hvalands Haus. Christie war voll Freude, als er ihn sah, und beantwortete seine Entschuldigungen ganz so, wie Stureson es erwartet hatte.
»Habe von Euch vernommen, Sorenskriver«, sagte er, »seid ein Mann, wie er sein muß. Erst die Arbeit, dann die Freude. Hab's ebenso gehalten all meine Tage und bin gut dabei gefahren. Sind des Lobes voll, die Euch kennen, denn Ihr gehört zu denen, die nach allen Seiten ausschlagen und jeden in Respekt halten. Jetzt aber seid willkommen an meinem Herde, es wird eine Freude sein für Mary, wenn sie Euch braun und froh wiedersieht!«
»Wo ist die Jungfer?« fragte Stureson.
»Werdet sie ein wenig blaß finden«, lachte der Kaufmann. »Weiß nicht, was ihr fehlt, aber seit Ihr fort seid, ist eine Veränderung mit ihr vorgegangen. Es schmeckt ihr nichts, sie sitzt und sinnt und seufzt und weint.« Er lachte laut auf und machte sein pfiffiges Gesicht, indem er Stureson spöttisch und vertraulich anblinzelte.
»Wir müssen es versuchen, ihr die roten frischen Wangen wiederzugeben«, sagte dieser.
»Tut's im Namen Gottes!« rief Christie, »und denkt, es soll Segen dabeisein! – Ei ja, wir sind seit einiger Zeit allein«, fuhr er dann fort, »der Schulmeister Olaf Holmböe ist von dem Tag an fort, als Ihr uns verließet.«
»Es wird ihm doch kein Unglück zugestoßen sein?« forschte der Landrichter.
»Unglück«, lachte Hvaland, »was soll ein Mensch für Unglück haben, der nichts besitzt als eine alte Geige, ein altes Gewehr und ein halbes Schock alte Bücher! Die Geige hat er mitgenommen, die Flinte dazu. So läuft er wohl jetzt in Felsen und Sümpfen umher und spielt den Rentieren seine Lieder vor. Schade aber doch, daß er nicht hier ist und uns Schnepfen, Tios, Schnee- oder Birkhühner schießt. Ist jetzt eine gute Zeit dazu.«
»Und wo ist der Propst?« fragte Stureson.
»Der hat den Jungen gesucht eine ganze Woche lang und hat Wanderungen gemacht und hat Boten ausgeschickt, bis zu den Lappen, die ihre Tiere am Altenstrom und am Karesjok weiden. Endlich ist er selbst voll Sorge an den Lyngenfjord gereist, und irgendwo wird er ihn endlich wohl auffinden.«
»Wer weiß es«, murmelte der Landrichter.
»So mag das Unsal laufen wie Saltens Vogt, bis ans Ende der Welt!« rief Hvaland. »Aber hier, nehmt Euer Glas, Stureson, und da kommt Mary vom Wasser her. Es gibt nicht weit von hier eine Klippe mit einer Art Bank von Stein; dort sitzt sie oft, seit Ihr nicht hier seid. Ich meine, Ihr kennt die Bank, Sorenskriver, und habt schon einmal dort gesessen!« Mit herzlichem Gelächter streckte er seine Hand über den Tisch, und Stureson schlug ein. Er zweifelte nicht daran, was Christie wußte und meinte.
Nach einiger Zeit kam Mary, und Stureson fand sie wirklich verändert. Ihre Gesundheit schien angegriffen zu sein, ihr Gesicht war schmaler und magerer geworden. Beim Anblick des Landrichters bedeckte freilich glühende Röte ihre Stirn und Wangen, und plötzlich schien sie eine Frage tun zu wollen, die ihr auf den Lippen wieder zerrann. Stureson sprach lange und teilnehmend mit ihr. Er war so mild und freundlich und der Ton seiner Stimme so einschmeichelnd, als habe sich sein ganzes stolzes Wesen umgekehrt. Mary mußte seine Klagen hören, wie er täglich an sie gedacht, ohne zu ihr eilen zu können, und wie gern er gekommen sein würde, wenn Pflicht nicht stärker wäre als Wille. Dann erzählte er von seinem Hause, von seinen Einrichtungen und Verbesserungen, und mit der Wahrheit mischten sich geschickt seine Prahlereien und seine Einladungen und Bitten.
Den ganzen Tag über war Stureson unermüdet in seiner Aufmerksamkeit, und Mary mußte es ihm hoch anrechnen, daß er mit keiner Silbe sie an jene nächtliche Szene erinnerte, die ihre Seele mit Grauen und Scham füllte. Sie selbst wagte

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