Am Malanger Fjord
machte endlich, wie er sich selbst sagte, der Hexenmutter in des Teufels Garküche seihe Aufwartung, die sich bis jetzt nicht um ihn gekümmert hatte, sondern fortgesetzt mit ihrem Kessel und dem Gericht darin beschäftigt war.
Es war eine knochige Frau, größer und stärker als ihre ganze Nachkommenschaft. Die Pocken hatten furchtbare Verheerungen in ihrem Gesicht angerichtet, trotz der Runzeln und Falten sah man noch die tiefen Narben, welche es überall kreuzten, und doch war sie in ihrer Häßlichkeit bei weitem nicht so grauenhaft zurückschreckend wie die Greisinnen dieses unglücklichen Volkes oft sind. Ihr langes ergrautes Haar fiel in Zöpfen unter ihrer Mütze hervor und bedeckte ihre Stirn, unter der ein Paar helle glänzende Augen hervorsahen. Sie grüßte den Gast mit Freundlichkeit und richtete einige Worte in lappischer Sprache an ihn, welche Stockfleth übersetzte und die ganz poetisch klangen.
»Sei gegrüßt, fremder Mann«, sagte sie, »und sei willkommen bei den Kindern Herna Jubas. Wenn du ihnen Gutes bringst, so segne Gott deine Schritte, wenn du Böses ihnen getan hast, so möge er dir vergeben. Setze dich zu uns und nimm von unserer Speise. Wir teilen gern mit dir, was wir haben. Ein Platz ist leer an unserem Herd, er gehörte unserem Liebling. Setze dich, wo er gesessen hat, damit wir denken, du seist es, und damit wir dich segnen.«
Während sie sprach, brachten mehrere Mitglieder der Familie eilig weiche Decken, und der Propst sagte bedauernd: »Sie denkt an Olaf, die arme alte Frau. Er war das jüngste ihrer Kinder, auch hat sie oft vergebens ihn zu bestimmen gesucht, zu seinem Stamme zurückzukehren, denn Sie wissen wohl, Herr Stureson, es gibt nicht viele unter ihnen, die um alle Schätze und alles Wohlleben, was die Welt bieten kann, ihr freies Leben in diesem unermeßlichen Lande vertauschen möchten.«
»Und warum hat der Narr den Willen seiner Mutter nicht erfüllt?« rief der Landrichter mit unmutiger und heftiger Stimme, indem er trotzig den Sitz einnahm, der ihm angeboten wurde. »Er wäre hier besser aufgehoben gewesen als in dem engen Balkenhause!«
Er wich dem Blick des Missionars aus und sah in die grüne Schlucht hinab, auf die grasende Herde der Tiere, von denen manche Glocken trugen, welche aus der Tiefe melodisch heraufklangen. Die langen Linien der Alpen stiegen in bläulicher und rötlicher Färbung in weiter Ferne terrassenartig zum Horizont auf. Sonnenschein und Himmelsbläue verschmolzen zum weichen Schimmer. Die hellen Birken mit ihrem kühlen Schatten, der blitzende und rauschende Bach, welcher über Moos und Getrümmer abwärts schoß, und diese einsamen Menschen, deren Reich so unermeßlich und deren Welt doch so klein war, konnten mancherlei Gedanken und Empfindungen aufwecken.
Stureson fand die Szenerie wild und groß und ließ sich von den Brüdern Olafs, die unvollkommen genug norwegisch zu sprechen versuchten, allerlei erzählen. Er betrachtete sie dabei, und es fiel ihm ein, daß dies die Männer gewesen sein mußten, welche er einst aus Olafs Hütte kommen sah. Sie sahen sich alle ähnlich, und sonderbarerweise empfand er immer wieder ein unheimliches Gefühl, wenn ihre Augen sich fragend an ihm festklammerten.
»Ihr wollt also morgen an den Malanger Fjord hinabziehen und den Markt besuchen?« fragte er.
»Wir wollen vierzig oder fünfzig unserer ältesten und fettesten Tiere auf den Markt bringen«, erwiderte das Familienhaupt, »wollen Felle verkaufen und Mehl samt anderen Waren einhandeln, die für den Winter uns nötig sind.«
»Und dann mit Schätzen beladen unter dem Schnee liegen, bis die Sonne wiederkehrt«, sagte Stureson lachend.
»Glauben Sie das nicht«, erwiderte der Missionar. »Diese Hirten haben auch im Winter mancherlei Geschäfte zu verrichten und gleichen nicht den faulen Fischern und Kolonisten an der Küste, die tage- und wochenlang schlafen, wenn sie nicht essen. Sie haben ihre Herden zu bewachen, ihre Tiere zu pflegen, für ihre Familie zu sorgen und nebenher zu jagen und zu fischen an solchen Orten, wo reißende Strömungen das Zufrieren verhindern. In der Gamme, die mit Pelzen dicht ausgelegt ist, wo das Feuer stets brennt, fühlt man keine Kälte, und leicht vergehen dort die Tage unter Arbeit mannigfacher Art, unter Gebet, Belehrung und mancher Freude; denn das ist ein Vorzug, welchen Gott diesen armen Kindern gegeben hat: sie sind heiteren Gemüts, geneigt zum Scherz und aufgeweckten Geistes.«
Der Landrichter konnte sich des
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