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Am Meer ist es wärmer

Titel: Am Meer ist es wärmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiromi Kawakami
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Zimmer zurückziehen. Sie duftete nach dem Shampoo, das sie am Abend zuvor benutzt hatte. Ihre Haut schuppte nicht mehr, sondern war schön fest und duftete.
    »Du kannst ,ich nehme teil’ ankreuzen, ja?«, sagte ich.
    »Jaaa«, erwiderte sie und verschwand. Ich hörte ein Geräusch im Flur. Wahrscheinlich kam meine Mutter nach Hause. Dann spürte ich einen leichten Luftzug. Sie hatte meinen Mann nicht gemocht. Sie hatte es nie gesagt, aber ich wusste es.
    Kaum hatte Momo eine eigene Gestalt angenommen, begehrte ich meinen Mann wieder. Gleich, nachdem ich sie entwöhnt hatte. Das kam mir beinahe selbst etwas berechnend und eigennützig vor. Mein Körper wusste, was er wollte. Ich schämte mich der Begierde, die ich so mir nichts dir nichts wieder empfand. Doch meine Scham ging sogleich in der Lust unter.
    »Wie war es denn in Manazuru?«, flötete meine Mutter, als sie ins Wohnzimmer kam.
    »Ein starker Ort«, erwiderte ich.
    Sie musterte mich erstaunt.
    »Stark?«, sagte sie wieder in dem gleichen singenden Tonfall. Sie stellte ihren Einkaufskorb ab. Das dichte Geflecht hatte die Form eines umgedrehten Trapezes. Er hatte einen kurzen Griff, und wenn man viel Gemüse und Fische hineinpackte, musste man ihn seitlich umfassen. Ich ging hinter meiner Mutter, die den Korb auf der Hüfte trug und versteckte meine Arme auf dem Rücken, obwohl ich mir wünschte, sie würde meine Hand nehmen. Damals reichte ich ihr gerade bis zu den Schulterblättern.
    »Dein wievielter ist das denn?«, erkundigte ich mich. Meine Mutter deutete auf den Korb und sah mich fragend an.
    »Ich weiß nicht«, antwortete sie und nahm die Finger zur Hilfe. »Also: Einen hatte ich schon vor deiner Geburt. Dann einen, als du eingeschult wurdest. Das macht zwei. Oder nein, es kann auch sein, dass ich schon drei verbraucht habe.«
    Selbst wenn ein Korb rissig werde, könne man ihn noch benutzen und brauche keinen neuen, pflegte sie zu sagen, und nahm jeden Korb, so verschlissen und verbeult er auch war, jeden Tag mit zum Einkäufen, bis er fast auseinander fiel und ihr nichts anderes übrig blieb, als in unserem von einem älteren Ehepaar geführten Haushaltsgeschäft einen neuen zu kaufen.
    »So einen, bitte.« Sie hob das völlig zerfranste Ding hoch. Etwas unterhalb der Zimmerdecke verlief ein Holzbalken. Dort war ein großer S-förmiger Haken befestigt, der wie ein Ringelschwanz aussah. An ihm hingen zwischen Strohhüten, Wärmflaschen und Schrauben ineinander gestapelt die Einkaufskörbe.
    Ja, sofort, noch einmal den gleichen, sagte die alte Frau, während ihr Mann sich wortlos auf die Zehen stellte, um einen Korb vom Haken zu nehmen. Der hier ist etwas von der Sonne ausgeblichen, ich lasse ihn Ihnen im Preis nach.
    1oo Yen, sagte sie. Der Korb war schmucklos, grob geflochten, so dass die Strohspitzen stellenweise herausragten und einen im Sommer in die bloßen Arme piekten. Die Frau: Sie nehmen immer den gleichen. Möchten Sie nicht mal einen anderen? Meine Mutter unbeeindruckt: Nein, ich bekomme diese Körbe nicht über. Sie sind so bequem zu tragen. Dann zahlte sie.
    Obwohl ich seit Jahren zu ihnen gehe, sagt die Frau jedes Mal das Gleiche, murrte meine Mutter, nachdem wir den Laden verlassen hatten. Ihre Stimme klang kühl. Als ich erstaunt zu ihr aufsah, lachte sie. Auch ihr Lachen war kühl.
    Sie nahm einen Viertel Chinakohl aus dem Korb. Dann ein paar Shungiku  (*)   - essbare Chrysanthemenblätter - und Shiitake-Pilze. Sofort duftete es nach frischem Grün.
    Nach dem Abendessen ging plötzlich der Fernseher an. Von selbst.
    Wir drei hatten Udon   (*)   gegessen, und als ich den Topf, der nicht mehr so heiß war, dass ich ihn nicht hätte anfassen können, dennoch vorsichtshalber mit einem Handtuch über den Henkeln in die Küche trug, schaltete der Apparat sich mit einem leisen Knacken ein.
    »Huch, guckt mal, der Fernseher«, sagte Momo und lachte.
    »Obwohl wir ihn nicht mal an gefasst haben.« Meine Mutter lachte ebenfalls.
    Nach ein paar Sekunden schrillte eine Klingel, durchdringend wie ein Wecker.
    »Daran liegt es«, sagte Momo und zeigte auf die Knöpfe, die man mit der Hand bedienen konnte. Eine rote Lampe leuchtete auf. »Da steht ›Timer‹«, erklärte sie und drückte mit dem Finger auf den Knopf. Das Klingeln hörte auf. Der Fernseher blieb an.
    Es war genau acht Uhr. Der Timer war eingestellt gewesen, ohne dass wir etwas davon bemerkt hatten. »Wer hat den denn eingestellt?« Momo lachte. Ihr Lachen klang kindlich. Ich

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