Am Samstag aß der Rabbi nichts
einem Brief reden Sie?»
Alle waren stehen geblieben; einige tauschten lächelnde Blicke.
Beckers Gesicht lief rot an. «Was wird hier gespielt, Mort?
Du weißt ganz genau, von welchem Brief Jacob spricht! Ihr habt was vor! Ihr
wollt …»
Wasserman legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm.
«Becker, wenn Mort nichts von einem Brief weiß, dann kann das nur bedeuten,
dass er keinen Brief bekommen hat, nicht wahr?»
«Ja, aber …» Becker schnappte nach Luft.
«Warum, war’s denn was Wichtiges?», erkundigte sich Schwarz.
«Wohl kaum.» Wasserman zuckte die Achseln. «Wahrscheinlich
irgendeine Routineangelegenheit …»
38
«Ist die Dame des Hauses schon zurück?», fragte Lanigan.
«Morgen», antwortete der Rabbi strahlend. «Morgen hol ich
die beiden heim.»
«Ich dachte, ich könnte den Kleinen sehen.»
«Er sieht aus wie ein alter Mann. Ganz runzlig.»
«Die ersten paar Tage sehen sie alle so aus; aber das gibt sich
bald.»
«Kommen Sie doch morgen mit Gladys vorbei und begutachten
Sie ihn.»
«Das hatten wir ohnehin vor. Ich bin nur zufällig
vorbeigekommen und war neugierig … Ich war beim District Attorney, Rabbi. Er
hat mit Sykes’ Anwalt gesprochen. Er wird Anklage wegen fahrlässiger Tötung
erheben.»
«Wieso – nicht Mord?»
«Nein.»
«Aber Sykes hat doch ein Geständnis …»
«Ja, er hat ein Geständnis abgelegt. Schriftlich sogar.
Aber er hat keinen vorsätzlichen Mord gestanden … Bei der Vernehmung haben
wir wohlweislich nichts von den abgewischten Fingerabdrücken gesagt. Wir sagten
ihm auf den Kopf zu, dass er am Wochenende keinen Wagen hatte und was wir über
die Arbeit in seiner Abteilung bei Goddard wussten; wir deuteten beiläufig an,
dass Hirsh mit großer Wahrscheinlichkeit einem Unfall zum Opfer gefallen sei;
für ihn sei es sicherlich von Vorteil, mit uns zusammenzuarbeiten.» Verlegen
wich er dem forschenden Blick des Rabbi aus. «Mein Gott, Rabbi – das macht man
eben so! Hauptsache, man kriegt sein Geständnis!»
«Ich habe ja gar nicht widersprochen.»
«Er gab zu, dass er Hirsh unterwegs traf, so wie Sie
vermutet hatten, und ihn nach Hause fuhr. Hirsh sei sinnlos betrunken gewesen,
praktisch bewusstlos. Er behauptet, er habe ihn in der Garage wachzurütteln
versucht, aber erfolglos. Da habe er beschlossen, ihn liegen zu lassen, bis er
seinen Rausch ausgeschlafen hatte. Zu Hause sei ihm plötzlich eingefallen, dass
er möglicherweise den Motor abzustellen vergessen hatte; er habe sich aber
nicht mehr getraut, zurückzugehen und nachzusehen.»
«Und dass er Hirsh seine eigenen Fehler in die Schuhe schob
– was sagt er dazu?»
«Das hat er zugegeben. Er schilderte uns sehr genau, wie es
dazu kam … Vermutlich war er raffiniert genug, um zu merken, dass wir es
schließlich auch herausfinden würden, dass es für ihn am besten war, bei der
Wahrheit zu bleiben … Die Idee für das neue Herstellungsverfahren stammte von
Hirsh; Sykes schrieb einen Vorbericht, den er mit Hirsh gemeinsam unterzeichnete.
Dann teilte er Hirsh aber für eine andere Aufgabe ein und arbeitete allein an
dem Projekt weiter. Er behauptet, er hätte nicht die Absicht gehabt, Hirsh
auszuspielen; Hirsh habe sich nicht so sehr für die Sache interessiert, seinen
eigenen Einfall wohl auch unterschätzt – jedenfalls habe er ihn auf dem
Laufenden gehalten und mehrfach mit ihm besprochen; ihm auch Berechnungen zum
Überprüfen gegeben …
Dann entdeckte Hirsh einen Fehler. Sykes bat ihn, den Mund
zu halten – er wolle selbst Farbe bekennen, aber zugleich in einer Reihe von
Zwischenberichten unerwartete Schwierigkeiten auftauchen lassen –, na ja, er
wollte die Sache so frisieren, dass es nicht so sehr auffiel. Hirsh wäre wahrscheinlich
einverstanden gewesen, wenn sein Name nicht auf dem ersten Bericht gestanden
hätte – und wenn nicht ausgerechnet Goraltronics die Auftraggeber gewesen wären.»
«Hm … interessant. Ist das Ihre Vermutung, oder hat Sykes erwähnt,
dass Hirsh Skrupel wegen Goraltronics hatte?»
«Das hat Sykes gesagt … Offenbar fühlte Hirsh sich Goralsky
gegenüber verpflichtet, weil er ihm die Stelle verschafft hatte. Er drohte
Sykes sogar, er werde Goralsky persönlich reinen Wein einschenken, falls Sykes
es nicht täte – ob das nun ein Bluff war oder nicht, Sykes nahm die Drohung
ernst. Er ging also am
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