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Am Samstag aß der Rabbi nichts

Am Samstag aß der Rabbi nichts

Titel: Am Samstag aß der Rabbi nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Freitagnachmittag zu Quint und beichtete; er sagt, er
habe auch zugeben wollen, dass es seine Schuld war. Aber Quint hätte getobt,
hätte ihn nicht ausreden lassen – was weiß ich. Als dann Quint
fälschlicherweise annahm, Hirsh sei der Schuldige, korrigierte ihn Sykes nicht
… Quints Erregung ist verständlich; er wusste von der geplanten Fusion, vom
plötzlichen Steigen der Aktien! Er wollte Hirsh rufen lassen und ihn auf der
Stelle hinauswerfen, aber Sykes log ihn an und sagte, Hirsh sei wegen des
Feiertags früher nach Hause gegangen … Ist das nicht Ironie des Schicksals?»
    «Es ist noch ironischer, als Sie denken», sagte der Rabbi langsam.
«Als mich Sykes an jenem Sonntag besuchte, ließ er eine Bemerkung fallen – Hirsh
würde noch leben, wenn er wie die anderen Juden zum Gottesdienst gegangen
wäre.»
    «Ja, weiß Gott … Na, er hat sein Geständnis dann
unterschrieben», fuhr Lanigan fort. «Und dann erst rückten wir mit den
abgewischten Fingerabdrücken heraus … Wir dachten, es gibt ihm den Rest; wenn
wir schon am Anfang damit gekommen wären, hätte er wahrscheinlich gemerkt, dass
es auf Mord hinausläuft, und die Aussage verweigert. So haben wir wenigstens
ein recht umfassendes Geständnis; wenn er zusammengebrochen wäre, wie wir es
erwartet hatten, wäre alles herausgekommen. Aber so …» Er hob hilflos die
Schultern. «Er kriegte die Zähne nicht mehr auseinander. Nur noch, um nach
einem Anwalt zu schreien.»
    «Aber Sie hatten immerhin schlüssiges Material für eine Mordanklage.»
    Lanigan schüttelte düster den Kopf. «Nachdem sein Anwalt
mit dem District Attorney gesprochen hatte, sah es mies aus. Die Sache mit den
abgewischten Fingerabdrücken würde die Verteidigung im Prozess in der Luft
zerreißen, weil unsere Leute stundenlang in dem Wagen rumhantiert haben und die
Abdrücke selber abwischen konnten – zufällig oder absichtlich. Und das
Geständnis – na, so was zieht man einfach zurück und sagt, es sei unter Druck
zustande gekommen.»
    «Und wie wollte er vom Labor nach Hause kommen? Ich meine,
er konnte ja nicht wissen, dass er Hirsh auf dem Parkplatz traf.»
    «Ja, eben: Das konnte er nicht wissen; das ist es ja
gerade! Das macht unsere Position eher schwächer … Er sagt, er habe nicht daran
gedacht, dass er seinen Wagen nicht kriegen würde – und dann sei er ja in
Hirshs Wagen gefahren. Und von Hirshs Wohnung sei er zu Fuß heimgegangen … Das
stimmt ja wohl auch. Gesehen hat ihn dort niemand, aber selbst wenn: Er gibt ja
zu, dass er dort war.»
    «Doch, es hat ihn jemand gesehen: Peter Dodge.»
    «Dodge? Der Pfarrer? Wann hat er Ihnen das gesagt?»
    «Er war heute Vormittag hier. Er ist gestern aus Alabama zurückgekommen.»
    «Und er hat Sykes gesehen?»
    Der Rabbi nickte. «Er machte seinen täglichen
Abendspaziergang über die Bradford Lane. Er wollte Hirsh besuchen. Als er sah,
dass im Haus kein Licht brannte, ging er weiter. Aber er bemerkte Sykes, der in
die andere Richtung die Bradford Lane hinunterging. Damals kannte er ihn noch nicht;
er nahm an, er sei ein Spaziergänger wie er.»
    «Warum hat er uns das nicht gemeldet?»
    «Warum sollte er? Er konnte ja nicht wissen, dass es um einen
Mord ging.»
    Lanigan begann zu lachen. «Das passt zu der ganzen
Geschichte … Wir haben von Anfang an falsch gemacht, was nur irgend falsch zu
machen war. Und obendrein hatten wir Pech. Als wir Dodge in Alabama nicht
erreichen konnten, haben wir die Kollegen eingeschaltet. Aber so was spricht
sich schnell rum, und die Neger haben ihn versteckt, als sie merkten, dass die
Polizei hinter ihm her war … Wahrscheinlich hat er selbst nicht gemerkt, warum wir
ihn von einem Ort zum anderen hetzten … Na ja, das ist jetzt auch egal; es
zeigt nur, wie sehr man oft davon abhängt, dass man Glück hat … Das mit Ihrer
Lösung war schließlich auch reine Glückssache: Dass ausgerechnet Sykes dort
anhielt und ihnen seinen Wagen anbot, sodass Sie das Ölwechsel-Kärtchen
bemerkten – das war wirklich ein glücklicher Zufall.»
    «Ich bin nicht so sicher, dass es nur Glück war. Aus meiner
Sicht … Schauen Sie, Lanigan – für mich hatte dieser Fall eine unübersehbare
Beziehung zu unserem höchsten Feiertag; das Verhältnis von Hirsh zu Sykes und
umgekehrt hat mich stark beschäftigt. Ich konnte mir nicht erklären, warum
Sykes für ihn eingetreten ist, warum er ihn verteidigt hat – und als ich dann
das Datum auf dem Kärtchen sah, kam mir blitzartig die Lösung: Die

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