Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel

Fontane sie mit achtundzwanzig Jahren sterben. Brave Mädchen lernten durch die unglückselige Effie eheliche Treue hoch zu schätzen, böse Mädchen merkten sich, dass es brandgefährlich ist, Liebesbriefe von Drittpersonen in einem Handarbeitskorb zu verstecken. Seitdem hat sich die Welt im Höllentempo weitergedreht. Geschieden wird nicht mehr mit erhobener Kämpferfaust. Überdeutlich machen das die Promis, die als frisch Getrennte ja einen unglaublich starken Drang haben, Privates öffentlich zu machen.
    Gerade lässt die Schauspielerin Christiane Neubauer jedermann und allerorten wissen, dass ihre Scheidung von Tisch und Bett nicht eine Trennung der Herzen bedeutet. Frau Neubauer will weiter unter demselben Dach leben wie ihr Mann, mit dem sie zusammen Tränen über den Verlust ihrer Liebe weint. Beide wollen weiter für den gemeinsamen Sohn sorgen. Wie rührend! Söhnchen ist neunzehn Jahre alt und somit nicht nur volljährig, sondern in einem Alter, in dem elterliche Fürsorge selten willkommen ist.
    Warum gelingt so großartiges Verhalten nicht auch den Ehepaaren Mayer und Mustermann? Viele Leute streiten sich bei der Scheidung wie die Kesselflicker um Waschmaschine, Rentenausgleich, Kind und Hund. Sie schwören der Liebe auf immer ab und rühren morgens depressiv im Kaffee. Aber sie machen aus ihrem Herzen nie eine Mördergrube. Ich schätze Menschen, bei denen ich weiß, woran ich bin. Sie wirken so lebensecht.