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.Am Vorabend der Ewigkeit

.Am Vorabend der Ewigkeit

Titel: .Am Vorabend der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: .Brian W. Aldiss
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einen gellenden Pfiff aus.
    »Komm schon, Gren!« schrie Poas, der so selten sprach. Als Gren den Kopf schüttelte, zuckte er die Schultern und kletterte hinter den anderen her.
    Ein Taumler kam unsicher herbeigeflogen. Gren kletterte in den Stengelhaken und hielt sich fest. Jetzt war sein Pfeifen leiser geworden, und der Taumler gehorchte. Langsam stieg er mit seiner lebendigen Last in die Höhe. Nur wenige Sekunden nach der Gruppe erreichte auch Gren die Wipfelzone.
    »Das hättest du nicht tun sollen«, schimpfte Toy wütend. »Du hast dich in Gefahr begeben.«
    »Mich hat nichts aufgefressen.« Gren sagte es leichthin, aber er begann an allen Gliedern zu zittern. Klettern war mühsam, aber sicherer. Mit dem Taumler zu fliegen, war zwar einfach, aber es war zugleich sehr gefährlich. Überall im Blattwerk lauerte vielfältig der Tod. Immerhin – diesmal hatte er es geschafft. Sie würden noch sehen, was er alles konnte.
    Die weiße, runde Wurzel pulsierte. Dicht über der Gruppe saß der Vogel. Mit seinen Augen spähte er nach Gefahren aus. Er wußte noch nicht, daß er bereits gefangen war. Der Wurzelvogel hatte keinen eigentlichen Kopf, weil er keinen brauchte. Sein Körper war ein plumper Sack zwischen den Flügeln. In ihm saßen auch die Augen. An einer Stelle begann die lange Wurzel, die bis zu zweihundert Meter lang sein konnte und bis zur Erde hinab reichte. Toy verteilte ihre Streitmacht und befahl, den Vogel von verschiedenen Seiten her zugleich anzugreifen.
    »Tötet ihn!« rief sie dann. »Springt, Kinder! Schnell!«
    Sie sprangen und stießen ihre Messer in die lederartige Haut. Dabei schrien sie aufgeregt und feuerten sich gegenseitig an.
    Der Wurzelvogel bewegte träge seine Flügel, aber er kam nicht mehr weg. Acht Menschen kletterten auf seinen Rücken, krallten sich fest in die Federbüschel und senkten ihre Messer immer wieder in das Fleisch, um die Nerven zu verletzen. Aber wenn sie glaubten, niemand mache ihnen ihre Beute streitig, so irrten sie sich. Unter den Büschen aus Federn schlief eine Tigerfliege. Der Lärm weckte sie. Plötzlich kam sie hervorgekrochen und stand Poas gegenüber.
    Der Knabe war so erschrocken, als er die tödliche, gelb-schwarz gestreifte Gefahr erblickte, daß er nach hinten fiel und liegenblieb.
    Veggy ließ von dem Wurzelvogel ab und eilte seinem Freund zu Hilfe, aber er kam zu spät. Die Tigerfliege hatte sich auf Poas gestürzt. Aus ihrem Hinterleib schoß der lange, braune Stachel und bohrte sich tief in Poas' Bauch. Ihre Vorderarme umschlossen den schlaff werdenden Körper des Knaben, die Flügel surrten – und dann flog die Tigerfliege mit ihrer Beute davon. Wütend warf Veggy sein Messer hinterher, aber er traf das Ungeheuer nicht mehr.
    Für Trauer war keine Zeit.
    Der Wurzelvogel versuchte immer noch sich zu befreien, aber noch hielt Toys Seil. Wie lange?
    Gren hatte als einziger von unten angegriffen. Er hörte Poas' Schrei und wußte, daß etwas Unvorhergesehenes geschehen war. Der wuchtige Körper über ihm bewegte sich. Die starren Flügel knarrten ledern in ihren Gelenken. Blätter und kleinere Zweige fielen auf ihn herab. Sein Untergrund schwankte bedenklich.
    Gen ergriff Panik. Der Wurzelvogel mußte sterben, ehe er freikam. Sonst würden sie alle an seiner Stelle sterben. Ohne weiter zu überlegen, stach er mehrmals gegen die weiße Ranke, deren Spitze sich in der grünen Tiefe verlor.
    Ein Riß entstand in der Saugwurzel. Erde und Schlamm drang aus der Wunde. Gren wurde von oben bis unten damit bespritzt. Der Wurzelvogel versuchte erneut zu fliehen. Der Riß vergrößerte sich.
    Da begriff Gren plötzlich, was geschehen würde.
    Er klammerte sich an eine der Fruchtknospen und zog sich hoch. Was immer auch passierte, ihm konnte nichts Schlimmeres geschehen, als hier allein zurückgelassen zu werden. Vielleicht würde er sein ganzes Leben wandern müssen, um seine Gruppe – oder auch nur eine andere – zu finden.
    Der Wurzelvogel kämpfte um sein Leben. Kräftig zog er an, bis die Saugwurzel abriß. Taumelnd glitt er in den Wind und segelte davon, den gefesselten Saugarm zurücklassend.
    Voller Todesangst kletterte Gren auf den Rücken des schrecklichen Lebewesens. Dort traf er die sieben anderen der Gruppe. Ohne ein Wort gesellte er sich zu ihnen, und alle zitterten vor Furcht.
    Immer höher stieg der Wurzelvogel in den blauen Himmel hinauf, der Sonne entgegen, die erst am Ende der Zeiten verlöschen würde. Unten war der Dschungel wie ein

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