Amarilis (German Edition)
Die Saurier!
Ihr Auffinden würde eine Revolution wissenschaftlichen
Denkens nach sich ziehen. Die Geschichte musste völlig neu geschrieben werden.
Vor allem aber bedeutete ihr Verbleib eine Sensation, wie sie noch nie dagewesen
war.
Darum machten sie sich sogleich daran, sich in der riesigen
Grotte eingehend umzusehen. Dr. Magnussen berechnete zunächst die Statik der
Wände und Decken, aber auch des Bodens um die Jahrmillionen alte Höhle auf ihre
Substanz hin zu prüfen. Der ständige Drift, der hier stärker als an der
Oberfläche herrschte, hatte ihre Felsenplatten im Laufe der Zeit auf das
härteste gegeneinander gepresst und platzen lassen. Er besah sich die Ritzen
und Fugen des Gesteins, aber auch die kleinen, wurmartigen Tunnel, die die
kräftigen Wurzeln der Chemopflanze in das Gemäuer gesprengt hatten. Denn auch
dadurch konnte eine Instabilität ermöglicht werden.
Claudine Duvier, die Kommunikationsspezialistin, untersuchte
vor allem die Wände auf Zeichnungen und andere Merkmale, die auf einen weiteren
Verbleib der Saurier hinweisen konnte. Alsbald stieß sie auf eine Unmenge von
Abbildungen, die sich allerdings in Art und Charakter von den anderen, bislang
gefundenen, unterschieden.
Sie wiesen zwar auch immer wieder das Dreieck mit dem Plasma
darin auf, waren aber in Bezug auf das Iguanodon verschieden. Diese befanden
sich nämlich in einer Position, die der eigenartig geformten Schale abgekehrt
war. Sie lagen meistens auf dem Boden oder hatten sich fast demonstrativ von
ihr gewandt. Ihr Sinnen war scheinbar nicht mehr auf Freude am Plasmaspender
orientiert, sondern drückte eher eine distanzierte Ignoranz aus.
Claudine vermutete zunächst, dass es sich hier um abtrünnige
Iguanodons handelte, die aus irgendeinem Grunde auf den Schutz und die Versorgung
der Pflanze verzichten wollten. Vielleicht hatte es gar einen Aufruhr gegeben?
Sie schien sich allerdings nicht ganz sicher, da - wie sie alle wussten - der
soziale Zusammenhalt der Saurier beispielhaft gewesen sein musste.
Maurin, John und Steff waren mittlerweile daran gegangen, die
Mitte der Grotte auf das Genaueste zu untersuchen. Dabei waren sie auf etwas
gestoßen, dass ihnen zunächst einige Rätsel aufgab. Der Boden war hier lediglich
mit Lavaschlacke aufgeschüttet und begann in Wirklichkeit einen Meter tiefer.
Als sie sich vorsichtig an einer Stelle durch die Magmaschicht
gegraben hatten, stießen sie plötzlich auf zahlreiche Knochen. Je mehr sie die
Aushebung erweiterten, desto klarer wurde ihnen, das es sich hier nicht um das
fossile Teil eines Iguanodons handelte, sondern um ein ganzes, in sich ausgezeichnet
erhaltenes Skelett.
So gut und so schnell es ihnen möglich war, gruben sie den
Saurier aus. Dann maßen sie die Dicke und Länge der Knochen und untersuchten
sie auf ihre Beschaffenheit, Porosität und Hohlräume. Zu guter Letzt stellten
sie eine Analyse des Zerfalls der radioaktiven Halbzeitwerte an. Der kleine
Computer wies ein alter von zwei Millionen Jahren aus. Erdgeschichtlich ein
Katzensprung. Nun bestand kein Zweifel mehr darüber, dass es zumindest im
Pliozän noch Saurier gegeben hatte! Die evolutionäre Revolution hatte sie
eingeholt! Die Geschichte musste umgeschrieben werden.
Allerdings wunderten sie sich über die geringen Ausmaße des
Iguanodons. Weitere Funde bestätigten, dass es sich ausschließlich um recht
kleine Exemplare handelte.
‚Kinder? War eine Art Seuche über sie hereingebrochen? Und hatte
die Erwachsenen verschont?’ Steff konnte nicht recht daran glauben. Bei weiteren
Ausgrabungen stellten sie sodann fest, dass hier ein Massengrab angelegt worden
sein mußte. Denn die Skelette lagen dicht nebeneinander.
Nach komplizierten, aber feineren Methoden analysierten sie
das Alter der Saurier erneut. Dabei fanden sie einen Zeitunterschied von bis zu
zehntausend Jahren heraus. ‚Wenn es sich in diesem Fall um eine Seuche gehandelt
hatte’, dachte Steff, dann musste innerhalb dieses Zeitraums die gesamte Rasse
vernichtet worden sein. Denn eine derart lange Auszehrung konnte kein
Geschlecht verkraften und beständig ausgleichen.’
Diese Theorie verhärtete sich aufgrund einer Berechnung, die
John an den Zähnen der Saurier aufstellte. Nach Abnutzung und Abgeschliffenheit
musste es sich in fast allen Fällen um ausgewachsene Tiere handeln! Ein Umstand,
der nur eine Interpretation zuließ: Die Saurier hatten sich enorm verkleinert,
sie
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