Amber-Zyklus 10 - Prinz des Chaos: der Titel
als gewöhnlich auftretenden Schatten-Stürme, als weltliche Auswirkung«, erklärte er, »die uns bis zur heutigen Zeit erhalten geblieben sind.«
»Ja, bis zur heutigen Zeit«, wiederholte ich und goß mir Kaffee nach. »Wie wir festgestellt haben, werden sie immer interessanter.«
»In der Tat. Deine Geschichte von dem Mädchen namens Coral, das von dem Muster an einen passenden Ort gebracht werden wollte, bestätigt das. Was geschah daraufhin unverzüglich? Das Muster brachte sie zu einem Schatten-Muster und löschte die Lichter. Dann schickte es dich zu ihrer Rettung hinterher und reparierte durch diesen Vorgang jene Ausgabe von sich selbst. Nachdem dieses Zweitmuster repariert war, war es kein Schatten-Muster mehr, sondern eine weitere Version des ersten, die zur Einverleibung fähig war. Wahrscheinlich verleibte es sich den gesamten Schatten ein, um seine eigenen Energien um ein beträchtliches Maß zu steigern. Seine Überlegenheit gegenüber dem Logrus nahm noch weiter zu. Danach brauchte der Logrus einen gewaltigen Zugewinn, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Also wagte er einen Überfall auf den Herrschaftsbereich des Musters, in dem verzweifelten Bemühen, in den Besitz des Auges des Chaos zu gelangen. Diese Auseinandersetzung endete jedoch unentschieden, dank des Einschreitens jener abartigen Wesenheit, die du Geistrad nennst. Das Muster hatte also nach wie vor ein größeres Gewicht in die Waagschale zu legen, was ein ungesunder Zustand ist.«
»Für den Logrus.«
»Für alle, würde ich sagen. Die Mächte schlagen aus, in den Schatten beider Reiche herrscht Gewalt und Aufruhr, bis die Dinge wieder ins rechte Lot gerückt sind.«
»Dann müßte also etwas zugunsten des Logrus geschehen?«
»Das weißt du doch bereits.«
»Kann schon sein.«
»Er hat sich direkt an dich gewandt, nicht wahr?«
Ich dachte an jene Nacht in der Kapelle an einem Ort zwischen den Schatten, wo ich mich der Entscheidung zwischen der Schlange und dem Einhorn, dem Logrus und dem Muster gegenübergesehen hatte. Da es mir widerstrebte, mich auf eine so zwanghafte Weise zu etwas drängen zu lassen, hatte ich es abgelehnt, überhaupt zu wählen.
»Ja, das stimmt«, bestätigte ich.
»Es wollte dich als Verfechter seiner Seite gewinnen, nicht wahr?«
»Schon möglich«, sagte ich.
»Und...?«
»...Und jetzt sind wir, wo wir sind«, antwortete ich.
»Hast du irgendeinen Hinweis bekommen, der meine These untermauern könnte?«
Ich rief mir jene beschwerliche Wanderung durch den Unterschatten ins Gedächtnis zurück, bei der allerlei Bedrohungen von Geistern ausgegangen waren -sowohl von Muster-Geistern als auch von Logrus-Geistern.
»Schon möglich«, wiederholte ich.
Doch letztlich war es das Muster gewesen, dem ich auf dieser Reise gedient hatte, wenn auch unbewußt.
»Bist du bereit, seinen Plan zum Wohle der Burgen auszuführen?«
»Ich bin bereit, eine Lösung in dieser Angelegenheit zu suchen, zum Wohle des Seelenfriedens aller Beteiligten.«
Er lächelte.
»Ist das ein Befähigungsnachweis oder eine Vereinbarung?«
»Das ist eine Absichtserklärung«, sagte ich.
»Wenn der Logrus dich erwählt hat, dann hat er seinen Grund.«
»Das möchte ich annehmen.«
»Es versteht sich wohl von selbst, daß durch deine Thronbesteigung das Haus Sawall eine entscheidende Stärkung erführe.«
»Jetzt, da du es erwähnst, fällt mir ein, daß ich daran auch schon mal gedacht habe.«
»Für jemanden mit deinem Hintergrund ergäbe sich natürlich die Notwendigkeit, genau zu bestimmen, wem letztlich deine Treue gilt - Amber oder den Burgen.«
»Siehst du einen weiteren Krieg voraus?«
»Nein, natürlich nicht. Aber alles, was du tim wirst, um den Logrus zu stärken, wird das Muster reizen und eine Reaktion von Amber hervorrufen. Das dürfte wohl kaum bis zu einem Krieg eskalieren, aber möglicherweise bis zu irgendwelchen Vergeltungsmaßnahmen.«
»Könntest du dich etwas deutlicher darüber auslassen, was du dabei im Sinn hast?«
»Im Augenblick beschränke ich mich auf allgemeine Äußerungen, um dir die Gelegenheit zu geben, deine Handlungsweise einigermaßen richtig einzuschätzen.«
Ich nickte.
»Da wir uns mit allgemeinen Äußerungen begnügen, möchte ich meine Feststellung wiederholen: Ich bin bereit, eine Lösung zu suchen...«
»Na gut«, sagte er. »Bis zu einem gewissen Grad verstehen wir einander. Falls du es schaffst, auf den Thron zu kommen, dann möchtest du dasselbe wie wir...«
»Wir?«
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