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Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein

Titel: Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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akademischen Lebens, zu dem er verdammt war, nachdem er sich entschlossen hatte, seine Grabungen in Ägypten aufzugeben. Einerseits wollte er nicht ohne Ramses dorthin zurückkehren, andererseits aber fürchtete er für die Gesundheit des Kindes, würde er es dieser Gefahr aussetzen. Nur der Appell einer verzweifelten Frau brachte es fertig, ihn von seinem Sohn zu trennen, und als ich sah, wie Emerson aufblühte, als er sich wieder seinen antiken Schätzen zuwandte, beschloß ich, daß er sich in Zukunft nie wieder familiären Zwängen würde unterordnen müssen.
    Wir beschlossen, Ramses im darauffolgenden Winter mit nach Ägypten zu nehmen, aber eine Reihe von Ereignissen setzte uns in die Lage, dieses Glück noch ein wenig aufschieben zu können. Meine beste Freundin und Schwägerin Evelyn hatte ohne erkennbare Schwierigkeiten vier Kinder in die Welt gesetzt, bevor sie nacheinander zwei Fehlgeburten erlitt, was eine ausgeprägte Depression zur Folge hatte. Aus mir unerklärlichen Gründen fand sie großen Gefallen an der Gesellschaft unseres Sohnes und brach in Tränen aus, als wir von unseren Reiseplänen sprachen. Sie und Walter baten uns inständig, den kleinen Kerl ihrer Obhut zu überlassen, weil seine Streiche Evelyn von ihrem Kummer ablenken würden. Obwohl ich wußte, daß sie ihre gesamten Kräfte würde aufbieten müssen, um die Zerstörungswut und den Forscherdrang des Knaben in vertretbaren Grenzen zu halten, willigten wir schließlich ein, wobei Emerson mehr zögerte als ich.
    Als wir im Frühling aus Ägypten zurückkehrten, hatte sich Ramses so ausgezeichnet in Chalfont eingelebt, daß ich kein Bedürfnis verspürte, die Situation zu ändern. Es konnte natürlich nicht bis in alle Ewigkeit so weitergehen, aber solange es Evelyn guttat, hatte ich keine Einwände. Die Dinge würden sich ganz von selbst entwickeln.
    Und genau das taten sie dann auch. An einem Juninachmittag saß ich in der Bibliothek und versuchte Ordnung in Emersons Aufzeichnungen zu bringen, bevor er am Abend mit neuen Ergebnissen aus London zurückkommen würde. Normalerweise gab es für mich nichts Aufregenderes als ein Felsengrab der achtzehnten Dynastie, aber an diesem Tag ertappte ich mich immer wieder dabei, daß ich untätig in den Garten hinausstarrte und dunklen Gedanken nachhing, obwohl sich vor meinen Augen eine sonnendurchflutete Blütenpracht ausbreitete, in der kein Ramses seine unübersehbaren Spuren hinterlassen hatte. Während ich ein wenig wehmütig an die Zeit zurückdachte, als der Kleine laufen gelernt hatte, klopfte es plötzlich an der Tür.
    Unsere Bediensteten klopften immer nur einmal. Falls Emerson und ich gerade ungestört bleiben wollten, antworteten wir nicht, und der Butler entfernte sich wieder.
    »Herein«, rief ich.
    »Ein Telegramm, Madam«, sagte Wilkins, während er, mit einem Silbertablett in der Hand, etwas schwankend auf mich zuging. Wilkins erfreute sich bester Gesundheit, aber er hat die Angewohnheit, immer ein wenig angegriffen zu wirken, damit man ihn nicht allzusehr strapaziert. »Hoffentlich keine schlechte Nachricht«, fügte er mit zitternder Stimme hinzu.
    Ich überflog das Telegramm. »Nein, im Gegenteil«, sagte ich. »Wir werden morgen nach Chalfont fahren, Wilkins. Bitte bereiten Sie alles Nötige vor.«
    »Ja, Madam. Verzeihung, Madam …«
    »Was gibt es, Wilkins?«
    »Wird Master Ramses mit Ihnen zurückkommen?«
    »Möglicherweise.«
    Sekundenlang zeigten Wilkins’ Gesichtszüge den Anflug einer Gemütsbewegung, der jedoch sofort wieder verschwunden war. Schließlich wußte Wilkins, was sich gehörte.
    »Das ist alles, Wilkins«, sagte ich mitfühlend.
    »Ja, Madam. Danke, Madam.« Er ging auf etwas gewundenen Wegen zur Tür.
    Nach einem wehmütigen Blick auf den unberührten Garten vertiefte ich mich wieder in meine Arbeit und sah erst auf, als Emerson den Raum betrat. Statt mich, wie üblich, liebevoll in den Arm zu nehmen, murmelte er nur eine kurze Begrüßung, warf mir einige Papiere in den Schoß und ließ sich seufzend an seinem Schreibtisch nieder, der direkt neben meinem stand.
    Jede normale Ehefrau hätte wahrscheinlich eine Szene gemacht, aber ich betrachtete mir die Aufzeichnungen und bemerkte ruhig: »Demnach stimmt deine Datierung der Keramik mit der von Petrie überein, nicht wahr? Das spart uns viel Zeit …«
    »Nicht genug«, brummte Emerson, während sein Federhalter wie wild über das Papier fuhr. »Wir sind hoffnungslos im Rückstand, Peabody. Von heute an

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