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Amelia Peabody 18: Das Königsgrab

Titel: Amelia Peabody 18: Das Königsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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wir eine weitere halbe Stunde warten. Allmählich begann ich, Lord Carnarvons Frustration zu teilen. Zumal ich fest davon ausgegangen war, dass sich der Chefinspektor für Oberägypten, wozu auch das Tal der Könige gehörte, brennend für die Entdeckung einer bislang unbekannten Grabstätte interessieren müsste. Als Engelbach schließlich in Begleitung seines Mitarbeiters Effendi Ibrahim aufkreuzte, schüttelte er erst einmal allen die Hand, bevor er überhaupt einen Blick auf die freigelegten Stufen warf. Zu jenem Zeitpunkt war er um die Mitte dreißig; wir kannten ihn seit Beginn seiner Archäologen-Karriere und hatten bisher fabelhaft mit ihm zusammengearbeitet. Was man von Carter nicht behaupten konnte, den er auffallend gönnerhaft begrüßte.
    »Na, was haben wir denn hier?«, fragte er – Emerson.
    Nach einem hilfesuchenden Blick zu Emerson antwortete Howard: »In der untersten Geröllschicht, das heißt auf dem Niveau des Treppensockels, befinden sich Tonscherben und beschriftete Papyrusfragmente. Ramses hat – ähm – wir haben den Namen Tutanchamon entschlüsselt, aber auch die mehrerer anderer Pharaonen, darunter Echnaton.«
    »Also ein königliches Versteck«, sagte Engelbach kühl. »Mit diversen Begräbnissen.«
    »Oder den Überresten davon«, meinte Emerson. »Die fraglichen Tonfragmente lassen den Schluss zu, dass das Grab im Altertum ausgeraubt und eine Reihe von Objekten entwendet wurde, bevor die Priester der Nekropole es neu versiegelten.«
    Engelbach nickte gedankenvoll. »Wie KV 55. Dann wollen wir uns das einmal anschauen.«
    Gesagt, getan. Er verfolgte, wie die Männer den restlichen Gesteinsschutt hinauftrugen, der Fragmente weiterer Grabbeigaben enthielt – ein sicheres Zeichen dafür, dass diverse Objekte aus dem Grab entfernt worden waren, bevor man die Treppe mit Geröll zugeschüttet hatte. Nachdem er diese sowie die Siegel auf dem Durchlass inspiziert hatte, warf Engelbach einen Blick auf die Uhr.
    »Ich muss wieder los. Sie verständigen mich selbstverständlich über Ihre weiteren Exkavationsfortschritte. Bleibt nur zu hoffen«, setzte er mit einem scharfen Blick zu Howard hinzu, »dass es hier nicht so stümperhaft zugeht wie bei der Exkavation von KV 55.«
    Stümperhaft war sie zweifellos ausgeführt worden, von dem in die Jahre gekommenen amerikanischen Hobbyarchäologen Theodore Davis, dessen diktatorische Kontrolle es seinem Assistenten nahezu unmöglich gemacht hatte, die Exkavationsvorschriften explizit einzuhalten. Uns waren die Hände gebunden gewesen, während Davis ein Chaos von dramatischem Ausmaß anrichtete.
    Schon bei der Erwähnung dieser peinlichen Geschichte sträubten sich Emersons sämtliche Nackenhaare. Desgleichen bei Arthur Weigall, dem damaligen Inspektor, der den greisen Amerikaner nach Gutdünken hatte gewähren lassen. Rex Engelbach würde einen solchen Fehler gewiss nicht wiederholen.
    »Sie können sich darauf verlassen, dass Carter mit der entsprechenden Kompetenz und Effizienz vorgeht«, trat Emerson für Howard ein.
    »Ich bin mir auch sicher, er wird Ihre Ratschläge beherzigen, Professor«, erwiderte Engelbach.
    Da war ich mir nicht so sicher. Emersons Kompliment beeindruckte Howard wohl nicht besonders; er biss sich auf die Unterlippe, wobei er den Inspektor mit mordlustigen Blicken taxierte. Engelbach lüftete höflich den Hut in Richtung der Damen und zog ab.
    »So«, sagte Emerson händereibend. »Für ein paar Stunden ist es noch hell. Können wir weitermachen?«
    »Auf jeden Fall«, rief Carter, zu überdreht, um Emersons damit implizierte Beteiligung abzulehnen.
    »Du erstaunst mich«, sagte ich, nachdem ich mit Ramses vielmeinende Blicke getauscht hatte. »Ihr beide. Das Licht reicht absolut nicht aus, um vernünftige Fotoaufnahmen zu machen. Zumal es eine Weile in Anspruch nehmen wird, die Gesteinsquader zu entfernen, ohne die Siegel zu gefährden.«
    »Pah«, tönte Emerson. »Öhm, das ist – ganz recht, Peabody. Verdammt«, setzte er zerknirscht hinzu.
    Nachdem er die Tatsache akzeptiert hatte, dass die Arbeit für diesen Tag eingestellt werden musste, ließ Carnarvon sich von Lady Evelyn nach Hause begleiten. Wir anderen folgten seinem Beispiel.
    »Rex Engelbachs Desinteresse erstaunt mich«, gab ich zu bedenken, als wir das Tal verließen. »Er war richtig unhöflich zu Howard, fand ich.«
    »Reiner Snobismus«, meinte Emerson. »Wie etliche andere Ägyptologen sieht er auf Carter herab, weil der Bursche ein armer Schlucker

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