Amelia Peabody 18: Das Königsgrab
anderen, mich zu begleiten. »Wieso das?«, fragte ich argwöhnisch.
»Wegen der Geschenke für die Kinder natürlich.« Mein Schwager machte große Augen à la Suzanne Malraux. »Außerdem solltest du in Begleitung fahren, liebe Amelia. Wer weiß, welche kriminellen Gestalten bereits auf der Lauer liegen?«
»Du würdest doch beim kleinsten Tumult Fersengeld geben«, meckerte Emerson.
»Ich brauche keinen Aufpasser«, entschied ich. »Aber ein bisschen Gesellschaft wäre nicht schlecht. Hast du nicht Lust mitzukommen, Nefret?«
»Aber gern. Ich hab nämlich noch kein Geschenk für die Zwillinge, und ich brauche noch etwas für Tante Evelyn und Onkel Walter und für David.«
Also fuhren wir zu dritt. Sethos wirkte sehr gediegen in Flanellhose mit braunem Tweedsakko – beides stammte, wie ich sofort feststellte, von Ramses. Während Daouds Sohn Sabir das Boot startete, rief ich meinem Schwager zu: »Wie lange willst du Ramses’ Sachen eigentlich noch tragen? So üppig ist sein Kleiderschrank nun auch wieder nicht gefüllt.«
»Erwartest du jetzt etwa, dass ich meinem Schneider in Kairo einen Auftrag telegrafiere?«, versetzte Sethos leicht verschnupft.
»Die Frage ist, unter welchem deiner vielen Pseudonyme? Also gut, vergiss es. Ich werde einen Auftrag für Ramses durchgeben. Zum Glück haben Davies, Bryan & Company seine Maße.«
Ich war schon länger nicht mehr in Luxor gewesen, und meine Stimmung hob sich zusehends, als Sabirs Fährboot uns über das funkelnde Wasser trug. Zuvor hatte Ramses mich beiseitegenommen und mir ins Gewissen geredet, Nefret nur ja nicht allein zu lassen und die unsicheren Stadtteile zu meiden. Das hatte ich ohnehin vor. Außerdem würde ich darauf bestehen, dass Sethos bei uns bliebe, falls er den Alleingang plante. Aber er machte keinerlei Anstalten, sondern schlenderte, untergehakt von Nefret und mir, lässig zwischen uns wie ein Tourist.
Falls er bewusst auf sich aufmerksam machen wollte, hatte er Erfolg. Wir trafen immer wieder auf Bekannte, blieben kurz stehen und hielten ein Schwätzchen. Leider Gottes auch mit einer Reihe von Leuten, die wir nicht kannten. Die Konversation verlief dann zwangsläufig nach folgendem Schema: »Ah, Mrs Emerson, ich bin sicher, Sie erinnern sich noch an mich. Miss Jones von der Familie Jones aus Berkshire. Ich hoffe doch sehr, dass wir Sie und Ihren werten Gatten alsbald einmal zum Dinner einladen dürfen.«
Ich gab allen zu verstehen, dass sie sich diesbezüglich keine Hoffnung zu machen brauchten.
Wir machten einen Bummel durch die Geschäfte. Sethos gab sich ungemein gesellig und kaufte bergeweise Silberschmuck und Seidenschals. Das kleine Luxor bot nicht allzu viel Auswahl – hauptsächlich Souvenirs und Kopien begehrter Artefakte –, aber auch Holzschnitzereien, handgewebte Stoffe und Alabastergefäße. Wir krönten unseren Ausflug mit einem Mittagessen im Winter Palace Hotel, wo es auch europäische Waren zu kaufen gab.
»Kommt, lasst uns auf der Terrasse essen«, schlug Sethos vor. »Es ist so schön draußen.«
»Wenn wir einen Tisch bekommen«, sagte Nefret, denn die Terrasse war sehr gut besucht.
»Amelia bekommt immer einen Tisch«, meinte Sethos.
Das erwies sich als richtig. Nachdem wir glücklich saßen, durchwühlte Nefret ihre Einkäufe. »Malkasten und Buntstifte für David John, Silberketten für Carla, aber ich hab noch nichts für Onkel Walter.«
»Männer sind immer schwierig«, bekräftigte ich.
Sethos, der mit dem Profil zu uns auf seinem Stuhl saß und die Straße überblickte, sagte: »Ich hab mir schon überlegt, ob ich nach Kairo fahren soll, um sie dort zu treffen. Gib mir eine Liste mit, und dann seh ich, was ich für euch tun kann.«
»Hältst du das wirklich für eine gute Idee?«, forschte ich.
»Wieso nicht?«
»Das weißt du doch ganz genau. Ist es nicht vielleicht eher so, dass du Margaret aus dem Weg gehen willst? Du hast sie noch kein einziges Mal besucht.«
»Du warst doch diejenige, die ausdrücklich betonte, wir sollten keine schlafenden Hunde wecken. Vielleicht kann ich –«
Er brach abrupt ab, da jemand an unserem Tisch verharrte. Besagte Person zog den Hut und verbeugte sich knapp.
»Ah, Sir Malcolm«, sagte ich und sinnierte fieberhaft, wie viel er von unserem Gespräch aufgeschnappt haben mochte. »Wo haben Sie denn gesteckt? Seit unserem unerwarteten Zusammentreffen im Tal der Könige habe ich Sie nicht mehr gesehen.«
Mit Sicherheit trug er eine Perücke. Sein Haar war zu
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