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Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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lebt. Tief drinnen, wo meine Eingeweide sich zu harten Knoten verschlungen haben, weiß ich es, aber ich kann es nicht beweisen.
    In mein Leben getreten ist sie in der ersten Woche der Sommerferien vor drei Jahren. Fünfundachtzig Stufen und dann Dunkelheit; sie ist verschwunden. Wie kann ein Kind in einem Haus mit nur fünf Etagen und elf Wohnungen verschwinden?
    Wir haben sie alle durchsucht – jedes Zimmer, jeden Schrank und jede Nische. Ich habe immer wieder dieselben Orte überprüft, habe irgendwie erwartet, sie trotz aller vergeblichen Bemühungen plötzlich zu finden.
    Mickey war sieben Jahre alt, hatte blonde Haare, blaue Augen und ein Lächeln voller Zahnlücken. Als sie zuletzt gesehen wurde, trug sie einen Bikini, ein weißes Haarband, rote Leinenschuhe und ein gestreiftes Badelaken unter dem Arm.
    Die Straße war mit Polizeiwagen abgesperrt, und Nachbarn hatten Suchaktionen organisiert. Irgendjemand hatte Krüge mit Eiswasser und Sirupflaschen auf einen Klapptisch gestellt. Schon um neun Uhr morgens war es dreißig Grad, und die Luft roch nach heißem Asphalt und Autoabgasen.
    Ein fetter Typ in weiten grünen Shorts machte Fotos. Zuerst erkannte ich ihn nicht, aber ich wusste, dass ich ihn schon mal irgendwo gesehen hatte. Nur wo?
    Dann fiel es mir wieder ein, wie immer. Cottesloe Park – ein anglikanisches Internat in Warrington. Er hieß Howard Wavell, eine unmögliche, unglückliche Gestalt, drei Jahrgangsstufen unter mir. Wieder hatte mein Gedächtnis triumphiert.
    Ich wusste, dass Mickey das Haus nicht verlassen hatte. Ich hatte eine Zeugin. Sie hieß Sarah Jordan und war erst neun Jahre alt, aber sie wusste, was sie wusste. Sie saß auf der untersten
Stufe, nippte an einer Dose Limonade und strich sich das mausbraune Haar aus den Augen. An ihren Ohrläppchen hingen winzige Kreuze wie kleine Stückchen Silberfolie.
    Sarah trug einen blau-gelben Badeanzug, weiße Shorts, braune Sandalen und eine Baseballkappe. Ihre Beine waren blass und von aufgekratzten Insektenstichen übersät. Noch zu jung, um sich ihres Körpers bewusst zu sein, öffnete und schloss sie ständig die Knie, die Wange an das kühle Geländer gelehnt.
    »Ich bin Detective Inspector Ruiz«, sagte ich und setzte mich neben sie. »Erzähl mir noch mal, was passiert ist.«
    Sie streckte seufzend die Beine. »Wie ich schon sagte, ich habe auf die Klingel gedrückt.«
    »Welche Klingel?«
    »Nummer elf. Wo Mickey wohnt.«
    »Zeig mir den Knopf, auf den du gedrückt hast.«
    Sie seufzte noch einmal und ging durch die Halle zu der großen Haustür. Die Gegensprechanlage war direkt neben dem Eingang. Sie zeigte auf den obersten Knopf. Ihr Finger war rosa lackiert, der Lack an manchen Stellen abgeblättert.
    »Sehen Sie! Ich kenne die Zahl elf.«
    »Klar. Was ist dann passiert?«
    »Mickeys Mum hat gesagt, dass Mickey sofort runterkomme. «
    »Hat sie das genau so gesagt? Wortwörtlich?«
    Sie runzelte konzentriert die Stirn. »Nein. Zuerst hat sie Hallo gesagt, und ich habe auch Hallo gesagt. Und dann habe ich gefragt, ob Mickey zum Spielen runterkommen kann. Wir wollten uns im Garten sonnen und mit dem Gartenschlauch abspritzen. Mr. Murphy erlaubt uns, den Rasensprenger zu benutzen. Er sagt, wir helfen ihm, den Rasen zu gießen.«
    »Und wer ist Mr. Murphy?«
    »Mickey sagt, ihm gehört das Haus, aber ich glaube, er ist bloß der Hausmeister.«
    »Mickey ist nicht runtergekommen.«

    »Nein.«
    »Wie lange hast du gewartet?«
    »Urzeiten.« Sie fächert sich mit der Hand Luft zu. »Kann ich ein Eis haben?«
    »Gleich… Ist irgendjemand vorbeigekommen, als du gewartet hast?«
    »Nein.«
    »Und du bist nicht von der Treppe aufgestanden – nicht mal, um was zu trinken…«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »… oder um mit einer Freundin zu reden oder einen Hund zu streicheln?«
    »Nein.«
    »Was ist danach passiert?«
    »Mickeys Mum kam mit dem Müll runter und sagte: ›Was machst du denn hier? Wo ist Mickey?‹ Und ich habe gesagt: ›Ich warte noch immer auf sie.‹ Und sie hat gesagt, sie sei schon vor Stunden runtergegangen. Aber das ist sie nicht, weil ich ja die ganze Zeit hier gewartet habe…«
    »Und was hast du dann gemacht?«
    »Mickeys Mum hat gesagt, ich soll warten. Ich soll mich nicht von der Stelle rühren. Also bin ich auf der Treppe sitzen geblieben.«
    »Ist irgendjemand an dir vorbeigekommen?«
    »Nur die Nachbarn, die geholfen haben, Mickey zu suchen.«
    »Weißt du die Namen?«
    »Manche.« Sie nahm ihre Finger zu Hilfe

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