Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
verdeutlichen, daß die Menschheit jetzt zum Krieg gegen uns bereit ist, wenn wir nicht von unseren Imperativen Abstand nehmen? Möchten Sie behaupten, daß der wahre Auftrag Angus Thermopyles nicht die Rückholung Morn Hylands sei, bevor wir Zeit zu ausreichenden Untersuchungen haben, ehe wir eine Gelegenheit finden, um die Natur oder den Ursprung ihrer Immunität zu ergründen?«
»Nein!« widersprach Milos sofort. »Ich will Ihnen nichts dergleichen weismachen! Vielleicht ist alles wahr, was Sie da sagen. Soviel ich weiß, könnte es wahr sein. Aber ich bin gekommen, um Ihnen zu erzählen…«
Plötzlich setzte sein Gehirn aus. Wie ein Anzeichen bevorstehender Erleuchtung fuhr ein schwarzer Blitz durch das blendend-grelle Flackern seiner Panik.
Es konnte alles wahr sein.
Warum hatte dann Hashi Lebwohl gelogen? Welchen Vorteil kann er darin gesehen haben, mir einzureden, Thermopyle hätte einen völlig anderen Auftrag, als man ihm tatsächlich erteilt hat?
Noch ein schwarzer Blitz.
Er kann nur einen Nutzen darin erblickt haben, wenn er mich schon durchschaut hatte.
Er hat mich belogen, weil er wußte, daß ich seine Lügen weitererzähle.
Und noch ein Blitz.
Er hat mich mitgeschickt, um mich loszuwerden. Er will, daß die Amnion für ihn die Drecksarbeit erledigen, wenn sie merken, daß das, was ich ihnen erzähle, unwahr ist.
»Ich bin zu Ihnen gekommen, um Ihnen mit allem behilflich zu sein, was ich zu bieten habe«, beteuerte Milos inständig, indem er nachgerade wie im Fieber vor sich hinjapste. »Ich habe mich zu Ihnen auf den Weg gemacht, sobald ich erkannt hatte, daß die Bullen lügen. Thermopyle hat einen absolut geheimen Auftrag erhalten.«
Zu gerne hätte er sich die Atemmaske heruntergerissen, die amnionische Luft seine Lungen verätzen lassen, bis sie ihm alle Furcht ausgesengt hätte. »Es hat was mit Morn Hyland zu tun. Er will sie Ihnen abjagen. Und er hat ihren Sohn dabei. Das ist es, weshalb ich hier bin. Das ist alles, was ich zu bieten habe…«
Mit einer Ausnahme…
»Aber wenn Sie mein Leben beschützen und mir Beistand erweisen, kann ich ihm vielleicht in den Arm fallen. Und wenn das mir gelingt, ist es höchst wahrscheinlich, daß Sie sich Davies wieder greifen können.«
Milos handelte in äußerster Verzweiflung; er stand restlos am Nullpunkt. Eine nach der anderen waren seine Optionen und Hoffnungen zerschlagen worden. Ihm blieb nur noch diese eine, letzte Chance.
»Möglicherweise können Sie sich beide schnappen. Bei Thermopyle bringen Sie voraussichtlich keine Mutation zuwege. Sein Data-Nukleus wird ihn wohl töten, ehe er so was duldet. Aber es dürfte durchführbar sein, ihn zu untersuchen und alles über ihn herauszufinden. Und Sie hätten Davies, mit dem Sie dann anstellen könnten, was Ihnen paßt.«
Vestabule maß Milos gleichmäßigen Blicks; das Amnion blieb starr wie ein Grabstein, ungerührt von Milos’ Flehentlichkeit.
»Ist das nicht genug?« rief Milos. »Was verlangen Sie denn noch von mir?!«
Marc Vestabule bewegte sich; verschob die Beine. »Milos Taverner«, sagte er im Klang kalten, blanken Stahls, »Sie mögen getrost Ihre Furcht ablegen. Durch sie gewinnen Sie nichts. Wir werden Ihr Leben bewahren. Sie sollen unseren Beistand genießen. Es ist keineswegs meine Absicht, Sie zu erschrecken, wenn ich sage, daß Ihre Nützlichkeit für uns sich erschöpft hat.«
Seine Menschenhand glitt in eine Tasche seiner Bordmontur.
»Wir diskutieren hier im Kontext von Konzeptionen, die kein Amnioni sich ohne äußerste Schwierigkeiten veranschaulichen kann. Für viele Angehörige meines Volkes sind sie vollständig unverstehbar. Selbst für mich liegen sie an den Grenzen des Begriffsvermögens. Dennoch ist es notwendig, sie zu begreifen. Während Sie im Dienst des KombiMontan-Sicherheitsdienstes und der Vereinigte-Montan-Kombinate-Polizei standen, haben Sie erwerbsmäßige Kontakte zu uns gepflegt, uns Ihr Wissen über sie gegen Kredit verkauft. Obwohl eine derartige Ambivalenz für uns nur schwierig nachzuvollziehen ist, müssen wir unterstellen, daß Sie umgekehrt gleicherweise gehandelt und ihnen Ihr Wissen über uns gegen Kredit verkauft haben.«
Nein! wollte Milos widersprechen. Aber nein, natürlich nicht! Doch Vestabules Alienblick hatte ihn unter – seinem Bann; Vestabules wie Eisen harter Ton lähmte ihn unwiderstehlich.
»Nach den hier geschehenen Ereignissen«, ergänzte der Halb-Amnioni seinen Standpunkt, »hat diese Art der Beziehung zu
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