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Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Titel: Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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allgemeine heimliche Ansicht, Holt Fasner sei durch ordinäre Erwerbstüchtigkeit an sein Schicksal gekettet, richtig ist – daß alle seine großen Befähigungen und bedeutenden Errungenschaften ausschließlich dem langweiligen Ziel dienen, uninteressante Mengen von Reichtum zu raffen. Hat das zwangsläufig zur Folge, daß man auch das damit korrespondierende, ebenso allgemein geläufige Bild Warden Dios’ als lediglich vollkommenen Werkzeugs des Willens Holt Fasners akzeptieren muß? Daß er wahrhaftig gleichzeitig hinlänglich brillant und geistlos ist, um Holt Fasner ohne Berücksichtigung eigener Wünsche und Bedürfnisse allzeit treu dienen zu können? Daß es ihm sowohl an den grundlegendsten, doch durchaus bekannten und geduldeten menschlichen Schwächen fehlt, wie auch an Skrupeln und Ambitionen?
    Sicherlich nicht. Es gilt als Axiom, daß Brillanz und Geistlosigkeit nicht koexistieren können, daß Ehrgeiz ohne Skrupel exponentiell metastasiert. Holt Fasner kommt dafür als Beispiel in Frage. Daraus ergibt sich so natürlich, wie der Mensch Schmerz fürchtet, daß Warden Dios kein Werkzeug des Drachen ist, sondern ganz im Gegenteil sein geborener Feind.
    Genau darin liegt die Erklärung dafür, daß er vom Drachen als VMKP-Direktor ausgewählt worden ist. Wie ließe sich ein geborener Gegenspieler besser neutralisieren, ja sogar für die eigenen Zwecke verwenden, als wenn man ihn an sich bindet, ihn in die sich geschaffenen Strukturen integriert, in die eigenen Verhältnisse und Umstände einbezieht, so daß er niemals etwas zu seinen Gunsten unternehmen kann, ohne seinem Gegner dienlich zu sein.
    Selbstverständlich ist das ein Paradoxon – eine ebenso nützliche wie riskante Taktik –, weil es ausgeschlossen ist, daß Warden Dios’ und Holt Fasners Bedürfnisse und Ambitionen jemals übereinstimmen.
    Intertechs Immunitätsforschungen machen dies Postulat nur allzu deutlich.
    Einmal unterstellt, Warden Dios sei ein zweiter Holt Fasner – weniger weit gekommen bei der Befriedigung seiner Machtgier, aber auch weniger beschränkt in seinen Möglichkeiten, sie auszuüben –, doch auf alle Fälle ein zweiter Drache. Eben weil sein Machtgelüst weniger befriedigt, allerdings auch weniger eingeschränkt ist, kann er sich nicht auf die Bestrebung verlegen, seinen nominellen Herrn abzulösen. Doch welches Ventil bietet sich sonst für seinen Ehrgeiz? Für welche Bedürfnisse oder wichtigen Belange soll er seine Brillanz einspannen? Und wie kann seine natürliche Feindschaft zum Drachen – und dieser Aspekt darf auf gar keinen Fall vernachlässigt werden – sich Ausdruck verschaffen?
    Vielleicht indem er sich stärker mit der VMKP als mit den VMK identifiziert. Indem er der VMKP eine Bedeutung beimißt, die er der größeren, jedoch weniger spezifisch orientierten Domäne des Drachen abspricht. Indem er gleichermaßen den erklärten Daseinszweck und die Zweckbeschränktheit der VMKP auf Kosten Holt Fasners und der VMK affirmativ aufwertet.
    Nun bedenke man den Vorgang mit dem Immunitätsserum.
    Als sich ein Erfolg der Intertech-Forschungen abzeichnet, empfindet der Drache es augenblicklich als Bedrohung. Kann die Menschheit gegen Mutagene immunisiert werden, schwindet die Amnion-Gefahr. Folglich würde die Unentbehrlichkeit der VMKP – und damit Status und Ansehen der ihr übergeordneten VMK – in gleichem Maß verringert. Dadurch verlöre die Logik, die die VMK zur einzigen für die Abwicklung des Alien-Handels und die Erschließung der damit erwerbbaren Reichtümer zuständigen Instanz erhebt, ihre syllogistische Unausweichlichkeit.
    Sofort will der Drache die Forschungen unterdrücken. Seines Erachtens müssen sie abgebrochen werden, bevor sie zu einem Mittel ausarten, das seine Herrschaft über den Human-Kosmos aushebelt.
    Soviel ist vorhersehbar und bedarf kaum eines Kommentars.
    Aber das bemerkenswerte ist: Wie reagiert Warden Dios?
    Ergeht er sich, wie ein kleinkarierter Mensch es täte, in Ausbrüchen der Selbstgerechtigkeit? Fällt er Skrupeln oder Anwandlungen des Kleinmuts zum Opfer? Opponiert er offen oder privat gegen seinen vermeintlichen Herrn und Meister?
    Er tut nichts dergleichen.
    Statt dessen überzeugt er den Drachen davon, daß die Intertech-Forschungen im geheimen fortgesetzt werden müssen – und zwar unter meiner Obhut. Er bietet sein beträchtliches Talent zur Beredsamkeit und die Gabe des Charismas auf, um dem Drachen einzureden, daß ein Immunitätsserum, bliebe es geheim, ein

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