Palast der Sinne: Erotischer Roman (German Edition)
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„Bis morgen, Patrick. Ich wünsche dir viel Spaß im Kino.“ V i vien öffnete die Tür des Handyshops und trat in den Abend hi n aus.
„Willst du nicht doch mitkommen?“, hörte sie ihren Kollegen noch rufen. „Mit dir sind wir zu acht, das wird sicher lustig.“
„Ein andermal vielleicht.“
Eigentlich ging Vivien gern ins Kino. Doch seit ihr Lebensg e fährte sie vor einem halben Jahr verlassen hatte, war sie in ke i nem mehr gewesen. Allein machte Kino keinen Spaß. Und allein inmi t ten von knutschenden Pärchen schon gar nicht, weshalb sie jegliche Einl a dung von Freunden und Kollegen stets ausschlug.
Es war ein anstrengender Tag gewesen, wie immer, wenn ein Net z betreiber eine neue Handyaktion startete. Darum hatte sie sich heute eine Belohnung verdient, fand sie, eine Belohnung in Form des B e suchs der städtischen Bildergalerie.
Sie ließ die Tür ins Schloss fallen und spazierte los. Ein sanfter Wind spielte mit ihren langen schwarzen Haaren. Vivien genoss die sommerliche Abendluft und dehnte ihren Spaziergang auf eine Stu n de aus. Gegen acht schließlich erreic h te sie ihr Ziel.
Mit knapp zweihunderttausend Einwohnern war Bordeaux zwar keine Großstadt, kulturell alle r dings hatte sie einiges zu bieten. Vor allem eine kleine Galerie im Herzen der Stadt galt als Geheimtipp. Vivien war berufsbedingt einen Monat lang nicht mehr dort gew e sen. Umso gespannter öffnete sie nun die Ei n gangstür.
Sie betrat die große Halle und betrachtete die Kunstwerke. Es w a ren tatsächlich eine Menge neue Bilder ausgestellt. Sie blieb vor einem Picasso stehen und fragte sich, ob er wohl richtig herum an der Wand hing. Nach ein paar Sekunden, die keine Gewissheit brachten, ging sie kopfschüttelnd weiter. Künstler der Moderne waren für sie vor allem eines: Geniale Geschäftsleute, die es ve r standen, für höchst seltsam anmutende Werke ebenso seltsam a n mutende Käufer zu finden. Mit Kunst hatte das für sie rein gar nichts zu tun. Ein da Vinci, Rubens oder Michelangelo, das waren echte Meister ihres Fachs. Doch kaum einer von ihnen erfuhr das Privileg, zeitlebens die entspreche n de Anerkennung seiner Arbeit genießen zu dürfen. Sie empfand Mitleid mit den vielen verarmt verstorbenen, erst weit nach deren Tod g e würdigten Meistern.
Vivien spazierte durch die Abteilung moderne Kunst, als ihr Blick an einem Gemälde hängen blieb. Sie trat darauf zu und stellte mit jedem Schritt fest, dass sich dieses Bild wohltuend von den abstrakten Werken abhob. Es zeigte ein mittelalterl i ches Schloss, und zwar so, wie man sich ein Gebäude dieser Zeit vorstellt. Mehrgeschossig, helle Farben, Verzierungen an den Mauern. V i vien blieb davor stehen und erfreute sich der realistischen, detai l reichen Darstellung. Besonders die Schnörkel am Gesimse und die kunstvoll gestalteten Fenster ha t ten es ihr angetan.
Je länger sie vor dem Bild verweilte, desto mehr Kleinigkeiten en t deckte sie. Das Schloss inmitten eines prächtigen Gartens wir k te lebendig. Sie vermochte beinahe die Vögel zwi t schern hören, die sie im Geäst der Bäume entdeckte. Ein paar der zahlreichen Fen s ter waren geöffnet. Sie trat ganz nah an das Bild heran. Vivien musste lächeln, als sie in eines der Zimmer sah. Darin erkannte sie eine junge Frau, die sich anschickte, ihr Kleid abzustreifen. Wartete im Hinte r grund ihr Liebhaber?
Vivien fragte sich, wie es wohl sein musste, sich in diesem wunde r schönen Schloss, diesem prächtigen Ambiente, einem Mann hinzug e ben. Gleichzeitig wurde ihr einmal mehr bewusst, wie lange es schon her war, dass sie selbst dieses Gefühl geni e ßen durfte. Sie seufzte tief. Es war an der Zeit, dass sie wieder die Frau in ihr lebte. Warum konnte sie nicht an der Stelle dieses beneidenswerten Mä d chens sein?
Sie schloss die Augen und vergaß die Welt um sich. Das G e murmel der Besucher trat in den Hintergrund, bis es gänzlich ve r stummte. Jetzt hörte sie tatsächlich Vogelgezwitscher, roch das frische Gras im Schlossgarten. Sie öffnete die Augen. Nun war sie es, die im Schla f zimmer stand und langsam ihr blüte n weißes Kleid abstreifte. Die Galerie und sämtliche Besucher waren verschwu n den.
Vivien drehte sich um und ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Ein zartrosa Himmelbett stand mitten im Raum. Jetzt fehlte nur mehr der strahlende Jüngling, der sie sanft in die Satind e cke wickelte und von oben bis unten liebkoste. Sie schmunzelte bei dem Gedanken. Die Szene
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