Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
sofort gebündelt wie ein Laserstrahl, schon untersuchte er die externe Kontrolltafel und den Interkom-Apparat. Unter anderen Umständen hätte das Schloß für ihn kein Hindernis bedeutet. Wäre er dazu bereit gewesen, die Sektion dem Vakuum zu öffnen – und damit die Amnion auf den Angriff aufmerksam zu machen, ihnen Zeit zum Verriegeln der inneren Türen und zu Verteidigungsmaßnahmen zuzugestehen –, hätte er sich einfach den Weg freischießen können. Aber um Morn zu retten, mußte er zweckmäßiger vorgehen.
»Und was nun?« Succorsos Stimme klang so unglaublich nah, als ob er in Angus’ Raumhelm säße. »Wenn Sie die Interkom benutzen und höflich um Einlaß bitten, haben Sie voraussichtlich Erfolg. Warum nicht? Auf diese Weise können die Amnion uns alle auf einen Schlag einsacken.«
»Maul halten!« brummte Angus. Die innere Anspannung war seinem Tonfall anzuhören. Anscheinend schätzte seine Programmierung es mittlerweile als gleichgültig ein, wieviel Bammel man ihm anmerkte.
Aus einem halben Dutzend Zentimeter Abstand betrachtete er die Kontrolltafel. Dank seiner EM-Sicht hätte er die Schaltkreise genau erkennen müssen. Doch aus irgendeinem Grund war seine Prothese erblindet.
Aus Panik tat sein Herz unregelmäßige Schläge, und in den Handschuhen des EA-Anzugs wurden ihm die Hände feucht. Was war los? Er konnte nicht sehen, was er sehen mußte. Der Interncomputer hatte seine speziellen visuellen Fähigkeiten deaktiviert. Warden Dios – oder Lebwohl – hatte ihn bis hierhergeschickt, nur damit er jetzt an so etwas scheiterte?
Da verlangsamte artifizielle Ruhe seinen Puls. Durch das Fenster in seinem Schädel strömte ihm eine Flut von Informationen über die optische Prothese zu.
Er sah nichts, entnahm er den Informationen, weil die Polarisierung der Helmscheibe seine EM-Wahrnehmung störte.
Auf so einen Mist hatte er gerade noch gewartet.
Hastig adjustierte er den Polarisationsgrad. Gleichzeitig steuerte er die Polarisierungsfunktion durch das Lichtspektrum, suchte nach einer Wellenlänge, die es ihm erlaubte, die Schaltkreise der Kontrolltafel zu erkennen. Er brauchte momentan keine Polarisierung, im Schatten des Bunkergebäudes war sie überflüssig, war er dem grellen Strahlen der Bogenlampen entzogen; doch die Helmscheibe selbst verursachte eine gewisse Verzerrung, machte die EM-Emissionen undeutlich. Während Angus die Umstellungen vornahm, durchforschte er seine Datenspeicher nach Schaltwerten, die die inhärente Refraktion beheben könnten.
»Was tun Sie da?« erkundigte Nick Succorso sich spöttisch. »Wollen Sie die Schleuse durch pure Willenskraft öffnen?«
Da: ein verschwommenes Flimmern elektromagnetischer Abläufe. Der Anblick glich einer unter einem unscharfen Mikroskop betrachteten Computerkarte. Zu viele Details blieben unkenntlich; ein akkurates Arbeiten war nahezu unmöglich. Aber vielleicht schaffte Angus es, im Kombinationsschloß die Schaltungen zu durchtrennen, ohne in der Alien-Sektion einen Großalarm auszulösen.
»Holen Sie Mackern und Mikka Vasaczk her«, sagte er zu Succorso, indem er nach seinem Präzisionslaser griff. »Wir können nicht mehr auf sie warten.«
Nick Succorso rührte sich nicht; offenbar dachte er gar nicht daran, irgendwelche Weisungen Angus Thermopyles zu befolgen. Er stand reglos da und beobachtete, wie Angus den Laser auf die schwächste Leistung justierte, auf die Mitte der Kontrolltafel richtete und einen Laserstrahl hineinschoß.
Eine Metallfläche in der Größe eines Stecknadelkopfs glomm karmesinrot auf, verglühte und verteilte sich als Qualmwölkchen im Vakuum.
Mit etwas Glück war jetzt auch der Alarm sabotiert.
Nun ein zweiter, nur Millimeter neben dem ersten gesetzter Laserschuß.
Einen Moment später öffnete sich die Irispforte der Schleuse, als ob sich ein großes Auge weitete.
»Sie bringen mich zum Staunen.« Um ehrliches Erstaunen auszudrücken, klang Succorsos Stimme viel zu kalt und feindselig. »Der Kassierer ahnt nicht, wieviel Sie über seine Computer wissen. Und die Amnion nicht, wie gut Sie sich mit ihren Luftschleusen auskennen. Was haben Sie als nächstes zu bieten, Thermopyle? Werden Sie mit den Händen geheimnisvolle Gebärden vollführen und schlichtweg durch Zauberei rückgängigmachen, was die Amnion mit Morn angestellt haben? Verstehen Sie von Mutagenen auch so viel?«
Mikka Vasaczk bog um die Ecke des Bunkers und blieb mit durchgedrückten Knien stehen. Hinter ihrer Helmscheibe wirkte sie, als
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