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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Igensards Stimme klang nicht sonderlich hoch oder schrill, aber hatte dessen ungeachtet eine Tonlage, die sie an einen Ultraschallbohrer erinnerte. Je länger er schwafelte, um so nachhaltiger fiel sein Gerede ihr auf die Nerven. Konnte der Mann nicht ein einziges Mal etwas ohne dies Übermaß aufgeblasener Selbstgerechtigkeit von sich geben?
    »Das ist bewundernswert, Direktorin«, raunzte er verdrossen. Unterbrochen zu werden, mochte er gar nicht. »Ich hoffe, Sie halten sich daran.«
    Allem Anschein nach machte er nun Anstalten, um endlich zur Sache zu kommen. »Da wir irgendwo anfangen müssen, erlauben Sie mir, an eine vorhin von Ihnen geäußerte Bemerkung anzuknüpfen. Sie sagten, ›das Vorhaben‹ der Rächer, ›die Besatzung des Interspatium-Scouts Posaune heimzuholen‹, sei ›erfolgreich verlaufen‹, und merkten dazu selber an, ›heimzuholen‹ sei eine interessante Wortwahl. Sie haben nicht von Verhaftung gesprochen, obwohl wir unter solchen Umständen normalerweise eine Festnahme von einem VMKP-Polizeikreuzer erwarten würden. Schließlich war der VMKP-Interspatium-Scout Posaune vorgeblich von einem verurteilten Illegalen und seinem Komplizen gekapert worden. Und Sie haben auch nicht ›gerettet‹ gesagt, obwohl es eigentlich die dienstliche Pflicht der Rächer wäre, ein von den Amnion gejagtes Raumschiff, auf dem sich Menschen befinden, zu beschützen. Direktorin Hannish, was hat es so Besonderes mit Angus Thermopyle und Milos Taverner auf sich, daß sie ›heimgeholt‹ anstatt verhaftet oder gerettet werden? Wenn Sie uns auf diese Frage Auskunft geben können, verstehen wir vielleicht endlich, was die Rächer und die Posaune überhaupt im Massif-5-System zu suchen hatten.«
    Koina begegnete seinem ersten Vorstoß mit größtmöglicher professioneller Sachlichkeit. »Eine angebrachte Frage, Sonderbevollmächtigter.« Ihr Tonfall verhehlte das leichte Zittern in ihrer Stimme. »Ich will versuchen, darauf eine angemessene Antwort zu geben.«
    Aber wenn er es für überflüssig hielt, sie beim Sprechen anzusehen, sah sie keine Veranlassung, ihm zu antworten, als gäbe sie ihm die Auskunft. Indem sie sich auf dem Pult geringfügig vorbeugte, betrachtete sie die gespannten Mienen der Zuhörer.
    »Mir ist es jedoch wichtig, vorher ausdrücklich klarzustellen, daß ich auf meine Aussagen in dieser Krisensitzung ausführlich vorbereitet worden bin. Polizeipräsident Dios und ich haben in der einen oder anderen Form vorab sämtliche Probleme erörtert, mit denen die heutige Sitzung sich befaßt. Er hat mich ausdrücklich angewiesen, die Fragen Ihres Sonderbevollmächtigten so akkurat wie möglich zu beantworten.«
    Den Konzilsangehörigen zu verdeutlichen, daß Warden Dios sie zu allen Auskünften, die sie gab, autorisiert hatte, war von größter Bedeutung; daß ihr von ihm selbst befohlen worden war, ihn öffentlich zu entlarven.
    »Bitte haben Sie mit mir Geduld. Die Darlegungen werden kompliziert.«
    Sie schwieg, als müßte sie ihre Gedanken sammeln; in Wirklichkeit jedoch nahm sie allen Mut für den letzten Schritt zur Wahrheit zusammen, der für die Menschheit zum Desaster ausarten mochte. »Als Polizeipräsident Dios und Direktor Lebwohl vor einigen Tagen die Videokonferenz mit dem Regierungskonzil hatten«, gestand sie in förmlichem Tonfall ein, »haben sie Ihnen über Angus Thermopyle, Milos Taverner und die Posaune die Unwahrheit erzählt.«
    Sie spürte, wie neben ihr Maxim Igensard vor Genugtuung nachgerade zu platzen drohte.
    »Persönliche bedaure ich diese Tatsache«, sagte sie. »In meiner Eigenschaft als RÖA-Direktorin lautet meine Einschätzung, daß es nötig gewesen sein mag.« Nötig, um Warden Dios’ Kampf gegen den Drachen voranzutreiben; um Holt Fasners Verantwortlichkeit für die Vergehen der VMKP zu enthüllen. »Grob gesprochen, Kapitän Thermopyle war mit einem gefährlichen Auftrag fortgeschickt worden und brauchte Tarnung. Polizeipräsident Dios und Direktor Lebwohl haben Sie ausschließlich belegen, um ihm bei der Durchführung des Auftrags Rückendeckung zu geben. Die kleinste Andeutung der wahren Zusammenhänge hätte fatale Folgen haben können.«
    Lebhafte Überraschung verursachte Unruhe im Saal. »Inwiefern ›fatal‹?« tönte jemand barsch. »Das ist ja wohl Quatsch«, kommentierte Sigune Carsin. Andere Deputierte schimpften, murrten oder tuschelten mit ihren Sekretären. Aber lauter als alle anderen Äußerungen drang Blaine Manses Stimme durch das allgemeine

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