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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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mehr an. Wie seitens Mr. Fane bemerkt worden ist, hat sie uns in bezug auf ihre Verhandlungen mit der Stiller Horizont offenbar nicht die volle Wahrheit bekanntgegeben. Wenn sie uns schon nicht offenlegt, was ihre Absichten sind, ändert sie sie bestimmt nicht, nur weil wir Warden Dios gegen einen Nachfolger austauschen. Es ist nicht erforderlich, unverzüglich über den Vorschlag des Geschäftsführenden Obermanagementdirektors abzustimmen. Dem Antrag kommt gegenwärtig keinerlei entscheidende Bedeutung zu. Er hat auf die jetzige Situation keine maßgebliche Auswirkung.«
    Augenblicklich sprang Cleatus Fane auf, war außer sich vor Erbostheit. Der Ohrhörer schien ihm Schmerz zu verursachen. Oder Furcht einzujagen.
    »Das ist ja lachhaft, Konzilsvorsitzender!« brüllte er. »Es ist ganz offensichtlich ein verzweifelter…«
    Nun erhöhte Koina ihre Lautstärke, um ihn zu übertönen. »Die VMKP-HQ-Stationszentrale hätte Dr. Harbinger unter den momentanen Umständen keinesfalls eine Funkfrequenz zugestanden«, rief sie mit sicherer Stimme und klarem Klang, »und es wäre durch befehlshabende Direktorin Donner nie genehmigt worden, kämen den Mitteilungen nicht die höchste Bedeutung zu. Das Regierungskonzil muß Dr. Harbinger zu sprechen erlauben! Stundenlang sind hier schwere Vorwürfe gegen Holt Fasner Diskussionsgegenstand gewesen. Wenn Sie mich fragen« – dabei wollte sie es bewenden lassen –, »ich glaube, daß Dr. Harbinger die Absicht hat, uns Beweise zu präsentieren.«
    Konzilsvorsitzender Len ließ den Kopf hängen, als könnte er die furchtbare Schwere seiner Bürde nicht mehr verkraften.
    Ehe Abrim Len antworten konnte, verfiel Cleatus Fane erneut ins Schimpfen. »Wir haben es offensichtlich mit einem verzweifelten, gänzlich verantwortungslosen Versuch zu tun«, blaffte er, so daß es sich wie das Knaller einer Impacter-Schußwaffe anhörte, »den Willen des Regierungskonzils zu durchkreuzen. Mit einem Komplott, Konzilsvorsitzender. Während wir uns hier mit dieser endlosen Abstimmung abmühen, steht Direktorin Hannish schon die ganze Zeit hindurch mit dem VMKP-HQ in Kontakt. Bestimmt hat sie dort irgend jemand dazu angestiftet, eine Störung zu organisieren. Natürlich um Dios’ Kopf zu retten. Lerne Harbinger, du lieber Himmel!« Sein Tonfall troff von hämischer Geringschätzung. »Eine Helfershelferin Direktor Lebwohls. Offenbar konnte man so kurzfristig niemand Bedeutsamere aufbieten. Von mir aus schenken Sie ihr Gehör, wenn Sie glauben, es ist die Mühe wert.«
    Er fuchtelte mit den Armen Abwehrgesten, als hätte er nichts mehr hinzuzufügen. »Nur zu!« tönte er trotzdem. »Ich bin ja auch neugierig.« Dann brüllte er mit derartiger Stimmgewalt los, daß man unwillkürlich befürchtete, von den Wänden müßte der Putz abbröckeln. »Aber beenden Sie vorher die gottverdammte Abstimmung!« Das innere Ringen, das sich in Abrim Lens Miene abzeichnete, war geradezu fürchterlich anzuschauen. Im Verlauf der heutigen Sonder- und Krisensitzung hatte er schon mehr Druck auf Anwesende ausgeübt als während seiner gesamten bisherigen Amtsperiode. Nach seinem Naturell – und vielleicht aus Überzeugung – bevorzugte er gütlichen Ausgleich, Kompromisse. Dadurch hielt er sich auf seinem Posten. Ein energischerer Konzilsvorsitzender wäre längst abgewählt, von der großen Anhängerschaft des Drachen zum Abtreten gezwungen worden.
    Heute jedoch hatte er Cleatus Fane in die Schranken verwiesen; Maxim Igensard seiner Autorität untergeordnet. Durch die Anstrengung und Überwindung, die es ihn gekostet hatte, war er in einen Zustand versetzt worden, der nervöser Erschöpfung ähnelte.
    Er klammerte sich so resolut an die Seitenkanten des Rednerpults, daß Koina seine Ellbogen zittern sehen konnte. Vor ihm lag vergessen das Amtszepter. In der Beleuchtung schimmerten Schweißperlen auf seiner Oberlippe des Jammers.
    »Verehrte Konzilsmitglieder…«, fing er einen Satz an; stockte aber und verstummte.
    In schrecklicher Spannung beobachtete Koina, wie er sich um Fassung bemühte. Wer sollte, falls er zusammenklappte, den Vorsitz übernehmen? Als Gremium vergab das EKRK den Vorsitz nicht nach Rangmäßigkeit, sondern unter Beachtung des Rotationsprinzips. Wer war nach Len an der Reihe? Koina entsann sich nicht.
    Unvermittelt stand eine ihrer Kommunikationsspezialistinnen vom Sitz auf; die Blässe und die aufgerissenen Augen der Frau bezeugten, daß sie Furcht vor der eigenen Courage hatte. Dennoch

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