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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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gräßlichen Unheils in den Unterarm.
    Mutation. Genetisches Verderben.
    Unwillkürlich setzte für einen Augenblick sein Hirn vor Grauen aus. Der Abscheu seiner Körperzellen rief Konvulsionen hervor: Er trat um sich und zuckte krampfhaft wie ein Spastiker.
    Plötzlich stand, scheinbar ohne sich gerührt zu haben, Marc Vestabule vor ihm. Vestabules Hand zeigte das Medikamentenfläschchen vor, das Dios schon zuvor gesehen hatte; das Mittel, mit dem dieses spezielle Mutagen in dormanten Zustand gebracht werden konnte. Einen Moment lang beobachtete Vestabule stumm seine Verstörung. Dann öffnete der Amnion den Behälter, ließ eine Kapsel herausrollen und hielt sie Dios vors Gesicht.
    »Ich erinnere mich an Furcht«, knurrte Vestabule tonlos. »Sie ist nur Zeitverschwendung.« Das eigene Menschsein war ihm mit Gewalt entwunden worden. »Wenn Sie Ihre genetische Identität zu bewahren wünschen, habe ich dazu das Mittel.«
    Mit raschen Fingerbewegungen lüftete er Warden Dios’ Atemmaske und steckte ihm die Kapsel in den verzerrten Mund.
    Schamlos und gleichzeitig über sich selbst bestürzt zermalmte Dios die Kapsel mit den Zähnen; würgte die bittere Masse so schnell wie möglich hinunter.
    Der saure Nachgeschmack half ihm dabei, sich zu besinnen.
    Schamlos… O Gott. Jetzt war er Vestabule hörig. Den Amnion. Genau wie die Wächter war seine angeborene Furcht für ihn zu stark. Nach all den Jahren des Pläneschmiedens, Ausharrens und stillen Kummers hatte man ihn so leicht wie ein Kind bezwungen.
    Wann war er ein derartiger Feigling geworden? Wann hatte er sich denn das Recht verdient, sich schützen zu dürfen, ohne nach den Konsequenzen fragen zu müssen?
    Bedächtig nickte Marc Vestabule, als wäre ihm der Schrecken in Dios’ Augen eine altbekannte Erscheinung. Auf ein gutturales Wort aus seinem Mund ließen die Wächter von Dios ab. Sofort krampfte Schmerz die Arme um Dios’ Oberkörper, zog ihm die Beine an den Leib. Gewichtslos schwebte er vor dem Amnioni, als wäre er einer Regression bis ins Fetalstadium unterworfen worden; er war seiner selbst kaum noch genug bewußt, um die Atemmaske vorm Gesicht zurechtzurücken. Doch er nahm den Blick keine Sekunde lang von Vestabules Miene.
    »Wir empfangen einen Funkspruch des VMKP-Polizeikreuzers Rächer«, setzte Marc Vestabule ihn aus irgendeinem Grund in Kenntnis. »Die Frau, die uns kontaktiert hat, bezeichnet sich als befehlshabende VMKP-Direktorin Min Donner.«
    Min Donner… Ach, Min! Mit einem Mal sorgte sich Dios, er könnte in Tränen ausbrechen. Sie wäre tapferer als er gewesen. Wäre alles andere zwecklos gewesen, hätte sie die Kapsel ausgespuckt; sich lieber ganz in einen Amnioni verwandelt, statt sich dazu benutzen zu lassen, die Menschheit zu verraten, der sie zu dienen geschworen hatte.
    Vestabules Menschenauge zuckte, wogegen das Amnion-Auge ruhig blieb. »Sie gibt an«, fügte er hinzu, »unser Erscheinen hätte…« – er brach ab, durchdachte für seinesgleichen fremde, bedeutungslose Begriffe »…eine politische Krise verursacht. Einen Konflikt zwischen verschiedenen Menschengruppen. Sie behauptet Anlaß zu der Befürchtung zu haben, dieser Konflikt könnte in offene Kampftätigkeit umschlagen. Einige Ihrer Raumschiffe oder Orbitalstationen könnten andere unter Feuer nehmen.«
    Was? Eine letzte Konvulsion krampfte Dios’ Gestalt zusammen. Dann jedoch lockerte sich nach und nach seine Muskulatur. Feuerheiß glühten seine Nerven, als gäbe der Körper Schadensmeldungen, während er die Arme reckte, die Beine ausstreckte. Kampftätigkeit? Zu diesem Zeitpunkt? Was war geschehen?
    Fühlte Holt Fasner sich schon so in die Enge gedrängt?
    Auf solche Fragen war von Vestabule natürlich keine Auskunft zu erwarten. »Sie erklärt«, ergänzte er seine Mitteilungen, »daß in diesem Fall die Angegriffenen Widerstand leisten werden. Sie versichert uns jedoch, daß wir auch in einer derartigen Situation vor Feindseligkeiten verschont bleiben. Es soll davon für uns keine Bedrohung ausgehen. Gegen uns sollen keine Angriffe geführt werden. Daher ersucht sie uns, gegebenenfalls auch unsererseits auf Feindseligkeiten zu verzichten.«
    Gütiger Himmel! dachte Warden Dios in höchster Verwunderung. Hashi Lebwohl mußte Erfolg gehabt haben. Allem Anschein nach drückten Koina Hannish und Morn Hyland Generaldirektor Fasner gerade den Hals zu. Sonst würde die Frage, was der Drachen womöglich als nächstes anstellte, Min Donner wohl kaum Kopfzerbrechen

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