Amnion 5: Heute sterben alle Götter
gezogen, als es vorstellbar gewesen war; oder Min Donner und Morn Hyland hatten den Amnioni mit irgendeiner List ausgetrickst…
Dennoch tröstete Holt Fasner sich damit, daß er keine Veranlassung zum Bedauern hatte. Trotz aller Fehler war er jetzt in Sicherheit. Die weitsichtige Planung des Visionärs – und die Geringschätzung Tieferstehender, die einen Visionär auszeichnete – hatten seine Rettung bedeutet. Er und alle wesentlichen Daten waren jetzt wohlbehütet an Bord der Mutterwitz. Und inzwischen trennten schon ein paar hunderttausend Kilometer die Mutterwitz von der GD; auf einer Trajektorie, die jede Behinderung durch Donners Raumschiffe unmöglich machte, beschleunigte die Yacht nicht übereilt, aber zügig in Richtung freier Raum und Hyperspatium.
Ferner war die Mutterwitz natürlich mehr als nur eine fernraumtüchtige Luxus-Yacht, die man so gebaut, eingerichtet, ausgestattet und ausgerüstet hatte, daß er darin mit allem opulenten Komfort eines Monarchen reisen konnte. Zudem verfügte sie über die Bordartillerie eines Kreuzers; die Antriebsleistung und Reichweite eines Schlachtschiffs; über Schutzfelder, Panzerung und Partikelkollektoren wie eine Raumfestung. Er persönlich fand ohnehin keinen Geschmack an Luxus. Als er die Mutterwitz in Auftrag gab, hatte er soviel in ihr Interieur investiert, um gelegentliche Gäste einschüchtern und dadurch besser nach seinen Wünschen lenken zu können, nicht weil er einen Hang zur Repräsentation gehabt hätte. Dem Garantieren des eigenen Überlebens hatte er allerdings seit eh und je einen hohen Rang beigemessen. Hätten Donners Raumschiffe ihn aus dieser Entfernung angegriffen, wäre ihr Beschuß von seinen Schutzfeldern wie harmloser Sonnenwind absorbiert worden. Und hätte er sich mit hoher Geschwindigkeit abgesetzt, wäre keines von ihnen dazu fähig gewesen, ihn zu verfolgen.
Nichts stand ihm im Weg. Er war sicher – soweit Reichtum und Voraussicht es gewährleisten konnten. Geschützt vor dem Tod durch jedes Hilfsmittel, das der menschliche Erfindungsgeist bisher dagegen ersonnen hatte; außerhalb jeder Gefährdung. Wenn die Mutterwitz erst die Lichtjahre zum Bannkosmos überwunden hatte, näherte er sich der Unsterblichkeit.
Aber die Interstellar-Yacht wechselte noch nicht in die Tach über; vorerst nicht. Statt die Flucht in den Triumph seiner Visionen, zu im Schnellwachstumsverfahren gezüchteten Leibern und Bewußtseinsübertragungen, zu beschleunigen, betrachtete er die Monitoren der Mutterwitz und wartete darauf, daß irgend etwas geschah.
Er saß auf der Brücke; im Kommandosessel. Vor ihm saß die gesamte Besatzung, drei Mann, an ihren Kontrollkonsolen, den Blick auf dieselben Bildschirme gerichtet. Die Yacht bot Unterbringung für zehn Crewmitglieder, doch so viele Leute brauchte Fasner nur, wenn Gäste an Bord weilten und sie Ansprüche stellten. Der Betrieb des Raumschiffs an sich erforderte lediglich drei Personen. Sogar ein einziges Besatzungsmitglied hatte die Möglichkeit, es zu steuern. Holt Fasner hätte es zur Not allein fliegen können. Doch er kannte die Schwächen seines alten Körpers zu genau. Er hatte die Crew aus demselben Grund an Bord, weshalb er sich keine hohe Beschleunigung zumutete: Er mißtraute dem Leistungsvermögen seines Herzens. Seit Donner das Feuer auf seine Orbitalstation eröffnet hatte, fühlte er seinen Puls allzu häufig rasen. Trotz der Medikamente, die ihn schon seit so langem am Leben hielten, spürte er eine ungewohnte, hartnäckige Beklemmung in der Brust.
Er brauchte die Crew, weil er den Streß fürchtete, den es ihm verursacht hätte, die Mutterwitz allein zu steuern. Die drei Männer konnten sich ablösen; sich genug Ruhe gönnen, um in Form zu bleiben.
Allerdings traute er normalen Menschen so wenig wie seinem vergänglichen Körper. Möglicherweise stellten sie seinen Willen in Frage. Vielleicht unterlief ihnen der Irrtum, sich für wichtiger als ihn einzustufen. Darum hatte er drei ganz besondere Besatzungsmitglieder in Diensten.
Allen war ein Zonenimplantat eingepflanzt. Die Zonenimplantat-Kontrollgeräte hatte man ihnen gleichfalls implantiert. Und die Kontrollgeräte funktionierten stimmgesteuert, waren speziell auf seine Stimme geeicht. Mit einem Wort konnte er ihnen genügend Lust hervorrufen, um sie in irrsinnige Verzückung zu stürzen; genug Schmerzen bereiten, um sie zu töten. Sie taten für ihn alles.
Aus diesem Grund konnte er es sich sparen, den Zugriff auf die
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