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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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übrigen Zeit, bevor sie ihre Aufmerksamkeit der EKRK-Sitzung schenkte, bedeutete es ihr eine gewisse Abhilfe – eine Art von Schutz –, allein zu sein. Das Schloß an ihrer Tür bewahrte sie vor den Konsequenzen ihrer Leidensgeschichte, solange sie sich darauf beschränken mußte, neuen Mut zu sammeln.
    Kurz nachdem die Rächer am VMKP-HQ anlegte, war Morn durch Min Donner darüber informiert worden, daß Warden Dios ihr vor seinem Tod eine Nachricht geschickt hatte. Auch an Donner hatte er einen elektronischen Abschiedsbrief versandt – und ebenso an Hashi Lebwohl. Morn konnte die Mitteilung an ihrem Computerterminal lesen, wann sie wollte; bisher jedoch hatte sie darauf verzichtet. Zwei Tage lang hatte sie sich eingeredet, daß nichts, was Warden Dios ihr zu übermitteln gehabt hatte, jetzt noch einen Unterschied ausmachte. In Wahrheit aber brauchte sie von ihm genauso Abstand wie vom EKRK und dem Großteil des VMKP-HQ. Sie befürchtete, daß der Brief die brüchige Trennwand einriß, die bislang verhinderte, daß ihr Gram in einen Zusammenbruch mündete.
    Nach diversen Formalitäten leitete Konzilspräsident Len die Sitzung ein, indem er kurzgefaßt die Geschehnisse nach dem Eindringen der Stiller Horizont ins Sonnensystem schilderte. Die gesamte verwickelte Konzernstruktur der VMK war ins Wanken geraten, erläuterte er, und daraus entstanden verheerende Nachwirkungen für die Finanzwirtschaft der ganzen irdischen Gesellschaft; dagegen waren die Verluste an Menschenleben gering geblieben. Die Mehrzahl der Toten hatte es durch den von befehlshabender Direktorin Donner befohlenen, unbedingt notwendigen Artilleriebeschuß der VMK-GD sowie durch Dios’ im Vergleich dazu fragwürdigere Sprengung der Orbitalstation gegeben. Finanzangelegenheiten konnte man in Ordnung bringen, und das sollte geschehen. In Anbetracht der vielen Gefahren, die vom Planeten abgewendet worden waren – dank Taten nahezu unvorstellbarer Tapferkeit und immensen Ideenreichtums –, mußte die Rede von einem wahrlich kolossalem Glücksfall sein.
    Andere Sachverhalte lieferten Anlaß zu ernsterer Besorgnis. Len vertrat die feste Überzeugung, daß die Stiller Horizont vor dem Anflug zur Erde mit dem Bannkosmos in Kommunikation gestanden hatte. Deshalb kannten die Amnion nach seiner Ansicht Vector Shaheeds Antimutagen-Formel. Und darum war es nur eine Frage der Zeit, bis die Formel keinen Wert mehr hatte.
    Wenigstens die Entwertung der Formel hatte Morn sich inzwischen verziehen. Lange bevor Vector die Formel ins All hinausgefunkt hatte, mußten die Amnion sie aus der Untersuchung von Morns Blut abgeleitet haben. Im Interesse des eigenen Überlebens hatte sie ihre Spezies als Ganzes in Gefahr gebracht. Aber sie war Mensch geblieben. Ihre einzige Alternative war Kapitulation gewesen: eine Art von Selbstzerstörung. Doch sie hatte sich unterdessen zu der unerschütterlichen Auffassung durchgerungen, daß die Suche nach einem vernünftigeren Ausweg höheren Rang als die Geheimhaltung von Nick Succorsos Antimutagen einnahm.
    Einige EKRK-Parlamentarier, erwähnte Konzilsvorsitzender Len, hatten die Absicht, sich dafür einzusetzen, daß die Menschheit gegen die Amnion einen Vernichtungsschlag führte, solange die Shaheed-Formel noch Gültigkeit hatte. Die Entscheidungsfindung sollte in wenigen Tagen erfolgen. Er wies jedoch schon jetzt darauf hin, daß er gegen jede Art des offenen militärischen Konflikts zu opponieren gedachte. Nach seiner Ansicht wäre jeder Angriff auf den Bannkosmos eine verhängnisvolle Kurzsichtigkeit; zu unsicher in bezug auf das Ergebnis; zu kostspielig in der Abwicklung. Krieg sei, sagte er, die schlechteste Lösung eines interstellaren Konflikts, und er hätte vor, sie zu blockieren, solang er sich im Amt befand. Anscheinend verspürte auch er das Bedürfnis nach vernünftigeren Auswegen.
    Nachdem er seine Haltung explizit klargestellt hatte, bat er befehlshabende Direktorin Donner und OA-Sicherheitschef Mandich um vorläufige mündliche Berichterstattung. Mit nachgerade militärischer Förmlichkeit beschrieb Min Donner die Disposition der irdischen Streitkräfte und die Verteidigung des Human-Kosmos für den Fall eines amnionischen Präventivschlags. Danach referierte sie die Anklagepunkte gegen die aus der VMK-Orbitalstation entkommenen GD-Betriebsschutzangehörigen. Mandich ließ sich zu der Frage aus, wie die übrigen, zivilen Überlebenden der GD behandelt werden sollten. Er erklärte das Versagen der

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