Amnion Omnibus
Angus Thermopyle gewohnte Rauheit. »Vestabule ist nicht mehr so sehr Mensch, wie er sich einredet. Egal, was passiert, wir haben für ihn ‘n paar Überraschungen auf Lager.« Er schaute Dolph an. »Ich hab’s noch nicht erwähnt«, fügte er dann hinzu, »aber ich glaube, wir gehen den richtigen Weg.« »Ich hoffe es, Davies.« Vielleicht zum erstenmal, seit sie an Bord der Rächer gegangen war, hörte sich Morns Stimme an, als ob sie lächelte. »Wenigstens weiß ich keinen besseren Ausweg.“
Was Dolph Ubikwe betraf, brauchte sie darüber nicht mehr nachzudenken. Ihm behagte die jetzige Lösung.
Davies Hyland kehrte an seinen Platz zurück. Er und Vector Shaheed gurteten sich an. Dolph überzeugte sich davon, daß seine Begleiter sich angeschnallt hatten, dann tippte er die Befehle ein, die die Separation des Kommandomoduls vom Hauptrumpf einleiteten.
Das stählerne Dröhnen der sich öffnenden Flansche hallte wie die erste Salve im Kampf ums Überleben der Menschheit.
MIKKA
Beklommen vor Trauer saß Mikka Vasaczk an der Kommandokonsole der Posaune, während Kapitän Ubikwe das zum Festmachen des Interspatium-Scouts erforderliche Manöver ausführte und Angus sowohl dem Modul wie auch der Rächer letzte Instruktionen durchgab.
Ihr Bruder suchte den Tod. Falls Angus sich darüber im klaren war, verschwieg er es. Statt dessen traf er Vorkehrungen, die allen Beteiligten das Davonkommen sichern sollten, die Mikka jedoch als schlichtweg unglaubwürdig absurd einstufte. Morn dagegen wußte zweifellos Bescheid. Mikka hatte Morns Wissen ihren Augen angesehen, als Morn sie fragte, ob sie Angus bei seiner Aktion zu unterstützen bereit sei. Und sie vermutete, daß auch Vector Bescheid wußte. Kummervoll hatte er Ciro beim Abschied unbeholfen umarmt; und Ciro sein schwachsinnig gewordenes Lächeln gelächelt, ohne Vectors Umarmung zu erwidern.
Dennoch wünschten sie alle – und Ciro am meisten –, daß Mikka dabei half, seinem Leben ein Ende zu setzen.
»Wir sind längst soweit, Dicker«, hatte Angus zu Kapitän Ubikwe gesagt, der sich im Kommandomodul befand.
Wenn das Kommandomodul die Posaune erreichte, packten Greifarme den Scout und rückten ihn in eine Position, die es ermöglichte, eine der Schleusen an eine Notluke des Moduls zu koppeln. Dann fixierten magnetische Flanschverbindungen ihn am Modulrumpf, und Kapitän Ubikwe konnte ihn durch den Abstand zwischen Rächer und Stiller Horizont befördern. Mit dem gesamten Ankoppeln des Interspatium-Scouts hatte Mikka nichts zu tun; während des ganzen Flugs gab es für sie keinerlei Aufgaben zu verrichten. Erst wenn sie zu dem Amnion-Kriegsschiff gelangten, Angus und Ciro von Bord gingen, bekam sie Arbeit.
Ciro wollte sterben. Irgendwie wies Angus ihm aus dem unauslöschlichen Leid, das Sorus Chatelaine ihm zugefügt hatte, einen Ausweg, und Ciro beabsichtigte ihn zu gehen.
Und er wünschte sich auf diesem Weg Mikkas Beistand. Und als Morn und Angus sie darum ersuchten, die Kommandokonsole der Posaune zu übernehmen, hatten sie sie unausgesprochen auch gebeten, ihrem Bruder beim Selbstmord behilflich zu sein.
»Wenn der Streich gelingt«, sagte Angus über Funk zu Morn, während der Interspatium-Scout noch neben der Rächer trieb, »krieg ich mein Schiff zurück.« Vermutlich redete er von der Posaune, nicht der Strahlenden Schönheit. Sein alte Blechbüchse von Raumschiff war schon vor Monaten demontiert und verschrottet worden. »Für mich lohnt sich also das Risiko.“
Glaubte er etwa, die Astro-Schnäpper ließen ihn anschließend laufen? Ließen einen unifizierten Cyborg frei, mitsamt allen ihm integrierten Verbesserungen, seinem beachtlichen Zerstörungspotential? Falls er es dachte, widersprach Min Donner ihm nicht. Vielleicht baute sie darauf, daß Warden Dios ihn unter Kontrolle hatte.
»Ich hoffe, daß es klappt«, gab Morn zerstreut zur Antwort. »Das Ganze ist deine Idee. Schafft du’s nicht, die Sache richtig durchzuziehen…« Sie verstummte, als fiele ihr keine passende Drohung ein. »Dann bring ich mich um.« Die Ankündigung glich einem Achselzucken.
Angus lachte rauh. »Ach was, nein. Nun doch nicht mehr.« Ohne Unterbrechung sprach er weiter. »Aber ihr seid besser auf ‘m Sprung, wenn der Zauber losgeht.
Selbst wenn alles nach Plan verläuft, ergibt sich eine kurze Zeitspanne, in der die Stiller Horizont euch an ‘n Karren pissen kann. Du darfst drauf wetten, daß sie drüben nichts unversucht lassen.« Vom Verlauf dieser
Weitere Kostenlose Bücher