Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion Omnibus

Amnion Omnibus

Titel: Amnion Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Donaldson
Vom Netzwerk:
während andere Menschen um die Zukunft der Menschheit rangen. Vielmehr war er wieder, wohin er gehörte. Sein aufsässiges Gemüt überblickte ein Sonnensystem voller Greuel und Verräterei – und hatte sich zum Umdenken entschieden.
    Aus der vereinfachten, klareren Perspektive an Bord des Kommandomoduls erkannte Dolph Ubikwe, daß Min Donner das Richtige tat. Gleiches galt – nach ihren Maßstäben – für Morn Hyland. Der Entschluß Vector Shaheeds und Davies Hylands, sich in die Gewalt der Amnion zu begeben, bezeugte ein solches Maß an Mut, daß es Dolph Ehrfurcht einflößte. Und Angus Thermopyle, dieser verfluchte Cyborg… Angus Thermopyle handelte vollkommen richtig.
    Während sie gemeinsam die Antriebsanlagen der Posaune reparierten, hatte Thermopyle in gewissem Umfang offenbart, wie sein Geist funktionierte. Anscheinend hatte er ein Talent zu Verzweiflungsschritten, einen Hang zu Extremlösungen, und dafür bewunderte Dolph ihn widerwillig. Als Thermopyle erläutert hatte, wie er Warden Dios zu retten gedachte, war der Kapitän der Rächer der erste gewesen, der seine Idee befürwortete. Trotz der Gefährlichkeit des Vorhabens hatte es Dolph Ubikwe ungetrübtes Vergnügen bereitet, dem unifizierten, maliziösen Mörder und Vergewaltiger seine vorbehaltlose Unterstützung anzubieten.
    Jetzt bediente er allein an der Kommandokonsole sämtliche Funktionen, die im Modul noch versehen werden mußten: Steuerung, Scanning, Datensysteme und Kommunikation. Dafür bedurfte er keiner Hilfe. Alle anderen Konsolen waren desaktiviert. Das Kommandomodul allein gab kaum mehr als ein Shuttle ab, so reduziert waren die Verwendungsmöglichkeiten. Trotzdem sah Kapitän Ubikwe keinen Anlaß zur Klage. Das Raumfahrzeug war klein, aber er hatte das Kommando; Angus Thermopyle hatte es an ihn abgetreten, und vorerst gab Dolph sich damit zufrieden.
    Vielleicht erahnte Thermopyle den piratenähnlichen Ansatz von Dolphs Verständnis der polizeilichen Praxis.
    In einer Lage wie der momentan konnte der Cyborg Dolph rundum vertrauen.
    Als auch das letzte Diagnoseprogramm Grünstatus anzeigte, sah sich Ubikwe nach seinen Begleitern um.
    »Jesus Christus«, brummte er belustigt, »hätte meine Mutter, Gott hab sie selig, gewußt, daß ich eines Tages in derartigen Knatsch verwickelt werde, sie hätte mich sofort nach der Geburt ertränkt. Nur gut, daß sie die Zukunft nicht gesehen hat. Ein Blick auf die Hühnerinnereien, und sie wäre ausgeklinkt. Wahrscheinlich hätte man sie in Ketten legen müssen, um zu verhindern, daß sie auch noch meinen Vater umbringt.“
    Weder Davies Hyland noch Vector Shaheed lachte.
    Ihnen drohte zu großes Unheil, als daß sie für Scherze empfänglich gewesen wären; mißlang irgend etwas, mußten sie als erste für die Panne büßen. Dennoch zwang sich der Genetiker zu einem verzerrten Schmunzeln. »Ihre Mutter muß wohl, wenn Sie die Bemerkung gestatten, Kapitän«, meinte er zu Ubikwe, »eine außergewöhnliche Frau gewesen sein.« »Sagen Sie, was Sie wollen«, gestand Dolph ihm großmütig zu. »Von nun an gibt’s keine Regem mehr.
    Jede Gemeinheit und jeder schmutzige Trick ist erlaubt.
    Höflichkeit kostete nur unnötig Kraft.« Im nächsten Moment wurde er wieder ernster. »Haben Sie alles«, fragte er, »was Sie brauchen?« Vector Shaheed hatte im Pilotensitz Platz genommen.
    Davies Hyland saß im verlassenen Sessel des Waffensysteme-Offiziers. Beide trugen bereits EA-Anzüge, nur Helm und Handschuhe hatten sie noch nicht an. Shaheed stellte eine ruhige, aber matte Miene zur Schau: ausgelaugt durch Ermüdung und die ständigen Beschwerden schwerer Arthritis. Er gönnte sich möglichst viele kurze Pausen, um seine Kräfte zu schonen.
    Davies Hyland hatte noch vor einer Weile den Eindruck vermittelt, er wäre durch die seelische Belastung, die die Entscheidung zum Aufgeben für ihn bedeutete, vollkommen erschöpft worden. Doch inzwischen hatte seine Miene einen beträchtlichen Teil der Ausdruckskraft zurückerlangt. Sein Blick war wieder schärfer; seine Gesichtszüge wirkten in ihrer Deutlichkeit wie erneuert; er schenkte seiner Umgebung neue Aufmerksamkeit. Paradoxerweise schien er dadurch beiden Elternteilen gleichermaßen ähnlicher zu werden. Er hatte sowohl Angus Thermopyles berechnendes Wesen wie auch Morn Hylands Anlage zu innerer Überzeugung geerbt: Auch er kannte eine Neigung zu extremen Lösungen.
    Er beantwortete Dolphs Frage nicht mit Worten. Vielmehr ergriff er den linken

Weitere Kostenlose Bücher