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Amnion Omnibus

Amnion Omnibus

Titel: Amnion Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Donaldson
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er Len musterte, eine ausdruckslose Miene. Andere Parlamentarier konsultierten unter dringlichem Getuschel ihre Berater oder vertieften sich in ihre Notizen, als brauchten sie mit einem Mal Informationen, an die sie sich nicht erinnern konnten.
    Zu unvorstellbaren Leiden gezwungen, dachte Cleatus Fane bitter. Das war es also. Len war immer ein sentimentaler Sack gewesen. Nun hatte der Gedanke an Hylands Leid ihm den Kopf verdreht. Er war unter den Bann einer Frau geraten, die er noch nie gesehen hatte.
    Während des Beifalls suchten Anzeichen der Schwächung den Konzilsvorsitzenden heim. Flüchtig gab sich Fane der Hoffnung hin, Len könnte in Ohnmacht fallen.
    Möglicherweise war er im ganzen Leben noch nicht so energisch aufgetreten; eventuell überforderte es seine Kräfte. Er beugte sich tiefer übers Rednerpult, stützte sich auf die Ellbogen.
    Wie ein braves Mädchen kehrte Hannish an ihren Platz zurück. Manse und Vertigus taten das gleiche. Zunächst blieb Cleatus Fane hartnäckig stehen: Er wollte im Stehen mit Morn Hyland konfrontiert werden. Dann jedoch überlegte er es sich anders. Lassen Sie’s durchgehen, hatte Fasner gesagt. Wir finden andere Mittel. Während er angespannt stumme Mitteilungen ins Kehlkopfmikrofon murmelte, ging er zu seinem Stuhl und setzte sich.
    »Leider sind wir darauf nicht vorbereitet«, beklagte Len mit lascher Stimme. »Es fehlt an technischen Voraussetzungen. Aber mein Sekretär versucht die Verbindung auf die für die Medienvertreter bestimmten Lautsprecher und Mikrofone zu schalten. Es müßte möglich sein, daß wir alle Leutnantin Hyland hören und mit ihr sprechen können.« Er bemühte sich um eine selbstbewußtere Haltung.
    »Verehrte Konzilsdeputierte, ich bestehe streng auf korrektem Verhalten. Diese Frau ist durch die Hölle gegangen. Egal, was Sie über Warden Dios denken – oder Holt Fasner –, sie ist ein Opfer. Ich dulde nicht, daß sie gepiesackt wird.« Anschließend wandte er sich an den Sekretär. »Wenn Sie dann soweit sind…« Dieser weichliche Hilfszwerg fällt uns in den Rücken, raunte Cleatus Fane ins Mikrofon. Er hält Hyland für eine Märtyrerin. Ich bin sicher, daß er Vertigus das Abtrennungsgesetz noch mal vorlegen läßt, falls die Gelegenheit kommt.
    Nicht wenn Sie Ihre Arbeit machen, entgegnete Holt Fasner.
    Meine Arbeit? dachte Fane. Was denkst du denn, was ich hier tu? Aber er sprach es nicht aus.
    »Jeden Moment, Konzilsvorsitzender«, antwortete der Sekretär sofort. »Leutnantin Hyland«, sagte er und neigte sich übers Mikrofon, »ich verbinde mit Konzilspräsident Len und dem Erdund Kosmos-Regierungskonzil.« Rasch tippte er eine Reihe von Befehlen ein.
    Mit einem Knacken wurden die Saallautsprecher in Betrieb genommen.
    Sie öffneten ein Fenster zu den Fernen den Weltraums. Das Summen von durch elektronische Rauschunterdrückung gedämpften, schubbedingten Verzerrungen vermittelte den Eindruck von Tiefe und Weite; zu Kälte und unfaßbar riesigem Raum, die knapp außer Reichweite zu sein schienen. Cleatus Fane hatte das seltsame Gefühl, dem interstellaren Brausen eines solaren Hochofens zu lauschen, der unerreichbares Licht und unerlangbare Wärme in die Leere verstrahlte.
    Len brachte den Mumm auf, die Stimme in die Weite des Alls zu richten. »Leutnantin Hyland, hören Sie mich? Ich bin Abrim Len, EKRK-Konzilsvorsitzender.« »Hier ist Morn Hyland, Konzilsvorsitzender Len«, meldete sich eine Frauenstimme. »Ich befinde mich an Bord der Rächer.« Cleatus Fane hatte Hylands Stimme noch nie gehört; trotzdem war er augenblicklich davon überzeugt, daß sie die Anruferin war, niemand sonst. Die Eindrücke seelischer Zerrüttung, die die Lautsprecher übertrugen, schabten an seinen Nerven wie Fingernägel auf Schiefer. Im gesamten Human-Kosmos gab es keinen Menschen, dessen Stimme er jetzt weniger gern gehört hätte.
    In seinem Leib rumorte und ätzte es, während er sich auf das drohende Desaster einstellte, als hätte er Säure geschluckt.
    »Es ist schlecht, daß Sie mich haben warten lassen«, fügte Hyland in scharfem Ton hinzu. »Die Zeit ist knapp.« »Tut mir leid, Leutnantin.« Len war ehrliches Bedauern anzumerken. »Eine parlamentarische Regierung funktioniert manchmal etwas unbeweglich. Das Regierungskonzil ist vollständig versammelt. Ich glaube, wir können Sie alle hören. Und ich vermute, wir alle haben Fragen an Sie. Wenn Sie uns aus dringenden Gründen kontaktieren, ist es wohl am besten, Sie geben sie uns bekannt.

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