Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers
festgesessen, als er sich zu befreien versuchte, als der Bulldozer auf ihn zugekommen war. Er versuchte, den Riß mit der Hand zu verdecken, als sie ihn zum Fenster ins Licht zog.
«Und was ist das? Blut?»
Er erinnerte sich, daß er neben der Leiche gestanden hatte.
«Ja», sagte er, «Blut, mein Schatz, aber das geht wieder raus, und ich bin sicher, daß der alte Schneider den Anzug reparieren kann. Ich hätte gern Tee und ein Bad. Bringst du mir ein Tablett nach oben?»
«Ja. Brauchst du lange? Denk bitte daran, daß meine Schwester und ihr Mann heute abend kommen. Sie haben heute morgen angerufen, und ich hab gesagt, daß es dir viel besser geht.»
Der Commissaris war auf der Treppe schon auf dem halben Weg nach oben. Er blieb stehen, drehte sich um und setzte sich.
«Es ist dir doch recht, nicht wahr? Sie sind immer so nett, und er möchte uns von der Firma erzählen, die er übernommen hat, eine Fabrik irgendwo im Süden. Er ist deswegen ganz aufgeregt.»
«Es ist mir nicht recht», sagte der Commissaris. «Ruf sie an und sag, daß ich krank bin. Ich möchte heute abend Zigarren rauchen und mit dir im Garten sitzen. Wir können der Schildkröte zuhören. Sie ist ebenfalls sehr nett und übernimmt nie etwas.»
«Mein Schatz, du weißt, daß ich es hasse zu lügen.»
Der Commissaris war wieder aufgestanden und stieg den Rest der Treppe hinauf. Seine Frau seufzte und griff nach dem Telefon in der Diele. Sie hörte, wie im Bad das heiße Wasser aufgedreht wurde.
«Es tut mir so leid, Annie», sagte sie. «Aber mit Jans Beinen ist es wieder viel schlimmer geworden. Er fühlt sich schrecklich, und ich dachte, es wäre besser, wenn wir …»
Mevrouw Grijpstras Blick funkelte, als der Adjudant das Ende seiner kleinen schwarzen Zigarre abbiß und es in die Richtung spuckte, wo im Korridor auf einem Beistelltisch der große kupferne Aschenbecher stand. Er verpaßte ihn um etwa dreißig Zentimeter.
«Der Qualm ist schon schlimm genug», sagte sie, wobei sich ihre Stimme bedrohlich hob. «Du brauchst nicht auch das Haus noch zu versauen. Ich hab dir schon tausendmal gesagt …»
« Das reicht», sagte Grijpstra ruhig.
«Du hast dich schon wieder verspätet», sagte sie. «Willst du denn nie pünktlich sein? Ich hab die Kartoffeln gebraten, die von gestern übriggeblieben waren. Es sind noch einige in der Pfanne. Möchtest du sie?»
«Ja», sagte Grijpstra, «und etwas Brot. Und mach eine Kanne Kaffee.» Seine Stimme war leise, sie schaltete das Licht im Korridor an, um sein Gesicht sehen zu können.
«Du bist sehr blaß. Du bist doch nicht etwa krank?»
«Ich bin nicht krank.»
«Du siehst krank aus.»
«Ich bin krank von meiner Arbeit», sagte Grijpstra und blieb stehen. Seine Arme baumelten kraftlos herab, die Wangen waren schlaff. Das aufgedunsene Gesicht seiner Frau verzog sich zu einem Lächeln, das man vor zwanzig Jahren hätte mitleidig nennen können.
«Geh und rasier dich, Henk», sagte sie. «Du fühlst dich immer besser, wenn du dich rasiert hast. Ich hab gestern ein neues Stück Seife geholt, und es ist auch ein Päckchen Rasierklingen da, das ich hinter dem Nachttisch gefunden hab. Sie sind extrascharf. Es ist die Marke, die wir vor ein paar Tagen nicht bekommen haben, als wir im Supermarkt waren.»
«Ah», sagte Grijpstra. «Gut. Ich bin in zehn Minuten fertig.» Er beobachtete, wie sie in die Küche watschelte.
«Schrecklicher Fettklumpen», sagte er, als er die Badezimmertür öffnete. Er lächelte.
«Ah, da bist du ja», sagte Mevrouw Cardozo, als ihr Sohn in die Küche kam. «Hast du das Geld auf der Wache abgeliefert?»
«Ja, Mama.»
«Haben sie es gezählt?»
«Ja, Mama.»
«War alles da?»
«Ja, Mama.»
«Zum Abendessen gibt es Fisch und rote Beete.»
«Bah!» sagte Cardozo.
«Dein Vater mag das, und wenn es gut genug für ihn ist, sollte es auch gut genug für dich sein.»
«Ich hasse rote Beete. Hast du nichts anderes? Einen guten Salat?»
«Nein. Hattest du einen guten Tag?»
«Wir haben versucht, einen Mann festzunehmen, der einen Bulldozer fuhr, aber er wurde von einem Schaufelbagger geköpft.»
«Erzähl keine Märchen. Du weißt, daß ich es nicht mag, wenn du Märchen erzählst.»
«Es ist wahr. Morgen wird es im Telegraaf auf der Titelseite stehen.»
«Ich lese den Telegraaf nicht», sagte seine Mutter. «Geh und wasch dir die Hände. Dein Vater wird jeden Augenblick kommen.»
Cardozo wusch sich die Hänge im Ausgußbecken in der Küche. Seine Mutter
Weitere Kostenlose Bücher