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An den Rändern der Zeit (German Edition)

An den Rändern der Zeit (German Edition)

Titel: An den Rändern der Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Ippensen
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auf Ebene 24 auf die Nerven. Was soll’s , dachte Lara
und holte tief Luft, denn diesmal werde ich eben nicht kurz in der
‚Rumpelkammer der Rekorde‘ zwischenlanden und dann eine neue Omega-7-Ebene in
Angriff nehmen – sondern ich werde woanders landen. Ganz woanders.
    Sie sprang.
     
    *
     
    Es war ihre Idee gewesen, das Gerät in einem Fön zu
verstecken. Und das hatte sich bewährt. Varian war nicht paranoid, aber er
durchsuchte die Räume unter der Garage trotzdem regelmäßig nach Wanzen. Den Fön
jedoch hatte er noch nie auseinandergenommen – er war zu groß; niemand würde
ein Abhörgerät in einem derartig auffälligen Gerät verstecken.
    Casimiria lächelte still vor sich hin, während sie den
Haartrockner öffnete, und sie wollte gerade ihr Signal in den winzigen Touch-Crystal-Screen
eintippen, als der Empfänger sich bereits mit einem feinen Klingeln meldete –
zu zart, als dass Varians Ohren es hätten vernehmen können. Ohnehin benutzte er
den Fön nur selten. „Macht die Haare kaputt“, behauptete er.
    Gedankenübertragung, dachte Casimiria nun und
berührte leicht die Empfang-Taste – diese war nur stecknadelkopfgroß und
funkelte weiß, so dass sie sich von dem blau schimmernden Daten-Diamanten, in
den sie eingelassen war, gut abhob. Gedankenübertragung zwischen Angehörigen
der gleichen Sippe. SIE mochte solche Äußerungen nicht, das wusste
Casimiria, und SIE konnte dies auch sehr deutlich und mit ätzendem Sarkasmus
ausdrücken. Was aber Casimirias warmherziger Bewunderung keinen Abbruch tat,
zumal sie sich von IHR mehr geachtet und respektiert fühlte als von Varian, den
sie verrückterweise liebte.
    Im hell gekachelten Bad, wo der Fön – jetzt
auseinandergenommen – auf seiner Ablage ruhte, befand sich auch eine besonders
schöne kaskadengleiche künstliche Pflanze, mit der Casimiria manchmal redete.
Sie hütete sich, Varian etwas davon zu sagen, denn er war sehr begabt darin,
sich auf schneidende Weise darüber lustig zu machen. Was mich nun einmal
immer an den Zirkus erinnert. An die Besucher, die mich anstarrten, mit dem
Finger auf mich zeigten … Eigentlich war ihr lieber Junge viel zu normal,
um ein solches Randexistenzleben zu führen. Aber da war dieser rastlose Funke
in ihm. Der ihn zweifellos auch damals zu mir gezogen hat, in den Zirkus …
dieser Funke war es, der ihn mich retten ließ. Und trotzdem … warum sucht er
sich nicht ein harmloseres Hobby – virtuelles Golfspiel zum Beispiel, oder das
Züchten schwarzweiß gestreifter Mäuse? Die gelten ja nicht als Haustiere, die
könnte ich halten, aber ich mag keine Nager.
    „Ich lege gar keinen Wert darauf, meine schlechten
Seiten zu kennen“, hatte Varian einmal in einer seltenen, erlesenen Stimmung zu
ihr gesagt. „Es genügt mir vollkommen, dass du sie alle kennst. Mit Vor- und
Nachnamen, nicht wahr? Mein Unter-der-Garage-Schatz.“ Und er hatte sie geküsst
und hinzugefügt: „Vermutlich weißt du sogar ihre Adressen.“
    „Samt Hausnummern“, hatte Casimiria erwidert. Ja, sie
liebte Varian. Weder ihr Gewissen noch ihr logisches Denkvermögen hatten dabei
auch nur ein Mitspracherecht. Stumm zuckten beide mit den Achseln und hielten
sich raus.
    Meinetwegen könnten es auch gepunktete oder
karierte Mäuse sein.
    In Bruchteilen von Millisekunden waren all diese
Gedanken durch sie hindurchgerast, als sie auf den Empfangskristall in jenem
genialen Rechnerdiamanten drückte.

Abschnitt 7
     
    Es war, als würden tödliche Edelsteinsplitter in ihrem
Hirn feststecken.
    Cathy?, flüsterte B.C. in den Geheimzungen. Sie
hatte ihren beringten rechten Daumen nah an den Mund geführt; es sah aus, als
ob sie ihn küsste. Ein paar intuitive Berechnungen, den FEHLER betreffend,
hatten ihr vor wenigen Minuten eine unglaublich bittere Erkenntnis eingebracht,
und sie klammerte sich an die einzige kleine Chance, die noch Rettung verhieß.
    Sag mir eins und versuch – bitte – die Empathie im
Zaume zu halten? Ist dein Lover, dieser Varian, heute etwa zu einem Trip
aufgebrochen?
    Die Geheimzungen waren am ehesten mit Walgesängen zu
vergleichen, und dabei gab es ganz individuelle Ausdrucksmöglichkeiten. B.C.s
Stimme ließ Casimiria an einen alten, narbigen Wal denken, einen Einzelgänger.
Ihr Gesang war stets rau und düster.
    Ab und an hatte Casimiria Varian eine Reise ausreden
können, so dass er den Zug nicht benutzt hatte. Den verdammten Zug, der niemals
ein Zug hatte werden sollen. B.C.s wunderbare Erfindung, pervertiert vom

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