Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

Titel: An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Ippensen
Vom Netzwerk:
ich.
    Halblautes Gemurmel setzte ein, der Versammlungsrat tauschte sich aus.
    Endlich erklärte der Psychotechniker: „Nun gut. B.C. soll lebend, aber wehrlos in die Zentrale gebracht werden. Wir stimmen diesem Verfahren zu.“
    Sieg!
    „Sehr gut“, sagte Sujetta freundlich. „Und um euch vollends zu beruhigen: Eliminieren können wir sie immer noch, falls es notwendig werden sollte. – Kommen wir nun zu den anderen Punkten auf der Tagesordnung …“
    Alsdann ging es nur noch um Verwaltungsinterna, Umorganisation und dergleichen, damit die ZSW weiterhin reibungslos lief wie ein optimal konfigurierter Computer. Dies zog sich endlos und zäh hin, und nach fünf Stunden waren alle Anwesenden derart erschöpft, dass niemand Lust hatte, das auch noch zu diskutieren, als Sujetta leichthin verkündete, dem fähigsten Gardisten Charlie ein zweites Abzeichen zu verleihen. Müdes beipflichtendes Murmeln war die einzige Reaktion der Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer.
    „Dann sind wir jetzt fertig“, verkündete die uralte Frau mit einem strahlenden Lächeln.
    Sie und Eric blieben allein in dem ovalen Raum zurück, und er sagte zweifelnd: „Meinst du wirklich, dass das klug ist? Ihn nach so kurzer Zeit derart auszuzeichnen? Wird das nicht böses Blut bei den anderen Gardisten …“
    „Unsinn, Eric“, schnitt sie ihm das Wort ab, „es ist sehr viel wichtiger, ihn noch loyaler werden zu lassen, sonst …“ Sie hob bedeutungsvoll die Brauen.
    „Hm, ich verstehe“, sagte er, wobei seine gelblichen Finger in seinem Spitzbart wühlten, „ich habe auch bemerkt, dass er ein wenig ZU intelligent ist. Er sollte nicht einmal daran denken WOLLEN, überzulaufen. Also gut. Aber was hältst du davon, wenn ich trotzdem den guten Buzz bitte, ihn im Auge zu behalten und ihn notfalls zu liquidieren? Als kleine Zusatzversicherung sozusagen.“
    „Ein guter Einfall“, lobte Sujetta. „Buzz ist der Richtige dafür. Er war Charlies Mentor und ist nun sein Laufjunge. Neid lässt sich nicht völlig unterdrücken – aber für unsere Zwecke ausnutzen.“
    Eric entfernte sich ebenfalls, und die Vorsitzende der ZSW gestattete sich ein erleichtertes Seufzen. Es war eine sehr erfolgreiche Konferenz, dachte sie. Als sie aufstand, wirkte sie geradezu verjüngt.

Abschnitt J
     
    Die Sonne war untergegangen.
    Wie zwei Krieger nach einer kräftezehrenden, gewaltigen Schlacht, so saßen sich Chandra und B.C. im Wohnbereich gegenüber.
    Chandra hatte versucht, sich zu erfrischen, wusste aber, dass sein Gesicht noch immer grau und eingefallen aussah. Er zog die silberdurchwirkten Vorhänge vor das Panoramafenster und ging langsam zu seinem Sessel zurück.
    „Harter Tag“, stellte B.C. fest. Es war ungewöhnlich, dass sie als erste das Wort ergriff, und Chandra horchte auf.
    „Wohl wahr“, seufzte er, „und es sieht nicht so aus, als ob es morgen leichter werden würde.“
    „Diesen Dialog könnten wir bereits seit einem Jahr geführt haben, oder? – Und in einem Jahr wird es auch nicht anders sein. Nicht in zwei, nicht in fünfzig …“ B.C. sprach ruhig und sachlich, aber ihre abgründige Müdigkeit war überdeutlich hörbar. „Mir kommt es so vor, Chandra, als wollte ich einen kilometerlangen Sandstrand freischaufeln – mit einem Teelöffel. Oder als würde ich versuchen, einen Dammbruch zu verhindern – mit einem Finger meiner Hand. Oder …“ Sie verstummte wieder.
    Chandra wünschte sich, er könnte ihr etwas Aufmunterndes, Gutes, Anfeuerndes sagen, doch ihm fiel nichts ein. Die Erschöpfung höhlte ihn aus.
    „Die Sanierungsarbeiten in der T-Zone wurden wieder aufgenommen“, sagte er schließlich mit flacher Stimme.
    „Das ist gut.“ Sie nahm einen Schluck Kaffee, mit schwarzem Johannisbeersaft versetzt, aus dem großen Becher, der vor ihr auf dem Tisch stand.
    Auf einmal legte ihr Sekretär und Vertrauter seine braune Stirn in gereizte Falten, und er fing an: „Es liegt mir fern, Sie kritisieren zu wollen, Generalin, aber …“
    Sie unterbrach ihn, müde belustigt. „Chandra, Chandra ... wann immer du das zu mir sagst, meinst du in Wahrheit: ‚Es ist absolut erforderlich und notwendig, Sie zu kritisieren.‘ Man kann es mit der Diplomatie und Höflichkeit auch zu weit treiben, weißt du. Sprich, mein Freund.“
    „Sie wissen, dass alles mit allem zusammenhängt, und doch handeln Sie oftmals nicht danach. Als Sie damals die verseuchte Zone außerhalb der Stadt reinigten, lockten Sie damit die Flüchtlinge an.

Weitere Kostenlose Bücher