Analog 2
geschickt. Es müssen stationäre Objekte gewesen sein.“
„Damit haben sie das Schwerkraftproblem gelöst“, platzte Randy heraus. „Sie schickten etwas, daß sich in uns rematerialisieren sollte! Und das haben sie während der Zeitspanne irgendwie bewegungslos halten können, bewegungslos über unseren Stühlen hängend, bis es wieder auftauchte. Mitten in Jay. Auf die leeren Sessel fallend.“
„Ja. Der Holzstuhl wurde bewegt, deshalb sprang es in ihm zurück in seine Phase. Es hat ihn umgerissen.“
Meine erste Reaktion war ein ehrfürchtiger Schrecken. Es ließ mich erschauern. Ich war völlig fertig. Das Unmögliche war möglich, es gab keine andere Erklärung. Dann war ich furchtbar sauer darüber, daß sie zuerst darauf gekommen waren und wir in unserer Beschränktheit nur an Kugeln dachten. Dann fühlte ich mich schuldig, weil ich über all dies nachdachte, ohne Schrecken vor den Konsequenzen, ohne Trauer um Jay. Wir sind so, wie wir eben sind. Ich vermute, deshalb glaubte Randy an die Unausweichlichkeit von Waffen. Und deshalb kämpfte er dagegen an.
„Sie haben also eine Waffe. Eine, die funktioniert“, sagte Tim, der sich etwas beruhigt hatte.
Randy nickte, und sein schweißgebadetes Gesicht glänzte in der Glut des brennenden Hauses. „Sie haben ihre Waffe, und wir haben unsere – verflucht, die Unterlagen!“ Erschreckt drehte er sich nach Keane um, der ihm mit einem Stapel Blätter in der Hand beschwichtigend zuwinkte.
„Machen Sie sich keine Sorgen“, sagte er. „Ich denke genau wie Sie. Ich habe zum Glück vor Angst nicht durchgedreht. Das ist nämlich alles, was wir haben. Alles, was wir haben“, wiederholte er leise.
Randy blickte ihn lange an, dankbar, wie es schien. „Ja“, meinte auch er, „alles, was wir haben. Unsere Waffe.“
Ich starrte ihn an und weiß wirklich nicht mehr, was ich in diesem Augenblick fühlte.
Nachdem wir uns wieder einigermaßen gefaßt hatten, verschwanden wir über eine Seitenstraße. Zu Fuß, Keane ist niemals mehr in die Nähe seines Wagens gegangen.
Es gibt nichts mehr, was ich ihnen erzählen könnte, außer, warum ich all dies aufgeschrieben habe. Jeder kennt die darauffolgenden Ereignisse: weltweite Tests an Zeitwaffen, Verkäufe an alliierte und neutrale Staaten, die Wiederauffrischung der Ängste aus den vierziger und fünfziger Jahren. Das neue Gespenst der Phantomsoldaten und noch Schrecklicherem, das aus dem Nichts auftaucht.
Was uns angeht, so leben wir immer noch im Untergrund und testen uns den Arsch ab. Die lachhafte Simplizität der Anti-Grav-Vorrichtung war schwerer zu verdauen als die Schmach, lediglich Zweiter bei ihrer Entdeckung zu sein. (Natürlich, es wurde streng geheimgehalten, aber Keane tüftelte das Prinzip anhand von Hinweisen aus, die in die wissenschaftlichen Fachzeitschriften durchsickern konnten.)
Wir haben uns alle ein wenig verändert: Tim ist ruhiger geworden, Keane verbissener und Randy reizbarer. Unser Ziel ist noch immer dasselbe: das Erstellen von Daten zur Entwicklung einer Magnetvor richtung, die Zeitmaschinen unbrauchbar macht. Komisch, daß gerade ich daran arbeite. Zeitmaschinen waren meine Leidenschaft. Mein Spielzeug.
Ich hoffe jedenfalls, daß dies noch immer unser Ziel ist. Wissen Sie, wenn die Sache einmal klappen sollte, so ist es leicht möglich, jeden Angriff sozusagen um hundertachtzig Grad umzukehren, so daß er also keinen Zeitsprung macht. Er bleibt beim Angreifer. Eine Bombe zum Beispiel. Randy kam darauf.
Ob ich mich verändert habe? Ich weiß nicht. Ich tue immer noch meine Arbeit. Deshalb schreibe ich dies nieder. Ich bin kein Hobby-Geschichtsschreiber. Allerdings stimme ich mit Keane darin überein, daß die Nachwelt in bedrohlichen Zeiten Zuversicht braucht. Ich will ein wenig von dieser Zuversicht vermitteln können. Vielleicht werden sie sich nicht so bald erfüllen, aber ich habe sie, die Hoffnungen. Wir alle haben sie. Auf jeden Fall wollen wir uns mit unseren Aufzeichnungen nur gegen den wenden, der die Zeitreise erfunden hat.
Es wird noch eine Weile dauern, bis wir uns an die Öffentlichkeit wagen können, falls überhaupt; vorher wird dies natürlich keiner zu lesen bekommen. Erst wenn wir uns der Sache sicher sind. Wir wünschten, der Rest der Welt könnte wissen, woran wir arbeiten, damit man wie wir erkennt, daß es immer noch Grund zur Hoffnung gibt.
Was die anderen angeht – Himmel, wir nennen die Feinde immer „die anderen“ –, so wissen sie, daß wir nicht
Weitere Kostenlose Bücher