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Analog 3

Analog 3

Titel: Analog 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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mir ziemlich gut.
    Lindquist, dessen Sessel bereits nach hinten geneigt war, fiel mit einem Krachen um. Tom Case zuckte zum Lastwagen zurück. Narowitz ließ sein Coke fallen, und Gamble hustete heftig von dem verschluckten Sprite.
    „Mutter Gottes!“ rief George aus und schlug eilends ein Kreuz. Narowitz klopfte Gamble auf den Rücken, und Case half einem im Gesicht rot gewordenen Lindquist auf die Beine.
    Leslie setzte sich im Sessel zurück und konnte sich vor Lachen nicht halten.
    „Hat jemand Ihr Bein behandelt?“ fragte ich Narowitz, als Leslies schallendes Gelächter in einem unterdrückten Kichern erstarb. Lindquist war im Lastwagen verschwunden, um seine umherirrenden Krieger zurückzurufen.
    Narowitz lächelte bedächtig. „Ich glaube, ich habe gar nicht mehr daran gedacht.“
    Ich kniete nieder und schob den ausgefransten Stofflappen zurück. „Lassen Sie es in warmem Seifenwasser weichen. Ich nehme an, Sie wurden erst kürzlich gegen Tetanus geimpft?“
    „Ja.“
    „Gut.“ Ich stand auf und blickte Case an. „Tom, gehen wir spazieren.“
    Erinnerungen aus den Sälen des Wahnsinns: Erinnerungen an diesen Mann – an Tom Case.
    Er war ein graduierter Student, der in Brentwood seine Dissertation schrieb. Ein paar solcher Studenten trieben sich herum, führten mit den Patienten Tests durch und versuchten die Schwestern zu verführen. Die Anstaltsärzte betrachteten sie als etwas, mit dem man sich abfinden mußte, und vergnügten sich damit, ihre empfindlichen Egos zu durchlöchern. Die Angestellten hatten eine besondere Abneigung gegen Case.
    Einmal in der Woche spielten wir Schach, und obwohl wir gleichwertige Spieler waren, gewann ich die Mehrzahl der Partien.
    „Warum verliere ich so oft?“ fragte er einmal, mehr sich als mich.
    Ich war damit beschäftigt, die Figuren für die nächste Partie aufzustellen. „Der Grund Ihres Verlierens ist einfach: Sie schenken mir zuviel Aufmerksamkeit und meinen Figuren zuwenig.“
    „Ich bin Psychologe, verdammt noch mal! Ich kümmere mich um Menschen.“
    „Und Sie verlieren Schachpartien, die Sie nicht verlieren sollten.“
    Er eröffnete mit Ruy Lopez.
    „Wie verhindere ich es? Wenn ich wüßte, wann meine Aufmerksamkeit abgelenkt wird, wäre ich imstande, es abzustellen. Es fällt mir aber augenscheinlich nicht auf.“
    „Haben Sie schon versucht, sich eine Schnur um den Daumen zu binden? Überhaupt, wer ist denn hier der Patient?“
    Mitten in einem Bauernabtausch sagte ich: „Sie tun es schon wieder.“
    Er erstarrte, die Hand halb über dem Brett. „Sie haben recht, aber woher wissen Sie es?“
    „Sie würden mir nicht glauben, wenn ich es Ihnen sagte. Lesen Sie meine Akte.“ Ich griff seine Königin an. „Hören Sie zu starren auf. Es tut weh und kostet Sie eine weitere Partie.“
    Am nächsten Tag kam er mit einem Kartenspiel und einer Trefferliste zu mir ins Zimmer. Die Karten bestanden aus Kreisen, Quadraten, Sternen, Dreiecken und Wellenlinien. Es war ein Test für mein außersinnliches Wahrnehmungsvermögen. Ich scheiterte kläglich.
    „Sie verschwenden Ihre Zeit, Mr. Case. Ich bin bloß einer von diesen Paranoikern, die sich einbilden, sie wüßten, wenn Leute sie beobachten. Was Sie brauchen, ist ein zweiter Edgar Cayce.“
    Eine halbe Stunde später war er zurück. „Legen Sie bitte mir zuliebe diese Augenbinde an, Johnny.“
    Ich betrachtete die Binde mißtrauisch. „Warum?“
    „Seien Sie kein Zyniker. Legen Sie sie an.“ Er prüfte, ob sie gut saß. „Was spüren Sie?“
    „Was meinen Sie?“
    „Etwa … wie viele Menschen beobachten Sie?“
    Ich erwiderte ohne zu zögern. „Drei. Sie, jemand auf der anderen Seite der Beobachtungswand und jemand außerhalb des Fensters.“ Ich riß mir die Binde ab. „Verschafft es Ihnen Vergnügen, mit geistig Kranken Ihr Spielchen zu treiben? Bitte verschwinden Sie aus meinem Zimmer, bevor ich einen Arzt rufe und mich beschwere.“
    „Regen Sie sich nicht auf, Johnny.“
    „Verduften Sie. Es ist mir gelungen, mir in diesem Höllenloch ein sicheres, privates Nest aufzubauen, und Sie verderben alles. Ich mag Menschen, die starren, nicht! Verschwinden Sie! Fort mit Ihnen!“
    Er verließ mein Zimmer. Zwei Tage später verließ er Brentwood nach einer heftigen Auseinandersetzung mit den Ärzten. Er kam nicht mehr zurück.
    Wir saßen im Schatten einer schrägen Felsplatte und sahen zu, wie das alte Flußbett neuerlich austrocknete. Ich fragte mich, wie oft im Jahr es Wasser in das

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