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Analog 6

Analog 6

Titel: Analog 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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diesem Abend sah ich ihn noch einmal. Die Handwerksmeister der Insel wurden vorgestellt. Sie drängten sich alle nach vorne, um meine Kleidung, meine dunkle Haut und meine hoch angesetzte Nase zu untersuchen. Er allein aber hielt sich abseits. Er beobachtete mich kurz durch die Menge, drehte sich dann um und ging in einer einstudierten Geste. Sein weißer Sarong verlor sich im Schatten. Vekkar, der Ratsvorsitzende, folgte meinem Blick.
    „Karnev“, sagte er selbstgefällig, als kenne auch er Geheimnisse, von deren Existenz ich nichts wußte. „Das ist die Hebamme der Schiffe. Der Mann ist alt.“
    Vekkar, der den Befehl über zweihundert niedrige, dunkle Gebäude hatte, die in der Sonne der Küstenebene brieten, sah selbst aus wie ein dunkles Gespenst, während er mich durch eine weitere gewundene Straße führte. Er war zu dick und bunt gekleidet, und auf seinem Kopf saß ein Hut, der mich überragte. Seine dürftig bekleideten Freunde, der Rest einer entstehenden Bürokratie, liefen laut hinter uns her.
    Sie waren nicht das, was man mir an der Akademie über Politik beigebracht hatte, aber deshalb war ich ja hier. Ich sollte die Grenzen dessen kennenlernen, was eine Akademie lehren kann und was sie lehren soll. Es war mein erster Test im Feld.
    Wir ließen die Stadt hinter uns und gingen stetig weiter nach Norden an der Küste entlang. Weit draußen zeigten die umgekehrten Dreiecke der Katamaran-Segel, wo die Fischgründe lagen. Links von uns zerteilten unregelmäßige Felder, glänzend von neuen Keimen, die Ebene zwischen uns und den vulkanischen Bergen im Osten.
    Die Äquatorsonne hing schwer am Himmel. Wir ruhten uns in den zahlreichen schattigen Stellen aus und erreichten endlich eine kleine, waldbedeckte Halbinsel, die flach unter einem Rauchschleier lag. Unser Weg führte uns in aromatisch duftenden Wald, und wir kamen vor Karnevs Haus wieder heraus.
    Die auffliegenden Vögel hatten ihn vorgewarnt, und er wartete auf uns.
    „Hallo, Freund“, sagte Vekkar.
    „Hallo, Freund“, antwortete er kurz. Vekkars Gefolgschaft begrüßte er nicht. Auch mir schenkte er keine Beachtung. Das lange, weiße Gewand war verschwunden, und an seiner Stelle trug er eine dunkle Lederschürze. An seinem Gürtel hingen Werkzeuge.
    „Ich arbeite, Ratsvorsitzender. Warum bin ich von dir gestört worden?“
    Ehrende Sprache braucht nicht unfreundlich zu klingen. Vekkar wurde zornig.
    „Handelaston hat den Wunsch ausgesprochen, mit dir zusammenzutreffen“, schnappte er.
    „Nach welchem Recht bin ich seinetwegen gestört worden?“
    „Nach dem gleichen Recht, nach dem du von mir gestört werden darfst.“
    „Nach dem gleichen Recht!“
    Karnev hob seine zornigen Augenbrauen. Langes Kauern hatte seine Beine krumm werden lassen, aber er bewegte sich nicht ungeschickt. Er trat nahe an mich heran und sah mich an. Er fing damit bei meinem Gesicht an und arbeitete sich bis zu meinen Händen herab. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht.
    „Was haben Sie getan?“ fragte er unpersönlich.
    Er starrte mir voll ins Gesicht, was Gleichberechtigte hier nicht tun. Ich aber wandte mich nicht ab, wie ich das hätte tun müssen. Statt dessen erwiderte ich seinen Blick direkt, als hätte er mir nichts gesagt.
    Er trat einen Schritt zurück, und wir sahen uns vorsichtiger an. Er bemerkte so deutlich wie ich, daß eine in seiner Kultur deutliche Geste falsch gedeutet worden war. Von Angesicht zu Angesicht berührten sich unsere Welten und damit auch unsere Werte nicht.
    Vekkar aber stand mit beiden Beinen fest in Kattar. Karnevs Beleidigung war vorsätzlich gewesen und konnte nicht ignoriert werden.
    „Dieser Mann ist von den Sternen hergebracht worden!“ rief er in offizieller Sprache. „Nach diesem Recht bist du gestört worden.“
    Karnev sah ihn scharf an.
    „Was bedeutet es, wenn man von den Sternen hergebracht wird?“
    „So wie du der einzige Schiffsbauer bist und ich der einzige Ratsvorsitzende, so ist Handelaston der einzige Mann, der von den Sternen hergebracht worden ist. Das bedeutet es, von den Sternen hergebracht zu werden!“
    „Vielleicht wird dort, wo er herkommt, jeder von den Sternen hergebracht.“
    Das konnte Vekkar nicht verstehen. „Er soll der einzige sein!“ wiederholte er wütend. Karnev zuckte die Achseln. Unser Blickwechsel hatte ihn verwirrt, und deshalb zog er sich auf sichereren Boden zurück.
    „Er ist Gast des Ratsvorsitzenden. Als der Gast dieses Mannes wird er von mir begrüßt

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