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Analog 6

Analog 6

Titel: Analog 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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mich herum heran und stellte Verbindungen zu allem her, was mir auf dieser neuen Welt unter die Augen gekommen war.
    Wenn ich auf einer so einfachen Ebene meinen Platz nicht finden konnte, wenn ich in einer so unkomplizierten Gesellschaft wie der Kattars meine Identität nicht fand, wie konnte ich dann jemals hoffen, in den unendlich komplexen Verbindungen unserer riesigen Konföderation bestehen zu können? Wie könnte ich Urteile fällen, von denen ganze Planeten betroffen waren, wenn mir der Mut noch fehlte, ein Urteil über mich selbst zu fällen?
    Ich sage, daß ich darüber Überlegungen anstellte, aber damit springe ich mit mir selbst zu sanft um. Als ich den geschwungenen Rumpf meines Schiffs verschloß, ging es bei dem Problem für mich nur um Stolz. Ich würde Karnev dazu zwingen, mich zu respektieren, so sagte ich mir. Ich würde ihn dazu bringen, in mir das zu sehen, was ich wirklich war.
    Wie konnte ich wissen, daß ich nicht die Niederlage zu fürchten hatte, sondern den Sieg?
    Ich ließ mich im Lee meines Schiffs nieder, reffte die Segel und ruderte zur Luftschleuse. Ein schriller Wind blies von dem leeren Himmel herab und trieb Schaum gegen geschwungenes Metall. Ich zögerte, und meine Aufmerksamkeit wurde von der beweglichen Lücke zwischen Eingang und Dollbord eingefangen. Dann sprang ich hinüber. Das Skiff bäumte sich auf, fing den Wind ein und schlug wieder gegen den Metallsprung.
    Der Horizont schwang als kaum sichtbare Verflechtung von Blau mit Blau in die Lukenöffnung und verschwand wieder daraus. Ich trat in die Dunkelheit meiner Behausung ein, ohne das bewußt wahrzunehmen.
    Nach einer Abwesenheit von so vielen Wochen hing mein Schiff über der Grenze zwischen Vertrautheit und Fremdheit. Reihen von bunten Instrumenten starrten mich an, Plastikzähne grinsten unter flachen grünen Schirmen. Ich brauchte Minuten, um meinen alten Platz wiederzufinden, um die Verbindung zwischen meiner sonnengebräunten Person und dem Ich wiederherzustellen, dessen Kopf in den Flughelm gepaßt hatte, der matt auf seinem Gestell glänzte, dessen Körper sich mit den Sternen vereinigt hatte. Eine unsaubere Naht machte sich unbequem bemerkbar, als ich mich vor das Computerterminal setzte.
    Meine Finger senkten sich über die Tasten, und die Trennung verschwand. Der Verbindungspunkt zwischen Plastik und Fleisch verlor sich, das Schiff schien durch meine Adern zu fließen, ich war das Schiff, das Schiff war ich, als ich das Gehirn meines Ernährers anzapfte und er mein Ziel übernahm.
    EINSPEISUNG
    Meine Finger rollten in kontinuierlicher Bewegung
    KONSTRUKTIONSPROBLEM
    und wurden durch meine Gedanken nicht unterbrochen,
    OPTIMALE SCHIFFSRUMPFKONSTRUKTION INNERHALB FOLGENDER PARAMETER
    die über die Nervenbahnen und die Muskeln in seine Zentren flossen.





Alles mußte berücksichtigt und nichts durfte ausgelassen werden. Dichte des Wassers, die Höhe der Wellen. Der Fluß des Wassers bei verschiedenen Geschwindigkeiten. Das Schiff reagierte langsam auf meine Aufträge, Leitungen erwachten in Paneelen zum Leben, die weit von der Tastatur entfernt waren, plötzliches stakkatoartiges Geplapper unterbrach Atmung und Gebläse, und zu all dem gehörten, nur von den Sohlen meiner Füße und dem leichten, belanglosen Fluß in meinem Mittelohr registriert, die Bewegungen des Schiffs selbst, das auf den ewigen Wellen des Meers ritt.
    Das Programm nahm seinen Lauf, erreichte seinen Höhepunkt, erstarb. Stille senkte sich über den Kontrollraum. Einen Augenblick lang hielt ich den Atem an, duckte mich unter dem langsamen Röhren der Ventilatoren und spürte wieder jene kolossale Bewegung des Ozeans. Dann schüttelte ich den Kopf und ging in den Maschinenraum.
    Dort drückte ich meine Finger wieder auf eine Tastatur.
    HERSTELLUNG
    Die Maschinen traten summend in Aktion, und ich ließ sie allein gewähren. Ich ging zurück zum Luk und sah nach meinem Boot. Es war natürlich noch immer da, und der bewegliche Graben zwischen seinem Dollbord und der nassen Biegung meines Schiffs schien unüberbrückbar.
    Ich aber hatte ihn überbrückt, zum Guten oder Schlechten.
    Ich kauerte mich in der Tür nieder und verwendete dabei unbewußt den Stil der Eingeborenen. Mein Blick ruhte auf der leuchtend blauen Bewegung des Horizonts. Die Sonne beleuchtete Brecher bis zum Rand ihrer Existenz. Unter mir baute mein Schiff seinen Rumpf. Ich dachte darüber nach, sah in Gedanken Karnevs behauenen Mahagony-Klotz, jenseits der unendlich zärtlichen

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