Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Analog 6

Analog 6

Titel: Analog 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
Wahrscheinlichkeit bis zu dem Glaubensstifter zurückführte, und das war nur der Anfang. „Wir glauben also, daß Sie sein Nachkomme sind“, erklärte Sorrel dem Rosaner, den Schicksal und Technologie ausgewählt hatten. „Wir wollen Sie hypnotisieren und dann eine komplette Gedächtnisanalyse anstellen, um seine Erinnerungen wiederzuerwecken.“
    Der Rosaner schwoll förmlich an vor Stolz. „Gern würde ich seine Erinnerungen besitzen“, sagte er versonnen. „Können Sie das wirklich tun? Ich wußte gar nicht, daß ich mich so weit zurückbesinnen kann.“
    Sorrel schnitt eine Grimasse. „Nun, da sprechen Sie ein Problem an. Sehen Sie, wir können es schon, aber Sie selbst werden keine Erinnerung daran haben. Wenn Sie der Gedächtnishypnose zustimmen, dann werden Sie den Rest Ihres Lebens hier in Trance verbringen. Das gleiche gilt für Ihre Kinder und deren Kinder, aber in einigen Generationen werden wir wissen, ob sich die Computer nicht geirrt haben und ob der Glaubensstifter tatsächlich der Gründer Ihrer Familie war.“
    Der träumerische Ausdruck war aus dem Gesicht des Rosaners verschwunden. „Es muß sehr wichtig sein.“
    „Wichtiger, als ich sagen kann.“
    Der Rosaner seufzte. „Was kann es Edleres geben, als sein Leben dafür zu opfern, daß der Schreiber des Glaubens mit seinem ersten Schüler wieder vereint wird, der Vater mit dem Sohn. Wir wollen beginnen.“
     
    Also begannen Sie. Schicht für Schicht von rosanischen Persönlichkeiten wurde von Sorrels geduldigen, aber unerbittlichen Fragen abgetragen. Doch mit jeder Schicht stieß er auf zwei Bluteltern, zwei Vorfahren und zwei weiteren möglichen Wegen zu Prim Sol. Bald konnte Sorrel nicht mehr alle Eltern untersuchen. Er und Wandra mußten sich auf versteckte Hinweise der rosanischen Computer und der rosanischen Gehirne verlassen. Mit diesen Hinweisen kämpften sie sich durch, sie rieten, wägten ab und schlugen auf der Suche neue Pfade ein.
    Und die hilfreichen Kinder des Rosaners kamen zu ihnen, sie blieben, wurden alt und starben. Obwohl die Rosaner freiwillig kamen und nur selten einer unter ihnen war, der sein Schicksal beklagte, wuchs mit jedem Kind und Kindeskind die Last von Sorrels Schuld. Jeden Tag schimpfte sich Sorrel einen Narren. Hätte er den Preis für diese Suche wirklich gekannt, bevor sie begann, dann hätte er niemals damit begonnen, das sagte er immer wieder. Wandra stampfte dann mit dem Fuß auf und sagte ihm, daß er sich nicht so quälen solle, und sie tröstete ihn und versuchte ihn davon zu überzeugen, daß es nun zu spät für eine Umkehr sei, daß sie sonst die Leben der Rosaner verschwendet haben würden, die sich freiwillig gemeldet hatten.
    Und schließlich erreichten sie die Zeit der Erkenntnis , und ein sterbender Rosaner öffnete die Augen und sagte voller Überraschung zu ihnen: „Ich erinnere mich.“
    Sorrel ging vor der Larvenstation auf und ab.
    „Du siehst aus wie ein erwartungsvoller Vater“, neckte ihn Wandra.
    „In einem gewissen Sinne bin ich tatsächlich ein Vater“, erwiderte er. „In diesem Sinne ist er meine Schöpfung, einmal, weil er sich dank meiner Arbeit zu seiner Stellung erheben konnte, und zum anderen, weil sich dieser Rosaner dank meiner Bemühungen an jene alte Zeit erinnert.“ Er blieb stehen. „Vielleicht könnten wir gemeinsam soviel Gutes tun“, murmelte er, „daß wir das Volk für alles Leid entschädigen können, das wir – jeder für sich – verschuldet haben.“
    Wandra seufzte. „Er sollte auf jeden Fall dazu fähig sein, etwas Besonderes zu leisten. Mit dem Blut von Or Sae Hi Tor, Dor Laff Toa Linn, Prim Sol Mem Brite und Sor Lai Don Shee in seinem Hirn vereint müßte er eigentlich ein Medaillon mit dem Abzeichen Supermanns tragen.“
    Das Tor öffnete sich, und ein neugeborener Rosaner trat hervor. Sorrel betrachtete ihn besorgt – für einen Rosaner, der direkt vom Blutfest kam, erschien er ihm sehr dünn. Würde sein Leben kürzer sein als gewöhnlich?
    „Sor Hi?“ Wandra ging einen Schritt auf das junge Wesen zu.
    „Ja“, antwortete der junge Rosaner. „Sie müssen Mensch Furenz sein.“ Er wandte sich Sorrel zu, und seine Stimme nahm einen ehrfürchtigen Klang an. „Und Sie müssen Mensch Everwood sein.“ Zögernd kam er ihnen entgegen. „Prim Sol hat immer gehofft, daß einer seiner Nachkommen Ihnen eines Tages begegnen würde.“ Er streckte den Arm aus, und die Blütenblätter auf seinem Unterarm streiften über Sorrels Unterarm.

Weitere Kostenlose Bücher