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Anansi Boys

Anansi Boys

Titel: Anansi Boys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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O b erlippenbart, aber keinem Filzhut auf den sich lichtenden Haaren.
    Der Alte zwinkerte, als er Charlies Bli c k begegnete. Es war nicht viel, a b er es r e ichte.
    Charlie ließ Luft in seine Lunge strömen, und dann be gan n e r z u singen . »Ic h bi n Charlie« , san g er . »Ic h bin A n ansis Sohn. Hört mein Lied. Ich will euch von meinem Leben singen.«
    Er sang für sie das Lied von e i nem Jungen, der ein halber Gott war und der entzweigebrochen wurde von einer alten Frau, die einen Groll h e gte. Er sang von seinem Vater, und er sang von seiner Mutter.
    Er sang von Na me n und Wör t ern, den Grundsteinen der Wirklichkeit, den W e lten, aus denen Wel t en entstehen, den Wahrheiten unterha l b dessen, was ist: Er sang vom gerechten Ende und von angemessenen Konsequenzen für diejenigen, die ihm und den Seinen Leid zugefügt haben würden.
    Er sang die Welt.
    Es war ein gutes Lied, und es war sein Lied. Manchmal war es mit Worten, aber manc h m al hatte es auch überhaupt keine Worte.
    Nach einiger Zeit begannen a ll die versammelten Wesen zu seinem Gesang zu klatschen und mit den Füßen zu sta m pfen und m itzusummen; Charlie hatte das Gefühl, ein Medium zu sein für ein großes Lied, das sie alle in sich aufnahm. Er sang von Vögel n , von dem Zauber, den ma n e m pfindet, wenn man hochbli c kt und sie im Fluge sieht, vom Schimmern der Morgensonne in einer Flügelfeder.
    Die Totemwesen t a nzten j e t z t, ein jeder nach seiner Weise. Die Vogelfrau tanzte den kreisenden Tanz der Vögel, m it zurückgeworfenem S c hnabel, die Schwanzfedern auffächernd.
    Es gab nur ein Wesen auf d e m Berg, das nicht tanzte. Tiger schlug m it dem Schwanz. Weder klatschte er, noch sang oder tanzte er. Sein Gesicht war lila verf ä rbt und sein Körper von Striemen und Beiß s puren übersät. Er war, behutsam einen Schri t t nach dem anderen setzend, die Felsen heruntergestapft, bis er in Charlies Nä h e angela n g t war.
    »Die Lieder sind nicht deine«, knurrte er.
    Charlie sah ihn an, und dann sang er von Tiger und von Grahame Coats und von all den e n, die Jagd auf Unschuldige m a chen. Er drehte sich u m : Spider sah ihn voller Bewunderung an. Tiger brüllte vor Wut, aber Charlie nahm dieses Brüllen, und er spann se i n Lied darum heru m . Dann wiederholte er das Brüllen, g e nau so, wie es vorher bei Tiger geklungen hatte. Oder genauer: Das Brüllen begann genau wie Tigers Brüllen, aber dann veränderte Charlie es, es wurde ein richt i g t r otteliges Brüllen daraus, und alle von den Felsen aus zuschauenden Wesen begannen zu lachen. Sie konnten nicht anders. Charlie ließ das trottelige Brüllen noch einmal hören. Wie jede wirklich gelungene Parodie hatte seine I m itation die Wirkung, das Nachgeah m t e unrettbar der Läc h erlichkeit zu überführen. Niemand würde je wieder Tigers Brül le n hören können, ohne zugleich Charlies Version des Brüllens m it z uhören. »Hört sich zie m lich trottelig an, das Brüll e n«, würde jeder sagen.
    Tiger kehrte Charlie den Bücken. Er sprang durch die Menge davon, sti mm t e dabei e i n neuerliches Brüllen an, was die anderen nur zu noch h e ftigerem Lachen bewegte. Tiger zog sich wütend in seine Höhle zurück.
    Spider gestikulierte m it d e n Händen, ein paar schnelle, schroffe Bewegungen.
    Ein Grollen war zu hören, dann stürzte der Eingang von Tigere Höhle ein. Spider schien zufrieden. Charlie sang weiter.
    Er sang d a s Lied von Rosie Noah und das Lied von Rosies Mutter; er sang ein langes Leben für Mrs. Noah und alles Glück, das ihr zustand.
    Er sang von seinem Leben, von ihrer aller Leben, und i n seinem Lied betrac h tete er das ihnen gemei n same Lebensmuster als ein Ne t z , in das eine Fliege hineingeplatzt war, und diese Fliege umwickelte er m it seinem Lied, stellte sicher, dass sie nicht entk o mmen konnte, und repar i erte das beschädigte Netz m it neuen Fäden.
    Und nun näherte das Lied sich seinem natürlichen Ende. Zu seiner nicht geringen Überraschung stellte Charlie fest, dass es ihm Freude machte, vor a nderen Leuten zu singen, und es wurde ihm in diesem Moment klar, dass es das war, wo m it er den Rest s e ines Lebens verbringen wollte. Er würde singen: Nicht die großen, magischen Lieder, die Welten erschufen oder das Leben nachstellten. Sondern kleine Lieder, die die Menschen für eine kleine Weile glücklich machten, sie in Bewegung setzten, sie vorübergehend ihre Probl e me vergess e n ließen. Und er wusste, dass es immer

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