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Anansi Boys

Anansi Boys

Titel: Anansi Boys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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Gerade eben sagte er: »Hören Sie. Wä r e mein Vater ein Gott gewesen, hätte er göttliche Kräfte haben m ü ssen.«
    »Hatte er ja. Nicht, d a ss er je v iel da m it angestellt hätte, nein, das nicht. Aber er ist alt geworden. Überha u p t, was glaubst du, wie er da m it durchgekommen ist, nicht zu arbeiten? Immer wenn er Geld brauchte, h a t er in der Lotterie gespielt oder ist nach Hallend a le gefahren, um auf Hunde oder Pferde zu wetten. Hat nie so viel gewonnen, dass er Aufmerksa m keit erregte. Aber grade genug, um über die Runden zu kommen.«
    Fat Charlie hatte in seinem ganzen Leben noch nichts gewonnen. Nicht eine m üde Mark. Bei den diversen Sportwetten, die bei ihm im Büro veranstaltet wurden, konnte er sich, wenn er denn überhaupt mal m i tspielte, stets darauf verlassen, dass sein Pferd gar nicht erst aus der Startbox kam oder dass sein Fußballteam in irgendeine Liga absteigen m u sste, von d e r man noch nie gehört hatte, irgendwo in den allertiefst e n Niederungen des organisierten Sports. Es tat richtig weh.
    »Wenn mein Dad ein Gott war – eine Annahme wohlge me rkt, auf die ich m i ch gar nicht erst einlasse, war u m bin dann ic h nicht auch ein Gott? Ich meine, Sie behaupten, dass ich der Sohn eines Gottes bin, nicht wahr?«
    »Natürlich.«
    »N a ja , also , waru m kan n ic h dan n nich t be i Pferdewetten gewinnen oder magische Din g e anstellen und so weiter?«
    Sie rümpfte die Nase. »All diese Gottsachen hat dein Bruder geerbt.«
    Fat Charl i e sah, da s s sie läc h elte. Er atmete aus. Dann war es also doch alles nur ein Witz.
    »Ach, wissen Sie, Mrs. Higgler, ich habe gar keinen Bruder.«
    »Natürlich hast du einen. Da auf dem Foto, das seid ihr beide doch, du und er.«
    Obwohl er wusste, was dara u f zu sehen war, wa r f Fat Charlie noch einen Blick auf d i e Fotografie. Tatsächlich, sie war verrückt. Völlig d u rchgeknallt. »Mrs. Higgler«, sagte er so sanft wie m öglich. »Das bin ich. Nur ich, als Kind. Das ist eine Spiegeltür. Und ich s t eh daneben. Das bin ich und mein Spiegelbild.«
    »Du bist es, und auch dein Bruder.«
    »Ich habe nie einen Bruder gehabt.«
    »Doch, sicher. Vermissen tu i c h ihn nicht, m u ss ich sagen. Du warst immer der Brave, weißt du. Er war ‘ne ganz schöne Nervensäge, als er no c h hier war.« Und bevor Fat Charlie etwas dazu sagen konnte, fügte sie hinzu: »Er ist weggegangen, als du noch ein kleiner Junge warst.«
    Fat Charlie beugte sich vor. Er legte seine große Hand auf Mrs. Higglers knochige Hand, diejenige, die nicht m it dem Kaffeebec h er verwachsen w a r. »Das ist nicht wahr«, sagte er.
    »Louella Dunwiddy hat ihn v e rtrieben«, sagte sie. »Er hatte Angst vor ihr. Aber von Zeit zu Zeit ist er trotzdem noch mal zurückgekommen. Er konnte reizend sein, wenn er wollte.« Sie trank ihren Kaffee aus.
    »Ich habe m ir immer ein e n Bruder gewünscht«, sagte Fat Charl i e. »Jema n den z u m S p ielen.«
    Mrs. Higgler erhob sich. »So, dieses Haus wird sich nicht von allein aufr ä u m en«, sagte sie. »Ich hab Müllbeutel im Auto. Ich schätze, wir w e rden eine Menge Müllbeutel brauchen.«
    »Ja«, sagte Fat Cha r lie.
    Er übernachtete in einem M o tel. Am nächsten Morg e n trafen er u nd Mrs. Higgler sich i m Haus s e ines Vaters, und sie packten allerlei Plunder i n große schwarze Müllbeutel. Sie stellten Beutel m it Gegenständen zusamme n , die für wohltätige Zwecke gespendet werden sollten. Sie füllten auch eine Kiste m it Dingen, die Fat Cha r lie zur Er i nnerung behalten wollte, überwiegend Bilder aus seiner Kindheil und aus der Zeit vor seiner Geburt.
    Es gab auch noch einen alt e n Schrankkoffer, der wie eine kleine Piratenschatztruhe aussah, in dem sich aber nur Dokumente und alte Papiere b e fanden. Fat Charlie setzte sich auf die Erde und sah sie durch. Mrs. Higgler kam mit einem weiteren Beutel voll e r m o ttenzerfressener Kleidungsstü c ke aus dem Schlafzimmer.
    »Das war dein Bruder, der ihm den Schrankkoffer geschenkt hat«, sagte Mrs. Higg l er aus heiterem Himmel. Es war das erste Mal heute, dass s ie auf die Hirngespinste des gestrigen Abends zurückkam.
    »Ich wünschte, ich hätte ein e n Bruder gehabt«, sag t e Fat Charlie, u nd er merkte gar nicht, dass er es laut ausgesprochen hatte, bis Mrs. Higgler sagte: »Ich habe es dir do c h gesagt. Du hast einen Bruder.«
    »Also«, sagte er. »Wo würde ich diesen meinen sagenhaften Bruder denn finden?« Später sollte er sich fragen, war

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