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Anansi Boys

Anansi Boys

Titel: Anansi Boys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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ganz leise: »Ich hab ihn schon gekannt, als ich noch ein Mädchen war.«
    Fat Charl i e hielt es für ang e raten, das The m a zu wechseln, und so zeigte er auf das Foto seiner Mutter. »Er hat Mamas Bild da stehen«, sagte er.
    Mrs. Higgler schlürfte ein wenig von ihrem Kaffee.
    »Das hamse auf einem Schiff gemacht«, sagte sie. »Noch bevor du geboren wurdest. E i ns von d i esen Schiffen, wo man drauf zu Abend isst, und dann fahr e n sie drei Meilen raus, aus den Hoheitsgewässern raus, da kann m a n dann Glücksspiel mache n . Danach g e ht’s wieder an Land. Ich weiß nicht, ob sie d i ese Schiffe noch immer laufen haben. Deine Mutter meinte, das war das erste Mal gewesen, dass sie Steak gegessen hat.«
    Fat Charl i e versuchte sich vo r zustellen, wie seine Eltern gewesen sein m o chten vor seiner Geburt.
    »Er ist immer ein gut auss e hender Mann gew e sen«, sann Mrs. Higgler, als würde sie seine Gedanken lesen. »Bis ganz zuletzt. Ein Lächeln h a tte er, da ging es den Frauen durch und durch. Und er war immer so gut gekleidet. Alle Damen haben ihn geliebt.«
    Fat. Charlie kannte die Antwort schon, bevor er die Frage stellte. »Haben Sie …?«
    »Na, was ist denn das für eine Frage an eine ehrbare Witwe?« Sie trank einen Schluck Kaffee. Fat Charlie wartete auf die Antwort. Sie sag t e: »Ich habe ihn geküsst. Vor langer, langer Zeit, noch bevor er deine Mutter kennengelernt hat. Er war ein guter, ein großar t iger Küsser. Ich hab gehofft, dass er sich melden u nd mich wieder z u m Tanzen ausführen würde, aber stattdessen ist er verschwunden. Wie lange war er weg, ein Jahr? Zwei Jahre? U n d als er endlich zurückkam, war ich m it Mr. Higgler verheiratet, und er hat deine Mutter m itgebracht. Draußen auf den Inseln ist er ihr begegnet.«
    »Waren Sie saue r ? «
    »Ich war eine verheiratete Frau.« Ein weiterer Schlu c k Kaffee. »Und man konnte ihn nicht h a ssen. Konnte ihm nicht mal richtig böse sein. U nd dann, wie er sie angesehen hat verdammt, we n n er mich je so angesehen hätte, hätte ich glück l ich sterben können. Und bei ihrer Hochzeit, wusstest du das, dass ich da d i e verheira t e te Brautführerin deiner Mutter war?«
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    Die Klimaanlage begann jet z t kalte Luft hervorzukeuchen. Sie roch immer noch nach nassem Schäferhund.
    Er fragte: »Glauben Sie, dass sie glücklich waren?«
    »Am Anfang.« Sie hob ihr e n riesigen Ther m obecher. schien einen Schluck Kaffee nehmen zu wollen, besann sich dann aber anders. »Am Anfang. Aber nicht einmal sie konnte seine Auf m erksa m keit lange fesseln. Er hatte so viel zu tun. Er war sehr beschäftigt, dein Vater.«
    Fat Charlie versuchte zu erkennen, ob M r s. Higgl e r einen Witz ge m a cht hatte oder nicht. Er fand keinen Anhaltspunk t . Lächeln tat sie jedenfalls nicht.
    »So viel z u tun? Was denn? Im Boot sitzen und angeln? Do m ino auf der Veranda spiel e n? Auf die unvermeidliche Erfindung des Karaoke warten? Er war nicht die Spur beschäftigt. Ich wüsste nicht, dass er ma l einen ganzen Tag gearbeitet hätte in der ganzen Z e it, in der ich ihn er le bt habe.«
    »So sol l test du nicht über deinen Vater reden!«
    »Na ja, ist doch aber wahr. Er war ein Taugenichts. Fin sau m äßiger Ehemann und ein saumäßiger Vater.«
    »Natürlich war er das!«, s a gte Mrs. Higgler ungestü m .
    »Aber du kannst ihn nicht nach nor ma len Maßstäben beurteilen. Du darfst nicht vergess e n, Fat Charlie, dass dein Vater ein Go t t war.«
    »Ein Gott unter den Menschen?«
    »Nein. Einfach ein Gott.« Sie sagte es ohne besonderen Nachdruck, so ausdruckslos und nor m al, als hätte sie gesagt: »Er war Diabetiker« od e r auch: »Er war sc h warz«.
    Fa t Ch a r li e wollt e eine n Wit z darübe r machen , abe r d a war so ein bestim m t er Ausdruck in Mrs. Higglers Augen, und plötzlich wollte ihm nichts Witziges mehr einfallen. Also sagte er sanft: »Er war kein Gott. Götter sind etwas Besonderes. Was Mythisches. Sic vollbr i ngen Wunder und so.«
    »Genau«, sagte Mrs. Higgler. »Wir hät t en es dir nicht gesagt, solange er noch lebte, aber jetzt, wo er von uns gegangen ist, kann es wohl nicht mehr schaden.«
    »Er war k e in Gott. Er war mein Va t e r.«
    »Man kann beides sein«, s a gte sie. »Das kom m t vor.«
    Es war, als würde man mit einer geistesgestörten Person diskutieren, dachte Fat Charlie. Er wusste ganz genau, dass er einfach den Mund halten sollte, aber der Mund redete einfach weiter.

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