Anansi Boys
denn all das gute Essen her, und komm nicht a u f die Idee, mich a n zulügen! Und wo hast du die ganzen Whiskyflaschen her und diesen großen Beutel voller Goldstücke? Wenn du m i ch anlügst, schlitz ich dir die Kehle auf.
Da sagt Anansi: Ich kann dich nicht anlügen, Bruder Tiger. Ich hab das all e s gekriegt dafür, dass ich me ine tote Groß m utter auf einem Handkarr e n ins Dorf gefahren hab. Der Ladenbesitzer dort, der h a t mir a l l die guten Sachen gegeben, weil ich ihm meine tote Großmutter gebracht hab.
Nun ist es so. dass Tiger k e ine lebende Groß m utter mehr hatte, aber seine Frau, die hat t e noch eine Mutter, also geht er nach Hause und ruft die M u tter seiner Frau nach draußen, er sagt, Groß m utter, ko m m ma l r a u s, d u und ich. wir m ü ssen uns mal unterhalten. Und sie kom m t raus und guckt sich um und sagt, ja, was ist denn? Na ja, Tiger bringt sie also u m , obwohl s e ine Frau sie liebt und alles, und er packt ihre Leiche auf einen Handkarren.
Dann schiebt er den Handkarren zum Dorf, die tote Schwieger m utter o b endrauf. W e r will eine Leic h e habe n ? , ruft er. Wer will ‘ne tote Groß m u tter? Aber die Leute hatten nur Spott übrig für ihn, sie lachten ihn aus und machten sich lust i g , und als s i e merkten, dass er es ernst meinte und nicht einfach wieder verschw i nden wollte, da bewarfen sie ihn so lange m it faulem Obst, bis er die Flucht ergriff.
Es war nicht das erste Mal, dass Tiger von Anansi reingelegt worden war, und es so l l t e auch nicht das letzte Mal sein. Tigers Frau ließ ihn nie v e rgessen, dass er ihre Mutter u m gebracht hatte. Es gibt Tage, da wünscht sich Tiger, er wäre nie g e boren worden.
Das ist eine A n ansi-Geschich t e.
Klar, alle Geschichten sind Anansi-Geschichten. Auch diese hier.
In den alten Zeiten wollten alle Tiere, d a ss die Gesc h ichten nach ihnen benannt würd e n , ganz früher, als die Lieder noch gesungen wurden, die die Welt erschufen, damals, als sie noch den Himmel und d e n Regenbogen und das Meer ersangen. Es war in dieser Zei t , als T i ere nicht nur Tiere, sondern auch Menschen waren, dass Anansi, die Spinne, sie alle, v o r allem aber Tiger, austrickste, weil er alle Geschichten nach sich benannt haben wollte.
Geschichten sind w i e Spinnen, m it all ihren langen Beinen, und Geschichten sind auch wie Spinnennetze, in die der Mensch sich hoffnungslos verfängt, aber sie sehen so hübsch aus, wenn man sie im Morgentau unter einem Blatt erblickt, und wie elegant sie sich m iteinander verweben, jedes m it jede m !
Wie war das? Sie wollen w i ssen, ob Anansi wie eine Spinne aussah? Logisch tat er das, außer wenn er wie ein Mensch aussah.
Nein, er h a t nie die Gestalt gewechselt. Es hängt nur davon ab, wie man die Geschichte erzählt. Das ist alles.
KAPIT E L
DREI
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IN DEM ES
ZU EI NEM
FAMILIENTREFFEN
KOMMT
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FAT CHARLIE flog heim nach England. nach Hause, jedenfalls soweit ma n bei ihm von einem Zuhause sprechen konnte.
Rosie erwartete ihn, als er m i t seinem kleinen Koffer und einem großen verschnürten Pappkarton aus der Zollabfertigung ka m . Sie nahm ihn fest in die Arme. » Wie war es?«, frag t e sie.
Er zuckte die Achseln. »Hätte schlimmer sein könn e n.«
»Na ja«, sagte sie, »wenigstens m u sst du dir keine Sorgen mehr machen, dass er zur Hochzeit kom m t und dich i n Verlegen h eit stürzt.«
»So kann man es sehen.«
»Meine Mutter sagt, wir sollten die Hochzeit für ein paar Monate aussetzen, a l s Z e ichen des Respekts.«
»Deine Mu tter möchte nur, dass wir die Hoc h ze i t aussetzen, Punkt.«
»Unsinn. Sie findet, dass du eine z i em l ich gute Partie bist.«
»Deine Mutter würde nicht mal eine Ko m b ination aus Brad Pitt, Bill Gates und Prinz William als gute Partie bezeichnen. Es gibt, auf der g a nzen Welt nie m anden, der es wert wäre, ihr Schwiegersohn zu sein.«
»Sie mag dich«, sagte Rosie pflichtschu l dig und w e nig überzeugend.
Rosies Mutter m o chte Fat Charlie nicht, und alle wussten es. Rosies Mutter war ein nervöses Ausbund von kaum reflektierten Vorurte i len, Ängsten und Ani m ositäten. Sie lebte in einer großartigen Wohnung in d e r Wi m pole Street, aber in ihrem riesigen Kühlschrank gab es nichts als Roggenkräcker und eine Batterie von Flaschen voll Wasser m it Vita m inz u satz. Wachsobst lag in Schüsseln auf diversen altehrwürdigen Anrichten und wurde zwei ma l in der Woche abgestaubt.
Anlässlich
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