Anastasya (German Edition)
bringt mich zu folgendem Entschluss: Freiheit wird überbewertet. Ich kann nicht vollkommen frei sein, ich kann nur versuchen, mir die Gefangenschaft so angenehm wie möglich zu machen.
Ich erwachte aus meinen Tagträumen.
Ich saß in Marius’ Zimmer und betrachtete mich im Spiegel. Es war übrigens eine Sonderanfertigung, die es mir ermöglichte, auch tatsächlich mein Spiegelbild zu sehen. Nicht nur die Menschen hatten Forscher, auch wir entwickelten uns weiter… Wenn man ein besonderes Material in den Spiegel einarbeitete, dann reflexierte er auch die zarten Silhouetten Unsterblicher.
Rot… schwarz.. weiß. Alexandra zupfte an meiner Frisur herum. Gott, wann wurden diese Haare das letzte Mal g eschnitten? Das war schon eine halbe Ewigkeit her. Und Gott, warum hatte ich diese Frisur? Warum hatte ich sie mir nicht hochstecken lassen? Ich hasste es eigentlich, wenn ich die Haare im Gesicht hatte. Das fanden zwar viele schön, mir gefiel es aber nicht, außerdem war es sehr unpraktisch.
„Darf ich Euch die Stirnfransen zurück bürsten?“, fragte Alexandra, als sie meinen misstrauischen Blick bemerkte.
Ich nickte, ohne meine Augen vom Spiegel abzuwenden. Sie machte sich sofort an die Arbeit. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie meine Gegenwart sehr genoss – woran das lag wusste ich nicht.
Sie war sehr ruhig und geduldig, während andere mir mit ihrer Nervosität auf die Nerven gingen.
Lena, die ich schon stundenlang vor der Tür hin und her gehen gehört hatte, kam nun endlich herein.
Als ob es ihr Stichwort gewesen wäre, verließ Alexandra den Raum und ließ uns allein. Unglaublich, diese Frau faszinierte mich.
Ich schaute wieder zum Spiegel. Meine Haare waren perfekt. Nicht eine einzige Strähne war schief, oder stand heraus.
„Oh Gott, i ch bin so nervös“, murmelte Lena.
„Hallo, ich bin die die in ein paar Stunden ewig an einen Mann gebunden ist!“, erinnerte ich sie und rollte mit den Augen.
Sie nickte hastig. „Ja, aber ich bin trotzdem nervös. Amadeus und ich sind ja die nächsten“
„Mach mir jetzt bitte keinen Druck mit deiner Nervosität, ich hab auch so schon die Hosen voll“, murmelte ich. Ich betrachtete mich wieder im Spiegel. Meine Hände zitterten, wie sie es noch nie zuvor getan hatten. Ich atmete unruhig und rutschte auf dem Hocker herum. Es fiel mir schwer, Haltung anzunehmen… Brust raus, Bauch rein… Fehlanzeige.
„Hosen?“, fragte sie und deutete auf mein Kleid .
„Lena halte bitte einfach den Mund, ich bin jetzt nicht in Stimmung für blöde Scherze“, jammerte ich und stand auf, um selbst ein bisschen herum schlendern zu können.
Sie schaute mich unsicher an. Mein Blick behielt den gequälten, ernsten Ausdruck.
Sie biss sich auf die Unterlippe. „Hast du Marius schon gesehen?“, fragte sie.
Ich wünschte, ich hätte ihr eine andere Antwort geben können, musste unter starkem Bedauern den Kopf schütteln. „Nein, aber er soll angeblich sehr traditionell gekleidet sein“
„Ja, das ist er. Er sieht echt komisch aus. Ich sag dir eins, er muss dich echt lieben, wenn er sowas für dich anzieht und sich vor so viele Leute damit stellt“, sagte sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Ich hob eine Augenbraue.
„Oh Gott“
„Ach komm“, versuchte sie, mich zu beruhigen, schaffte es aber nicht. Ich war kurz davor, durchzudrehen.
„Wie viele werden heute hier sein?“, fragte ich nervös. Üblicherweise – also laut meines Wissens – wurde zu solchen Anlässen die halbe Welt population eingeladen. Alles, was Rang und Namen in irgendeiner Form besaß, nahm an so einer Veranstaltung teil.
Erneut wagte ich einen kurzen Blick in den Spiegel.
Dieses Kleid. Das rote Kleid, das ich trug war handgenäht und auf den Millimeter genau an meinen Körper angepasst. Das hatte Stunden gedauert. Es passte mir auch wie angegossen. Der Stoff war wunderschön, leicht und angenehm auf der Haut, von einem Profi zu einem Meisterstück verarbeitet worden.
Meine Haare waren ebenfalls so schön wie nie zuvor. Die langen braunen Locken hatte ich schon immer gehabt, aber heute rochen sie nach irgendeinem Pfirsichelixier. Ich war schon den gesamten Tag auf diese eine Nacht vorbereitet worden. Man hatte mich etwa zehnmal gebadet, mir gute fünfzehn Mal die Haare gewaschen und seit ein paar Stunden wurde alle paar Minuten geprüft, ob meine Frisur auch noch so aussah, wie sie sollte.
Lena trat näher heran und berührte ein paar meiner Haarsträhnen. „Die
Weitere Kostenlose Bücher