Anastasya (German Edition)
Rosen gefallen mir“, sagte sie leise. Ich trug ein paar rote Rosen im Haar, passend zum Kleid und ebenfalls passend zu der Halskette, die mir Marius einmal geschenkt hatte. Seit diesem Tag waren Rosen meine Lieblingsblumen.
„Mir auch“
„Wer hat das gemacht?“
„Alexandra. Sie hat auch die Farbe und den Stoff für mein Kleid ausgesucht“, antwortete ich. Alexandra hatte auch sämtliche Waschungen der letzten fünfzehn Stunden übernommen und sie war es, die immer wieder kontrollierte, ob jedes Haar auch noch an seinem rechten Platz war.
So viel Aufwand für nur ein paar Stunden.
„Wow. Denkst du, das macht sie für mich auch?“
„Sie tut alles, was du ihr befiehlst, Lena“, erklärte ich ihr und stand auf, als ich hörte, dass sich auf dem Gang jemand näherte.
Es war Ekaterina. Sie klopfte kurz an die Tür und öffnete sie dann. „Ich hoffe, du bist bereit. Du siehst zumindest so aus. Es ist alles fertig, wir können beginnen“, verkündete sie.
Lena lächelte mich kurz an und huschte dann durch die Tür hinaus. Ich blickte ihr nach. Scheiße, jetzt wurde es echt ernst.
Noch ein kurzer letzter Blick in den Spiegel, dann machte ich mich auf den Weg. Durch die Tür, den Gang entlang und dann würde ich auf Marius treffen und wir würden gemeinsam die riesige Treppe hinunter schreiten. Es waren über zweihundert Stufen. Er gab das Tempo vor.
Sobald er mich erblickte lächelte er. Ich lächelte ebenfalls, als ich ihn sah. Lena hatte Recht. Er trug etwas ziemlich traditionelles. Ich weiß nicht, wie man es nennt, aber es war eine Mischung aus Rüstung und Toga. Es sah komisch aus und jeder andere Mann hätte absolut lächerlich gewirkt, doch Marius schaffte es, trotzdem gut auszusehen.
Er griff nach meiner Hand und wir gingen los.
In meinen letzten Momenten als ledige Frau dachte ich an meine Familie, vor allem an eine ganz bestimmte Person...
Mein Lieber Vater, wo auch immer du gerade sein magst. Du hast mich immer wie Dreck behandelt, nicht dass ich etwas anderes erwartet hätte, aber hättest du je geglaubt, dass ich einmal einen der Prinzen heiraten würde? Nein. Hättest du je erwartet, dass ich ein schönes Leben haben würde? Nein? Hättest du es mir gegönnt? Sicher nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du dich für mich freuen würdest. Du würdest mich dafür verstoßen, dass ich die Familie, meine Heimat und meinen Stand verlassen habe, aber das wissen wir ja beide nicht.
Ich kann keine voreiligen Schlüsse ziehen, aber ich bin mir sicher, du wärst nicht erschienen, wenn du noch leben würdest. Nicht einmal, wenn du in der Burg gewohnt hättest. Du hättest dich irgendwo abgeseilt und den Tag allein in einem dunklen Raum mit deinen Gedanken verbracht.
Übrigens leben mittlerweile nur noch vier von fünf deiner Kinder, was nicht dein Verdienst ist. Ich will dir nicht respektlos gegenüber treten, aber meiner Meinung nach hast du die Familie ebenfalls verraten. Ich will dir keine Vorwürfe machen, wir machen alle einmal Fehler. – Nur hast du so viele gemacht. Und deine Fehler haben verheerende Auswirkungen auf das Leben von Mutter, mich und deine jüngste Tochter Thalia. Ihr geht es natürlich gut, aber sie wächst unter der Obhut einer Frau auf, die weder dazu fähig ist, ein Kind zu erziehen, noch ein gutes Umfeld für sie vorzuweisen hat.
Ich mag Estefania wirklich, aber manchmal tut Thalia mir leid.
Manchmal tut Mutter mir leid.
Manchmal tust sogar du mir leid, aber diese Momente sind selten.
Meistens erfreue ich mich daran, dass ich meine Familie zurücklassen konnte. Nicht, dass ich darauf gewartet hätte, euch loszuwerden, ich habe einfach nur mein Leben selbst in die Hand genommen.
Danke fürs Zuhören.
Die Treppe schien kein Ende zu nehmen. Wir waren gerade erst bei der Hälfte.
Anastasya.
Ich blinzelte. Nein, sag jetzt bitte nichts, ich versuche gerade, mir nicht anmerken zu lassen, wie nervös ich bin.
Nein, Marius, dachte ich.
Doch! Du bist wunderschön, ich liebe dich. Ich schaute ihn aus den Augenwinkeln an. Er lächelte, hatte seinen Blick aber nach vorne gerichtet.
Ich gefalle mir auch, du siehst allerdings etwas abartig aus. Ich grinste und er lächelte. Jetzt hatten wir drei Viertel der Treppe hinter uns. Die Halle war gesteckt voll. Tausende Augen starrten uns an. Irgendwo spielte jemand Geige. Mir gefiel das Stück. Es war nicht ganz so langsam, wie die übliche Hochzeitsmusik.
Ich blickte durch die Menge. Irgendwo zwischen den Gesichtern
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