Ancient BladesDie Metropole der Diebe
Hausherr sich nicht hier befindet, genau vor deiner Nase?«
Als Entschuldigung verneigte sich Malden. »Eine solche Organisation an einem so geheimen Ort legt mir den Schluss nahe, dass nur ein Mann der Freien Stadt hier der Hausherr sein kann. Ich weiß, dass es keiner der Spieler dort ist, er ist auch kein Zwerg, und sie … nun.« Krampfhaft durchforschte Malden seine Erinnerungen. »Ihr Name ist Rhona. Sie gehört zu Mutter Bronwyns Mädchen aus dem Haus der Fröhlichen Seufzer oben am Königsgraben.« Das Mädchen starrte ihn mit großen Augen an, er aber schenkte ihr bloß ein Lächeln. Es gab nur wenige Huren in der Stadt, die Malden nicht auf Anhieb erkannte. »Was nun dich angeht, nun ja … Ich glaube nicht, dass du der Anführer bist. Du bist eine eindrucksvolle Gestalt, sicherlich ein Räuber, aber vermulich lautet dein Name nicht Cubill.«
Bei der Nennung des Namens spähte jeder der Anwesenden über die Schulter. Selbst der Räuber und seine Gespielin runzelten die Stirn. Doch einen Augenblick später war jede Beklemmung wie weggewischt, und der Mann lachte dröhnend, woraufhin auch das Mädchen wieder kicherte. »Du bist schlauer als erlaubt«, sagte er.
»Und doch nicht arrogant genug in meiner Klugheit, um diese Vorladung nicht wahrzunehmen«, erwiderte Malden.
Der Räuber ergriff das Mädchen mit seinen starken Armen, setzte es auf dem Diwan ab und stand auf. Dann trat er auf Malden zu und ergriff dessen Hand. »Ich bin Bellard. Ich diene jenem, dessen Namen du nanntest, als du mit Andeutungen nicht weiterkamst.«
»Freut mich, dich kennenzulernen. Man nennt mich Malden.«
Bellard lachte abermals. Er schien ein großer Bewunderer der Komödie des Lebens zu sein. »Ach, deinen Namen kenne ich bereits. Und du hast recht, der Meister erwartet dich. Dort hinten.« Bellard wies mit großer Geste zur gegenüberliegenden Wand, wo ein schmutziger Vorhang herabhing.
»Ich gehe also einfach da durch, richtig?«, fragte Malden.
Der Räuber lachte. »Wenn du es schaffst.«
Malden verbeugte sich und begab sich zu dem Vorhang. Er schob ihn zurück und sah sich einer breiten, in die Wand eingelassenen Tür aus massiver Eiche mit schweren Eisenbeschlägen gegenüber. Sie war mit einem dicken Eisenring zu öffnen. Es gab nur ein Problem. Eine mächtige Eisenstange führte durch den Ring und verschwand auf beiden Seiten in der Wand. Diese Tür wurde von dem größten Vorhängeschloss verriegelt, das Malden je gesehen hatte.
Kapitel 4
Nun, mit Schlössern kannte sich Malden aus. Er zog die Ahle und fasste sie an der Klinge. Der Griff bestand aus einem langen Stück fester Schnur, die zahllose Male um den eigenlichen Griff gewickelt war, zum vermeinlichen Zweck, sie bequemer halten zu können. Tatsächlich diente die Schnur weitaus weniger offensichlichen Zwecken. Malden fingerte daran herum, bis sich das eine Ende löste. Dann spulte er die Schnur mit geübten Bewegungen ab. Damit verbunden war sein Werkzeug: Haken und Spanner. Zwei verschiedene Hauptschlüssel für verschiedene Schlossgrößen. Diese winzigen Stahlstücke stellten Maldens kosbarste Besitztümer dar; sie waren mehr wert als ihr Gewicht in Gold. Sie waren sein Leben wert, sollte man ihn je damit erwischen.
Er legte die Werkzeuge sorgfältig der Reihe nach auf den Boden und kniete vor der Tür nieder, um das Schloss genauer zu untersuchen.
»Ein berühmtes Beispiel der Schlosserkunst«, sagte Bellard hinter ihm. »Ursprünglich sicherte es die Tür zum Harem des Barbarenhäuplings Krölt. Stell dir doch nur die exotischen und ungezähmten Schönheiten vor, die mihilfe dieses Schlosses weggesperrt wurden.«
Malden fragte sich, ob jene Frauen nur halb so ansehnlich gewesen waren, wie es das Schloss selbst war. Zweifellos stellte es ein Produkt hervorragender Handwerkskunst dar – zog man seine Vollkommenheit in Betracht, hatte es vermulich ein Zwerg angefertigt. Das Gehäuse war breiter als Maldens aneinandergelegte Hände, bestand aus Bronze und hatte sich im Lauf der Jahre mit Grünspan überzogen. Die Vorderseite war mit Messingnieten versehen, die zu hübschen Frauengesichtern geformt waren. Alles war feinstens gearbeitet, und jedes Gesicht trug unterschiedliche Züge, eins hübscher als das andere.
Der Bügel des Schlosses bestand aus Messing und stellte den geflochtenen Zopf einer Jungfrau dar. Das massive Schlüsselloch war mit einer verschiebbaren Platte bedeckt, die den Staub fernhalten sollte. Als Malden sie zurückschob, wurde
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