Ancient BladesDie Metropole der Diebe
dann.
»Deine Mutter war eine Hure«, sagte er ohne jede Betonung.
In Maldens Brust verkrampfte sich etwas, aber er begriff, was hier geschah. Der Mann – mit Sicherheit war es Cubill, ob er nun wie ein Meisterdieb aussah oder nicht – stellte ihn auf die Probe. Wollte sehen, ob sich Malden wütend auf ihn stürzte oder lediglich gekränkt winselte.
Die Wahrheit dieser Behauptung war jedoch nicht abzustreiten. »Das war sie. Eine gute Frau, die ihr Bestes gab, um mich ordenlich und geduldig großzuziehen. Sie starb an Seemannspocken, da war ich kaum zum Mann gereift.«
Cubill nickte, als nehme er diese Neuigkeit lediglich zur Kenntnis, um sie in sein Kontobuch einzutragen. »Dein Vater?«
»Die Hälfte der Männer dieser Stadt käme dafür infrage, aber noch hat keiner Anspruch darauf erhoben.«
»Setz dich, du bleibst eine Weile hier!«, befahl der Herr der Diebe. Malden wählte einen Stuhl in Türnähe. »Du hast den größten Teil deiner Jugend in einem Hurenhaus verbracht, hast kleine Arbeiten und Botengänge für die Puffmutter erledigt. In dieser Zeit hast du vermulich genügend Gesetzeswidrigkeiten mibekommen. Ich wage zu behaupten, dass du auch selbst daran beteiligt warst – Betrunkene auszurauben, die zahlende Kundschaft zu betrügen oder sie zumindest dazu zu verleiten, zu viel zu bezahlen, kleine Mengen verschiedener illegaler Drogen für die Freudenmädchen zu besorgen. Aber erst nach dem Tod deiner Mutter hast du deine Aktivitäten auf einen größeren Teil der Stadt ausgeweitet.«
»Da blieb mir keine Wahl«, bestätigte Malden. »Für einen jungen Mann ist nicht viel Platz in einem Bordell – nicht, wo dort so viele ungewollte Jungen herumrennen, die putzen und Botengänge erledigen können. Man drückte mir ein paar Münzen in die Hand und befahl mir zu gehen und mein Glück zu machen. Ich wollte sehen, wie die ehrlichen Leute leben. Wie sich herausstellte, konnte die Stadt einen mittellosen Hurensohn nicht gebrauchen. Dieser Ort kennt kein Mileid mit jenen, die auf der falschen Straßenseite geboren wurden.«
Falls er gehofft hatte, dass Cubill ein gewisses Mitgefühl zeigte, wurde er enttäuscht. Der Mann, der an einen Sekretär erinnerte, schaute nicht einmal auf.
»Ich suchte nach ehrlicher Arbeit. Mit meinem fortgeschrittenen Alter von fünfzehn wollte mich keine Gilde mehr als Lehrling aufnehmen. Ich versuchte eine Arbeit als Maurer zu finden, versuchte es als Zimmermann und sogar als Schauermann unten an den Docks. Überall wies man mich ab – oder verlangte Bestechungsgelder. Die Vorarbeiter, die diese Arbeit organisieren, wollten alle ihren Schnitt von den Pfennigen, die ich verdient hätte.«
»Und du warst nicht bereit, solche Gebühren zu zahlen.«
»Wie hätte ich davon leben sollen? Um in dieser Welt ein Auskommen zu haben, braucht man Geld, man braucht Geld für Essen, Geld für die Miete, Geld für die Steuern und Abgaben. Mit der angebotenen Bezahlung hätte ich nach der ersten Woche Schulden gemacht, und danach wäre es nur noch schlimmer geworden. Mit einer solchen Mauschelei und dem Ruin, den sie mit sich bringt, kenne ich mich aus.«
»Ach ja?«
»Genauso halten die Zuhälter ihren Hurenstall zusammen.«
»In der Tat«, stimmte Cubill zu. »Um zu überleben, hast du also als Taschendieb und Beutelschneider gearbeitet. Und du entdecktest, dass du dafür ein Talent hast.«
»Willst du meine ganze Lebensgeschichte erfahren?«
»Die kenne ich bereits. Ich lasse sie mir bloß bestätigen. In den letzten fünf Jahren bist du gerade so eben damit über die Runden gekommen, den Dummen Kupferstücke zu klauen. Gelegenlich hast du es auch mal mit Betrug versucht, aber deine wahren Talente scheinen in deinen Fingern zu liegen und nicht in deiner Stimme. Erst kürzlich hast du dich dem Einbruch zugewandt. Seit ein paar Monaten brichst du in Häuser ein. Kannst du mir sagen, warum du dein Tätigkeitsfeld gewechselt hast?«
»Die Menschen in dieser Stadt sind nicht so dumm, viel Geld mitzunehmen, wenn sie das Haus verlassen. Sie wissen, dass kein Geldbeutel je sicher ist. Die großen Summen lassen sie zu Hause. Da erschien es nur logisch, dem Geld zu folgen und nicht den Menschen.«
Der Diebesmeister machte eine kleine Notiz in seinem Kassenbuch. »Du weißt, wer ich bin«, sagte Cubill. »Du hast draußen meinen Namen ausgesprochen.«
Malden winkte ab. »In der Freien Stadt kennt doch jeder die Taten des großen Cubill, des Meisters der Diebe, des großen Zuhälters,
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