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Andere tun es doch auch (German Edition)

Andere tun es doch auch (German Edition)

Titel: Andere tun es doch auch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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auch noch in diesen Schuhen. Wie lange ist es nochmal her, dass Aufzüge erfunden wurden? Aber so, wie meine Verdienstaussichten im Moment sind, kann ich es vergessen, in absehbarer Zeit aus dieser jämmerlichen Nachkriegsmietskaserne rauszukommen. Na ja, ich bin selbst schuld. Hätte alles nicht sein müssen.
    So. Nichts wie rein, Schuhe aus und aufs Sofa geschmissen. Ich gehe gleich ins Bett. Nur noch einmal durchstrecken und kurz die Beine hochlegen.
    Plimplam! Plimplam!
    Och nö.
    »Hotel Royal. Guten Abend, was kann ich für Sie tun? … Vom 17. 8. bis zum 24. 8.? Ich schaue mal nach. Bleiben Sie bitte kurz dran …« Mist, wo ist das Rezeptionsbuch? Ich hatte es aus der Handtasche rausgenommen und … Ah, da. »Also, ein Doppelzimmer? … Ja, da haben Sie Glück. Gerade gestern hat jemand storniert … Ja, gerne. Ihr Name? … Hirnglitzer? … Hirgenlitzer, Entschuldigung … Oh ja, das kann ich mir vorstellen … Gut, ich habe das Zimmer für Sie reserviert, Frau Hirgenlitzer … Ja bitte, keine Ursache … Nein, die Rezeption im Hotel ist nicht rund um die Uhr besetzt, das hier ist nur die telefonische Rezeption … Ja, vielen Dank. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend, Frau Hirgenlitzer. Auf Wiederhören.«
    Hirgenlitzer.
    Ich sollte mal ein Buch über merkwürdige Nachnamen schreiben.
    Und nein, ich werde das Rezeptionsbuch nicht in die Ecke pfeffern, wie es mir die Stimmen in meinem Kopf befehlen, sondern schön sachte auf den Tisch legen. Die Kollegen müssen schließlich auch damit arbeiten. Und ich kann froh sein, dass ich diesen Job auf die Schnelle gefunden habe.
    Adrian hat sich natürlich kein einziges Mal gemeldet. Arsch. Wirklich, Arsch. Darüber müssen wir reden. Lange mache ich das nicht mehr mit.
    Komisch, ich hab gar nicht so schlechte Laune, wie es angemessen wäre. Kai heißt er. Kai Findling. Klingt schön. Mein Gott, habe ich ihn noch zugetextet, als wir endlich wieder an der Bar saßen. Aber er hat ja immer wieder nachgefragt. Der könnte jetzt glatt aus dem Stegreif ein Seminar über neoexpressionistische Tendenzen im irischen Film der 80er Jahre unter besonderer Berücksichtigung des Aspekts Schnitttechnik halten. Könnte er wirklich. Das Auftreten dazu hätte er. Und die Stimme. Ich mag seine Stimme. Klar und kernig, immer genug Bass, bisschen rau, wenn er lauter wird, bisschen singend, wenn er leiser wird … Und den kleinen Hauch von Bugs Bunny, wenn er sich freut, kann er sich wirklich leisten. Muss ich morgen gleich Kerstin erzählen. Hoffentlich hat sie frei. Schade, dass ich seine Stimme nicht nachmachen kann. Sie würde ausflippen.
    Und er hat mich fast wahnsinnig gemacht, weil er mich mit seiner wunderbaren Stimme einfach nicht nach meiner Telefonnummer gefragt hat. So wahnsinnig, dass ich ihn am Ende um seine gebeten habe. Frau fragt Mann, das muss man sich mal vorstellen! Zum Glück haben wir die Ich-lass-es-kurz-auf-deinem-Handy-läuten-Methode gemacht. Das heißt, meine Nummer hat er jetzt auch. Muss er nur unter »Gewählte Nummern« nachschauen und mich anrufen. Wird er ja wohl tun, oder? Okay, ich habe als Erste gefragt. Aber das heißt doch nicht, dass ich ihn anrufen muss? Nein, das wäre ein großer Fehler. Der Mann muss anrufen, so sind die Regeln. Sagt Kerstin auch immer. Und überhaupt, ich will ja auch gar nichts von ihm.
    So, jetzt noch schnell in die Maske. Lara, warum lächelst du so? Es ist nur ein interessanter Mann, mit dem du dich anfreundest, Punkt. Aber gut, lächel weiter. Hihi, seine Schuhe. Als ich sie durch den Spalt unter der Klokabinentür gesehen habe, habe ich sie gar nicht erkannt. Sie waren so unauffällig.
    Adrian macht mich eines Tages noch wahnsinnig mit seinem Schuh-Tick. Ohne die Angeber-Sneaker-Sammlung, die er sich in den letzten zehn Jahren zusammengekauft hat, wären die Nike-, Adidas- und Puma-Aktienkurse bestimmt ganz woanders. Und wie lange der immer rummacht, welche am besten zu seinem T-Shirt passen und so weiter. Und was für ein Drama, wenn sich mal ein Hauch von Schmutz auf der Oberfläche niedergelassen hat, was ja in Berlin hin und wieder vorkommen soll. Heißt ja nicht, dass er nicht jede Menge gute Seiten hat, aber in diesem Punkt ist mir so einer wie Kai eindeutig lieber. Einfach ganz normale Schuhe, dafür sehr viel Ahnung von guten Drinks.
    K AI    Ich löse vorsichtig die Schnürsenkel, schlüpfe aus meinem linken Schuh und betrachte ihn. Ein rahmengenähter schwarzer Captoe Oxford * von

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