Ange Pitou, Band 1
hatte ihre Kräfte wiedergefunden! das Feuer hatte ihr die Haare versengt: all dieses ungewöhnliche Geschrei ängstigte sie. Billot war nun genötigt, ihre letzte Anstrengung zu zügeln, denn er befürchtete, die zahlreichen, vor den Thoren zusammengescharten Neugierigen niederzureiten.
Billot rückte immerhin vor, indem er Margot, bald rechts, bald wieder links lenkte, bis zum Boulevard.
Es defilierte eben ein Zug, der von der Bastille kam und nach dem Garde-Meubles marschierte. Dieser Zug versperrte den Boulevard und folgte einer Bahre, auf der zwei Büsten getragen wurden: die eine durch einen Flor verschleiert, die andere mit Blumen bekränzt.
Die durch einen Flor verschleierte Büste war die Büste von Necker, dem nicht in Ungnade gefallenen, aber entlassenen Minister; die andere war die Büste des Herzogs von Orleans, der bei Hofe für den Finanzmann von Genf offen Partei genommen hatte.
Billot erkundigte sich, was diese Prozession bedeute. Man sagte ihm, es sei eine Herrn Necker und seinem Verteidiger, dem Herrn Herzog von Orleans, vom Volke dargebrachte Huldigung.
Billot war in einer Gegend geboren, wo man den Namen des Herzogs von Orleans seit anderhalb Jahrhunderten verehrte. Billot gehörte zur philosophischen Sekte und betrachtete folglich Necker nicht nur als einen großen Minister, sondern auch als einen Apostel der Menschheit. Das war mehr, als es brauchte, um Billot zu begeistern. Er sprang von seinem Pferde, ohne genau zu wissen, was er that, und schrie: Es lebe der Herzog von Orleans! es lebe Necker! und mischte sich unter die Menge.
Hat man sich einmal unter die Menge gemischt, so verschwindet die individuelle Freiheit. Billot war es übrigens um so leichter, sich fortreißen zu lassen, als er vielmehr an der Spitze, als an dem Schweife der Bewegung ging.
Der Zug rief aus vollem Halse: Es lebe Necker! Keine fremden Truppen mehr! Nieder mit den fremden Truppen!
Billot vermischte seine mächtige Stimme mit allen diesen Stimmen,
Ein Vorzug, welcher es auch sein mag, wird immer vom Volke geschätzt. Der Pariser der Vorstädte mit der schwächlichen, heiseren, durch die Entkräftung geschwächten, oder durch den Wein zerfressenen Stimme würdigte die frische, reine, klangreiche Stimme von Billot und machte ihm Platz, so daß Billot, ohne zu sehr gepufft, mit den Ellbogen gestoßen, des Atems beraubt zu werden, bis zu der Bahre gelangte.
Nach Verlauf von zehn Minuten trat ihm einer von den Trägern, dessen Enthusiasmus seine Kräfte überstieg, seinen Platz ab.
Billot hatte, wie man sieht, rasch seinen Weg gemacht.
Am Tage vorher noch einfacher Verbreiter der Broschüre des Doktors Gilbert, war er am andern Abend eines der Werkzeuge des Triumphes von Necker und vom Herzog von Orleans.
Doch kaum zu diesem Posten gelangt, durchzuckte ein Gedanke seinen Geist. Was war aus Pitou, was war aus Margot geworden?
Während er seine Bahre trug, wandte Billot seinen Kopf um und sah beim Scheine der Fackeln, die den Zug begleiteten und erhellten, beim Schimmer der Lämpchen, die alle diese Fenster beleuchteten, mitten im Zuge eine Art von wandernder Erhöhung, gebildet von fünf bis sechs gestikulierenden und schreienden Menschen.
Unter diesen Gestikulationen und unter diesem Geschrei war die Stimme von Pitou leicht zu unterscheiden, ließen sich seine langen Arme leicht erkennen.
Pitou that, was er konnte, um Margot zu verteidigen,aber trotz seiner Anstrengung war Margot gleichsam im Sturme genommen worden. Margot trug nicht mehr Pitou und Billot, schon eine ehrenwerte Last für das arme Tier.
Margot trug alles, was auf ihrem Rücken, auf ihrem Kreuz, auf ihrem Hals und auf ihrem Widerrist Platz hatte finden können.
Margot glich in der Nacht, die durch die Phantasie alle Gegenstände vergrößert, einem mit Schützen, die auf eine Tigerjagd ausziehen, beladenen Elephanten.
Auf dem breiten Rückgrat von Margot hockten fünf bis sechs Besessene und schrieen: Es lebe Necker! es lebe der Herzog von Orleans! nieder mit den Fremden! Worauf Pitou erwiderte: Ihr werdet Margot erdrücken! Die Trunkenheit war allgemein. Billot halte einen Augenblick den Gedanken, Pitou und Margot Hilfe zu bringen; doch hielt ihn die Furcht wieder davon ab, er könnte, wenn er nur eine Minute auf die von ihm eroberte Ehre, eine von den Stangen der Bahre zu tragen, verzichtete, den Platz an seiner Stange verlieren. Dann dachte er, daß durch den mit dem Vater Lefranc abgeschlossenen Tausch von Cadet gegen Margot, Margot ihm
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