Der Planet der Katzenwölfe
1
Es war ein seltsames Gefühl. Seltsam und beunruhigend.
Jeff Holman streckte sich auf der Couch aus. Sie schien sich den Formen seines Körpers anzupassen und fühlte sich warm und weich an, als er sich mit Kopf und Rücken und Beinen in sie hineinpreßte.
Zwei Technikerinnen stülpten den silbernen Helm über Jeffs Kopf. Sie blickten ernst und geschäftsmäßig drein. Für sie war das Ganze kein Scherz.
Jeff sah an ihnen vorbei, hinüber zum Fenster, wo sein Vater und seine Mutter zusammen mit Dr. Carbo standen. Auch sie machten grimmig entschlossene, besorgte Gesichter.
Jeff grinste sie an, um ihnen zu zeigen, daß er keine Angst hatte. Er wußte, sie konnten ihn nicht hören, wenn er etwas sagen würde, nicht durch das dicke Plastikglas-Fenster. Er wollte ihnen zuwinken, doch seine Handgelenke waren bereits an die Couch geschnallt.
Endlich war alles bereit. Die Technikerinnen traten zur Seite und hinter die Couch, so daß Jeff sie nicht mehr sehen konnte. Er wußte, daß sie jetzt vor der großen Kontrolltafel mit den zahllosen Skalen und Instrumenten und Bildschirmen Platz genommen hatten.
Wenn irgend etwas schiefgeht, werden sie den Test sofort abbrechen, sagte sich Jeff. Bestimmt.
„Fertig, Jeff?“ fragte Amanda, eine der technischen Assistentinnen.
„Alles klar!“ rief er zurück, viel zu laut. Er spürte, wie sein Puls in seinen Ohren pochte. Sie können auf den Bildschirmen sehen, wie schnell mein Herz schlägt.
„Jetzt mach einfach die Augen zu, Jeff“, sagte Amanda, diesmal mit sanfterer Stimme. „Tu so, als ob du einschlafen wolltest.“
Jeff schloß die Augen. Aber ich will nicht einschlafen.
Er sah kleine Lichtschimmer und Muster, die über die Innenfläche seiner Augenlider dahinzogen. In seinen Ohren entstand ein leises Brummen, fast wie das Rauschen eines Windes, der durch das Laubwerk eines großen, herrlichen Baumes fährt. Die Muster aus Licht und Dunkelheit glitten vorüber und veränderten sich. Sterne blitzten schmerzhaft auf. Jeffs Körper spannte sich und zuckte wie unter Krämpfen. Dann spürte er ein Vibrieren, das sanft, aber stetig seinen ganzen Leib erfaßte.
Es war tatsächlich ein Wind. Jeff fühlte, wie er das Fell kräuselte, das seinen Körper umhüllte. Er hörte, wie er klagend durch die Bäume des Waldes fuhr.
Jeff machte die Augen auf.
Er saß oben auf einer Anhöhe und schnupperte in den Wind, um zu prüfen, ob er ihm die Witterung von Gefahr oder Nahrung zutrug. Der Hunger war ein dumpfer Schmerz tief in seinem massigen Körper. Irgend etwas war verkehrt, verändert. Er knurrte, und es war ein donnergleiches Getöse, das aus den Tiefen seiner riesigen Brust hervordrang. Ein kleiner Schlangenvogel, der unten am Fuße des Hügels saß, blickte scharf nach oben und strich flügelschlagend ab. Wenn ein Katzenwolf knurrt, reißen alle anderen Tiere aus.
Er hat den Kontakt hergestellt! rief eine Stimme irgendwo in Jeffs Gehirn. Doch es war eine merkwürdige, fremdartige Stimme, die von weit her kam. Sie gehörte einer anderen Welt an.
Er erhob sich aus seiner sitzenden Stellung und stand jetzt auf allen sechs Beinen. Seine Klauen gruben sich in den grasbewachsenen Boden. Dort unten in der Ebene erstreckte sich der Wald, und zwischen seinen mächtigen Bäumen war Nahrung zu finden. Der Gipfel des Hügels war ein guter Platz, sein Lieblingsplatz, wo er schlief und seine Beute verzehrte. Kein anderes Tier näherte sich dem Gipfel, wenn er hier oben war. Und wenn er ihn verlassen hatte, wagten sich nur die Aasräuber heran – die Eidechsenfalken mit ihren häßlichen krummen Schnäbeln und die kleinen flinken Biester mit den gelben Augen und dem kräftigen Gebiß, das sogar Knochen zerknacken konnte.
Er trabte behutsam den Hang hinab, ein drei Tonnen schwerer Katzenwolf, mit Schultern so hoch wie ein junger Baum und vor Hunger abgemagert bis auf die Knochen und Muskeln. Er bewegte sich dabei so behende und lautlos wie eine graue Wolke – eine graue Wolke mit gefletschten Zähnen und scharfen Klauen.
Er hat eindeutig den Kontakt hergestellt.
Soll ich jetzt das Steuergerät einschalten?
Warten Sie noch… lassen Sie ihm Zeit… nur nichts übereilen.
Der Wald war in ein dunkleres Grün getaucht als der grasbewachsene Hang. Wolkenfetzen trieben vor dem Wind her und hoben sich dunkel ab von der gleißenden Helligkeit des Himmels. Ihre Schatten sprenkelten den Wald, der stellenweise fast so schwarz war wie die Nacht. Der Wind sang und trug eine Symphonie von
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