Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)
Qualitätskontrolle, deshalb landen die meisten Seelen in der Hölle.
«Was ist hier los?», beginne ich. «Weshalb bin ich nicht in der Hölle?»
«Wenn du da für alle Zeiten schmoren willst, dann steht dir nichts im Weg.» Michael mustert mich abfällig, ehe er hinter seinen Schreibtisch gleitet. «Mag sein, dass ich mich geirrt habe, aber ich dachte, du wärst an den Alternativen interessiert.» Ungehalten winkt er mich fort.
Das läuft nicht gut für mich! «Jetzt warte doch mal.» Kleinlaut lasse ich mich auf dem Sessel vor dem Schreibtisch nieder. «Was für Alternativen?»
Michael lächelt selbstzufrieden. Doch dann wird sein Blick nachgiebig. «Offenbar existiert unter den Sterblichen eine, die dich zurückhaben will. Und das so sehr, dass es fast schon rührend ist. Zufällig ist sie jemand, der ein hohes Maß an Macht besitzt. Selbst Gabriel scheint ihr erlegen zu sein und nicht mehr fähig, ihr Wünsche abzuschlagen.»
Habe ich das richtig verstanden? Ist das überhaupt möglich? Könnte Frannies Macht ausreichen, um mich zurück ins Leben zu holen? Nein, das kann nicht sein. Von so etwas habe ich noch nie gehört. Allerdings habe ich auch noch nie gehört, dass ein Dämon menschlich geworden ist.
Michael lacht auf. «Deinem Gesicht entnehme ich, dass du nichts gegen eine Rückkehr hättest.»
Ich und was dagegen? Überwältigt schaue ich Michael an und spüre die Tränen, die in meinen Augen brennen. «Ist das denn überhaupt möglich?»
«Natürlich, aber es gibt gewisse Bedingungen. Einen Freifahrtschein bekommst du nicht.»
Klar. Hätte ich mir denken können. «Welche?»
«Frannie hat dich bekehrt. Demnach ist ihre Macht außergewöhnlich.» Er muss gar nicht mehr sagen. Den Rest erkenne ich in seinen Augen. Michael hält Frannies Macht für gefährlich. Eine Sterbliche, die andere Sterbliche beeinflussen kann, ist eine Sache. Eine andere ist es, wenn ihre Macht auch Himmel und Hölle einbezieht. Kurz gesagt, Michael fürchtet sich vor Frannie.
Wahrscheinlich hat er meine Gedanken gelesen, denn er sieht mich ärgerlich an. «Mach dir nichts vor, Lucifer», sagt er kalt. «Sie will dich jetzt. Und sie bekommt dich als Sterblichen. Die Frage ist nur, was geschieht, wenn sie dich nicht mehr will. Du weißt ja selbst, wie wankelmütig die Menschen sind.» Zufrieden lehnt er sich zurück und wartet auf meine Gedanken.
Es ist wahr, Frannies Macht – nein, ihre Liebe – hat mich verwandelt. Nicht ein einziges Mal habe ich mir überlegt, was ohne diese Liebe aus mir wird. Würde ich menschlich bleiben, wenn Frannie mich nicht mehr will? Sterben? Wieder zu einem Dämon werden?
«Was wären das für Bedingungen?», seufze ich. Wenigstens muss ich nicht den Starken spielen, Michael liest ja sowieso in mir wie in einem Buch.
«Du musst dafür sorgen, dass sie sich selbst vergibt. Denn dann kann Gabriel sie markieren.»
Das klingt ziemlich einfach. Das hatte ich eh vor. Aber irgendeinen Haken gibt es, das verrät mir Michaels lauernder Blick.
«Und danach? Was habt ihr dann mit ihr vor?»
«Das geht dich nichts an.»
Ich springe auf. «Das geht mich sehr wohl etwas an.» Ich stütze mich auf den Schreibtisch und beuge mich zu ihm vor. «Frannie möchte ihr eigenes Leben führen. Deshalb versprich mir, dass sie niemals König Lucifer in die Hände gerät. Nein, schwör mir, dass Gabriels Markierung sie vor ihm bewahrt.»
«Das kann ich nicht», erwidert Michael schulterzuckend. «So etwas steht mir gar nicht zu.»
«Das glaube ich dir nicht», gebe ich wütend zurück.
Kopfschüttelnd lehnt Michael sich zurück. «Du armer, dummer Junge. Spielst dich auf, als hättest du hier was zu sagen. Du tust, was wir wünschen, so einfach ist das, oder ich zeige dir, wo es zur Hölle geht.»
Noch einmal schaue ich an mir hinab. Alles ist weiß oder so gut wie. Wie es dazu gekommen ist, kann ich zwar nicht sagen, aber Fazit ist: Ich bin rein. Nicht schwarz, ja nicht einmal grau. Selbst die rosafarbenen Streifen sind noch lange kein Rot. «Und mit welcher Begründung willst du mich in die Hölle schicken? Welche Sünde habe ich begangen?»
«Soll das ein Witz sein?» Er lächelt spöttisch.
Michaels Gedanken kann ich nicht lesen, aber ich sehe die Unsicherheit in seinen Augen. Michael blufft. «Armer Michael», sage ich. «Selbst wenn du wolltest, könntest du mich nicht in die Hölle schicken.»
Mit loderndem Blick schlägt er die Faust auf den Tisch. «Nein, das kann ich vielleicht nicht»,
Weitere Kostenlose Bücher